Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
schweigend kurz nach Dalarö-Hafen. Vorher hatte der nette Mann sich noch einen Pelzmantel aus dem Kofferraum geschnappt und ihn Allan netterweise um die Schultern gelegt. Dabei entschuldigte er sich, weil sie jetzt leider einen kleinen Spaziergang durch die Winterkälte unternehmen müssten.
Allan gehörte nicht zu den Menschen, die mit zu hohen Erwartungen (oder zu geringen) an die Geschehnisse herangingen. Was passierte, passierte eben, es lohnte sich einfach nicht, sich schon im Voraus den Kopf darüber zu zerbrechen.
Trotzdem war Allan überrascht, als der nette Mann ihn aus der Ortsmitte von Dalarö weg und hinaus aufs Eis führte – in die absolute Dunkelheit des nächtlichen Schärengartens.
Der nette Mann und Allan marschierten dahin, und manchmal machte der nette Mann eine Taschenlampe an, mit der er in die schwarze Winternacht blinkte, um dann in ihrem Schein seinen Kompass zu kontrollieren, damit sie auch in die richtige Richtung liefen. Während des Ausflugs unterhielt er sich nicht mit Allan, sondern zählte mit lauter Stimme die Schritte – in einer Sprache, die Allan noch nie gehört hatte.
Nachdem sie fünfzehn Minuten zügig geradewegs ins Nichts gestiefelt waren, verkündete der nette Mann, sie seien am Ziel. Ringsum war es stockfinster, abgesehen von einem flackernden Licht auf einer entfernten Insel. Der nette Mann erläuterte, dass dieses Licht in südöstlicher Richtung von Kymmendö kam, einem Ort, der seines Wissens von historischer Bedeutung für die schwedische Literatur sei. Davon wusste Allan nichts, und die Sache wurde auch nicht weiter diskutiert, denn im nächsten Moment gab der Boden unter ihren Füßen nach.
Wahrscheinlich hatte sich der nette Mann verzählt. Oder der Kommandeur des U-Boots hatte nicht so akkurat gearbeitet, wie er sollte. Auf jeden Fall brach das siebenundneunzig Meter lange U-Boot viel zu nahe neben ihnen durchs Eis. Die beiden fielen hintenüber und wären um ein Haar ins eiskalte Wasser geplumpst. Doch es ging noch einmal gut, und wenig später half man Allan hinunter in die Wärme.
»Da sieht man mal wieder, wie sinnvoll es ist, morgens nicht lange herumzuraten, wie der Tag wohl enden wird«, kommentierte Allan. »Ich meine – wie lange hätte ich herumraten müssen, bis ich das hier erraten hätte?«
Nun fand der nette Mann, dass er der Heimlichtuerei ein Ende setzen könne. Er erzählte, er heiße Julij Borissowitsch Popow und arbeite für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Er war weder Politiker noch Mitarbeiter des Militärs, sondern Physiker und war nach Stockholm geschickt worden, um Herrn Karlsson zu überreden, mit ihm nach Moskau zu fahren. Julij Borissowitsch war für diesen Auftrag auserwählt worden, weil man damit gerechnet hatte, auf einen gewissen Widerstand von Herrn Karlssons Seite zu stoßen. Man schätzte, dass Julij Borissowitschs Hintergrund als Physiker das Unternehmen begünstigte, weil Herr Karlsson und Julij Borissowitsch sozusagen dieselbe Sprache sprachen.
»Aber ich bin doch gar kein Physiker«, wandte Allan ein.
»Schon möglich, aber mein Auftraggeber sagt, dass Sie etwas können, was ich gerne können würde.«
»Aha. Was um alles in der Welt soll das denn sein?«
» Die Bombe , Herr Karlsson. Die Bombe .«
* * * *
Julij Borissowitsch und Allan Emmanuel waren sich auf Anhieb sympathisch. Dass jemand einfach so mit ihm mitkam, ohne zu wissen, wohin die Reise ging, zu wem und warum – das imponierte Borissowitsch über die Maßen und zeugte von einer Sorglosigkeit, die ihm völlig abging. Allan hingegen wusste es einfach zu schätzen, sich mal mit einem Menschen zu unterhalten, der ihm nicht seine politischen oder religiösen Überzeugungen aufschwatzen wollte.
Außerdem stellte sich schon bald heraus, dass sich sowohl Julij Borissowitsch als auch Allan Emmanuel unsäglich für Schnaps begeistern konnten, auch wenn Ersterer das Getränk »Wodka« nannte. Borissowitsch hatte tags zuvor die schwedische Variante kosten können, während er – um ehrlich zu sein – Allan Emmanuel im Speisesaal des Grand Hôtel im Auge behalten hatte. Erst fand Julij Borissowitsch den Klaren zu herb, da fehlte die russische Süße, aber nach ein paar Gläsern hatte er sich daran gewöhnt. Und noch zwei Gläser später kam ihm ein anerkennendes »Gar nicht so übel!« über die Lippen.
»Aber das hier ist natürlich besser«, meinte Julij Borissowitsch und schwenkte eine Literflasche Stolitschnaja, als sie zu zweit
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