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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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erwähnt?«
    Der Chauffeur antwortete nicht.
    »Warum schweigst du? Hast du vielleicht irgendwas g e hört, das ich erfahren sollte? Gibt es, abgesehen von Don Massimilianos Konkurrenzneid, noch was anderes, vor dem ich mich in Acht nehmen muss? Will er mir Schwierigke i ten machen?«
    »Ich habe schon viel zu viel gesagt«, stieß Uberto unwi l lig hervor. »Tu deine Arbeit, Niklas, so wie ich die meine. Das ist am gesündesten für uns beide.«
    An diesem Morgen brachte Nico nicht mehr viel aus dem Fahrer heraus. Ihn beschlich das Gefühl, sich auf immer dünnerem Eis zu bewegen, und lauter denn je wurde in ihm die ernste Stimme, deren Klang ihn an Meister Johan eri n nerte und die ihn eindringlich zum Rückzug mahnte.
     
    Während der Winter in den Frühling des Jahres 1940 übe r ging und die Deutschen an allen Fronten Erfolge meld e ten, fühlte sich Nico zunehmend wie ein Verlierer. Seit dem Morgen, als er das Auftragsbuch seines Vaters in Manzinis Safe entdeckt hatte, war ihm kein zweiter Blick in den ve r borgenen Stahlschrank geglückt. In Ubertos Gegenwart wagte er ohnehin nicht, im Allerheiligsten des Podestà he r umzuschnüffeln.
    Wenn ihn hingegen Laura ab und an beaufsichtigte, suc h ten seine Augen nach belastenden Dokumenten. Gleichze i tig fühlte er sich wie ein Verräter. Zwei Seelen stritten in seiner Brust. Die eine wollte Laura gewinnen, aber die a n dere versuchte ihm dieses Ansinnen in gehässigem Ton auszureden: Du Narr! Ihr beide lebt in zwei verschiedenen Welten. Vergiss nicht, was Bruno über das Wasser gesagt hat, das nie den Berg hinauffließen wird. Du wirst Laura in tausend Jahren nicht heiraten können …
    Im Laufe des Winters kreuzte der Kämpfer für Gerechti g keit und Freiheit mehrmals bei Nico auf, jedes Mal mitten in der Nacht. Ihre Unterhaltungen dauerten gewöhnlich bis zum Morgengrauen. Bruno prahlte mit den zunehmend dreister werdenden Aktionen, die seine Leute als angeme s senen Protest gegen das totalitäre Regime ansahen – Stin k bomben standen bei den Aufrührern immer noch hoch im Kurs. Natürlich verstrich keine seiner Stippvisiten ohne einen weiteren Anwerbungsversuch, und Nico lehnte mit derselben Beharrlichkeit ab. Dann wieder ließ der junge Rebell seine feinfühlige Seite durchscheinen. Geduldig hö r te er sich Nicos Sorgen an, und nicht selten erkundigte er sich sogar nach Laura. Er war der Einzige in diesen Tagen, dem Nico seine inneren Nöte anvertraute.
    Verbotene Kirschen sind bekanntlich süß. Deswegen brachte Nico es nicht übers Herz, Laura mit der schmerzl i chen Wahrheit zu konfrontieren. Wie konnte er auch? Wenn sie ihn vor dem Palazzo abpasste oder ihn in dem alten Gemäuer in irgendeine dunkle Ecke zog, um ihn für einen unbeobachteten Moment ganz für sich zu haben, dann schwand ihm der Mut, sie zu verletzen. Jede sanfte Berü h rung, wenn sie seine Hand oder die Wange streichelte, jeder noch so leichte Kuss, den sie ihm in Momenten der Freude aufs Gesicht hauchte, machte ihn glücklicher und stürzte ihn zugleich in immer tiefere Verzweiflung. Ein dunkler Abgrund klaffte in seiner Seele.
    Manchmal, wenn er im Arbeitszimmer irgendein Schrif t stück herumliegen sah, wurde jene Hälfte seines Wesens, die seinen Verstand kontrollierte, unerbittlich. Dann suchte er nach Möglichkeiten, Laura abzulenken. Er täuschte brennenden Durst vor oder erfand andere Vorwände, um sie für kurze Zeit aus dem Arbeitszimmer zu schicken. Mitu n ter gelang ihm dies tatsächlich. Aber danach fühlte er sich zum Erbrechen elend, umso mehr, da er noch nie etwas Verwertbares entdeckt hatte. Er sah Sitzungsprotokolle, Programmvorschläge des Pfarrers für das nächste Gemei n defest und eine Statistik über die erfolgreiche Ausmerzung herumstreunender schwarzer Katzen – Sechsundsechzig seien gefangen sowie verbrannt worden, meldete der amtl i che Kammerjäger zum Jahresende und verkündete stolz, die Stadt sei nun »katzenrein«.
    Anfang April 1940 machte in Nettunia die Nachricht von einem mysteriösen Todesfall die Runde. Ein Fischer, dem man nachsagte, er habe mit seinem Boot gelegentlich für den Stadtvorsteher vertrauliche Transporte übernommen, war mit dem Kopf zwischen zwei Schiffe geraten. Wie bei solchen Unglücksfällen üblich, kursierten anschließend Gerüchte über einen möglichen Mord. Ebenfalls gewohnt war man an die ergebnislose Polizeiarbeit. Die Ermittlu n gen wurden schnell eingestellt.
    Für Nico deutete sich zur gleichen Zeit eine leichte En

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