Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
war, und jetzt wollten die Briten ein deutliches Zeichen setzen .
Daher hatte man der Behörde für innere Sicherheit und Nachrichtendienst die Verantwortung für den Besuch entzogen, den erwähnter Churchill Teheran in ein paar Wochen abstatten wollte. Stattdessen sollten die Amateure von der Leibwache des Schahs die Veranstaltung beaufsichtigen, was ihre Kompetenzen natürlich bei Weitem überstieg. Der Gesichtsverlust des Polizeichefs war bodenlos. Außerdem schuf das eine Distanz zwischen ihm und dem Schah, die ihm gar nicht gefallen wollte.
Um seine düsteren Gedanken zu zerstreuen, ließ der Polizeichef also einen der beiden Staatsfeinde zu sich rufen, die gerade inhaftiert waren. Er hatte ein kurzes Verhör im Sinn, gefolgt von einer diskreten Hinrichtung und traditioneller Kremierung der Leiche. Anschließend Mittagessen, und am Nachmittag würde er den anderen auch noch gleich abhaken.
* * * *
Allan Karlsson hatte sich freiwillig gemeldet. Der Polizeichef begrüßte ihn an der Tür zu seinem Büro, gab ihm die Hand, bat Herrn Karlsson, Platz zu nehmen, und bot ihm eine Tasse Kaffee an. Vielleicht auch eine Zigarette?
Allan hatte zwar noch nie einen Chefmörder getroffen, aber er hatte sich solche Leute wesentlich ungemütlicher vorgestellt als diesen hier. Also nahm er den Kaffee gerne an, während er auf die Zigarette lieber verzichten wollte, wenn der Herr Premierminister gestattete.
Der Polizeichef versuchte seine Verhöre immer möglichst gesittet zu beginnen. Nur weil man jemanden in absehbarer Zeit umbringen wollte, musste man sich nicht wie ein Flegel aufführen. Außerdem amüsierte es den Polizeichef regelmäßig, wenn er einen Hoffnungsschimmer in den Augen seiner Opfer aufglimmen sah. Die Menschen im Allgemeinen waren schrecklich naiv.
Doch dieses Opfer wirkte überhaupt nicht verschreckt. Noch nicht. Und es hatte den Polizeichef genau so angeredet, wie er angeredet werden wollte. Ein interessanter, guter Einstieg.
Auf die Frage, wer er war, gab Allan – in Ermangelung einer durchdachten Überlebensstrategie – ausgewählte Teile seiner Lebensgeschichte zum Besten: Wie er als Sprengstoffexperte von Harry S. Truman mit einem unmöglichen Auftrag nach China entsandt worden war, um die Kommunisten zu bekämpfen, wie er dann den langen Marsch nach Schweden angetreten hatte und auf dem Weg zu seinem Ziel bedauerlicherweise an der iranischen Grenze gelandet war. Er habe sich gezwungen gesehen, ohne das erforderliche Visum ins Land einzureisen, versprach aber, selbiges sofort zu verlassen, wenn der Herr Premierminister ihn nur ließ.
Der Polizeichef stellte ihm noch eine Reihe weiterer Fragen, die sich nicht zuletzt darum drehten, warum er sich bei seiner Verhaftung in Gesellschaft iranischer Kommunisten befunden habe. Allan antwortete ganz aufrichtig, dass er die Kommunisten zufällig getroffen habe und sie sich nur gegenseitig bei der Überquerung des Himalaya geholfen hätten. Er fügte hinzu, wenn der Herr Premierminister ein ähnliches Unterfangen vorhabe, dürfe er mit seinen Reisegenossen nicht allzu wählerisch sein, denn diese Berge könnten grässlich hoch sein, wenn es ihnen gerade einfiel.
Nun hatte der Polizeichef sicher nicht vor, den Himalaya zu Fuß zu überqueren, ebenso wenig, wie er beabsichtigte, diesen Menschen freizulassen. Doch ihm war ein Gedanke gekommen. Vielleicht konnte einem dieser international erfahrene Sprengstoffexperte noch irgendwie von Nutzen sein, bevor man ihn endgültig verschwinden ließ? Mit vielleicht etwas zu eifriger Stimme erkundigte sich der Polizeichef, auf was für Erfahrungen Herr Karlsson denn zurückblicken könne, wenn es darum ging, berühmte, schwer bewachte Leute heimlich umzubringen.
So etwas hatte Allan nun wirklich noch nie gemacht – einfach so einen Menschen aus dem Weg zu räumen, als wäre er eine Brücke. Und er hatte auch sicher nicht den Wunsch, so etwas zu tun. Doch jetzt musste er gut nachdenken. Hatte dieser kettenrauchende Chefmörder irgendetwas Bestimmtes im Sinn?
Allan überlegte noch ein paar Sekunden und durchforstete sein Gedächtnis, doch ihm wollte auf die Schnelle kein anderer Name einfallen als:
»Glenn Miller.«
»Glenn Miller?«, wiederholte der Polizeichef.
Allan konnte sich noch gut erinnern, welch große Bestürzung es einige Jahre zuvor auf der Militärbasis in Los Alamos in New Mexico ausgelöst hatte, als es hieß, dass der Flieger der U. S. Army, in dem Glenn Miller gesessen hatte, vor der
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