Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Hofmusiker und Sänger bekleidet hatte. Und an dem man einen Eingriff vorgenommen hatte, der seiner Stimme für immer den hohen Ton eines Knaben bewahrt hatte. Felix hatte vor Jahren herausgefunden, was man ihm angetan hatte. Seit man ihn ausgezogen und nackt zur Schau gestellt hatte, hegte er die geheime Furcht, dass seine Entführer eventuell genau das mit ihm vorhatten: Alexander hatte man etwa in seinem Alter die Eier abgeschnitten, er war kein richtiger Mann mehr.
Wie kam sein Onkel hierher?
Felix stürzte auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch, bevor ihn jemand daran hindern konnte. „Wie gut, dass du da bist! Ich war schon ganz verzweifelt“, stieß er hervor. „Wer sind diese Männer? Was wollen sie von mir?“
Hinter Alexander schnaufte ein beleibter alter Mann herein.
Cniva! Der Alte, der Theodos Hof gepachtet hatte und den Felix sehr viel weniger mochte als seinen Onkel. Denn ab und zu sagte Cniva seltsames Zeug, das er lieber nicht hörte, da er ahnte, wie sehr sich sein Vater darüber aufregen würde. Einmal hatte der Alte behauptet, Felix stehe im Rang eigentlich hoch über seinem Vater Wittiges und eines Tages werde sich alles für ihn ändern. War es jetzt so weit? Aber von diesen Männern konnte nichts Gutes kommen, dessen war er sich sicher.
Sanft machte sich Alexander von ihm los. Inzwischen war Cniva zu den Männern getreten und sprach mit ihnen in der fremden Sprache, die Felix nun schon oft gehört hatte. Aber auf einmal wechselte er ins Fränkische. „Ja, das ist er“, versicherte er feierlich. „Das ist der wahre Erbe Burgunds.“
„Nein!“, schrie Felix. „Ich bin nicht Bertho.“ Auf einmal war es ihm gleich, was Königin Brunichild und comes Wandalenus von ihm erwarteten. Er wollte nicht länger den Kopf für jemand anders hinhalten. „Ich bin der Sohn des anstrustios Wittiges.“
„Nein“, entgegnete Alexander ruhig, „er ist nicht dein Vater, und du vergisst ihn am besten.“
Felix begann zu zittern. Also trat nicht einmal Alexander, sein eigener Onkel, für ihn ein. Wenn von ihm keine Hilfe zu erwarten war, dann von niemandem.
„Cniva?“, fragte er dennoch, schon ohne jede Hoffnung. „Warum hast du das über mich gesagt?“
„Weil es die Wahrheit ist“, erklärte der Alte feierlich. Er wandte sich an die Männer. „Ich leiste meinen Eid als General des alten Reichs darauf.“
„Dann haben wir also den richtigen Jungen erwischt“, bemerte einer der Männer. „Wir glauben dir, den Eid brauchen wir nicht.“
Cniva seufzte tief auf. „Dafür habe ich all die Jahre gelebt. Gott, ich danke dir für die Gnade, diesen bedeutenden Moment mitzuerleben. Jetzt kann das alte Burgundia wiederauferstehen. Das ist mein Lohn fürs Ausharren.“ Er breitete weit die Arme aus.
„Glaubst du?“ Einer der Männer trat dicht an ihn heran, gab zwei anderen einen Wink, und Cniva wurde von zwei Seiten gepackt.
Der Mann zog seinen Scramasax, den Langdolch, den jeder Krieger mit sich führte.
Auf Alexanders Miene zeigte sich erst Überraschung, dann Entsetzen. Cnivas Gesicht wurde aschgrau. „Was ...?“
Er brachte seine Frage nicht zu Ende, sondern stieß einen furchtbaren Schrei aus, als ihm der Mann die Waffe in den Bauch rammte und bis zur Brust hochzog. Während Cniva die Beine versagten, schlitzte er ihm den Leib auch noch quer auf und riss ihm das Gewand herunter, sodass alle sehen konnten, wie die Eingeweide blutig und wirr hervorquollen.
Weißer Schaum trat Cniva auf die Lippen, er röchelte, ein Blutschwall floss ihm aus dem Mund. Die beiden, die ihn hielten, ließen ihn los. Er fiel vornüber - und lag still.
„Das“, sagte der Mann ruhig, der die grausige Tat vollbracht hatte, „ist der Lohn für einen elenden Versager.“
8
Mit voller Wucht schlug Chilperich seinem Sohn rechts und links ins Gesicht, sodass der Kopf hin- und herflog, bevor Merowech reagierte. Er wankte zwei Schritte rückwärts, rieb sich mit einer Hand die Wange und legte die andere dorthin, wo eigentlich der Schwertknauf sein müsste. Nur hatte man ihm alle Waffen abgenommen.
Chilperich lächelte dünn. „Sei froh, dass du keine Waffe mehr hast. Denn solltest du das Schwert gegen mich ziehen, deinen Vater und König, müsste ich dich töten lassen.“
Merowech brummte der Schädel. Argwöhnisch trat er noch einen Schritt zurück, um außerhalb der väterlichen Reichweite zu gelangen. Seit dem vorigen Abend war er in seinem Schlafraum eingesperrt gewesen, und nicht einmal der Diener,
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