Der Kalte Kuss Des Todes
überhaupt noch in der Lage war, einigermaßen klar zu denken, obwohl ich mich nicht bewegen konnte. »Das Ei befindet sich in einem Banksafe, und in die Bank kann ich leider nicht so einfach reinspazieren, da ich unter Mordverdacht stehe.«
»Ach, ich Dummerchen! Das habe ich ja ganz vergessen« – sie tätschelte meine Wange, und ich biss ergrimmt die Zähne zusammen -, »ich habe bereits einen Anwalt eingeschaltet, der dich morgen, sagen wir um die Mittagszeit, zum Polizeirevier begleiten wird, wo die Anklage fallengelassen wird. Er wird dich um Viertel vor zwölf von deiner Wohnung abholen, in Ordnung?« Sie kicherte. »Nennen wir’s einen zusätzlichen kleinen Gefallen dafür, dass du dich so für meine Ostereierjagd einsetzt.«
Sollte das heißen, sie kannte den wahren Mörder? Oder war es bloß eines ihrer »Arrangements«, das sie mithilfe ihrer dämonischen Kräfte zustande gebracht hatte?
»Und der wirkliche Mörder?«
»Ach, darüber mach dir mal keine Sorgen.«
Sie nestelte jetzt am obersten Knopf meiner Jacke – Maliks Jacke – herum. Gott, wenn sie doch bloß ihre dreckigen Flossen von mir lassen würde! Ich musste einen Schauder unterdrücken.
»Dafür haben wir morgen noch genug Zeit! Im Moment müssen wir uns um andere Dinge kümmern, Dinge, die du als Rosa für Elizabetta erreichen musst. Ihr Wunsch, nicht meiner, du verstehst. Solange du tust, was sie wünscht, sollten dir die süßen kleinen Embryos nicht allzu viele Schmerzen bereiten.«
Sie öffnete den obersten Knopf und grinste aufmunternd,
als ich zusammenzuckte. »Elizabetta möchte, dass du das Kostüm anlegst und Malik tötest, ohne ihm den Treueeid zu leisten – das ist sehr wichtig! -, und dann hinterher ihr deine Treue schwörst. Anschließend wirst du ihr bis zum Morgengrauen zu Diensten sein.«
Sie knöpfte die restlichen Knöpfe auf und schlug das Jackett auseinander. »Siehst du? Es ist ganz einfach. Und da Rosa Maliks große Liebe ist, sollte er dir nicht allzu viele Schwierigkeiten machen. Aber falls doch, nun, ich habe dir noch einen kleinen Gefallen getan, der es dir ziemlich leicht machen dürfte, mit ihm fertig zu werden.«
Ich erstarrte. »Was meinst du damit?«
Sie tippte mit dem Finger an ihre Nase. »Wirst du schon sehen«, sagte sie mit einem verschwörerischen Grinsen. »Und jetzt zieh dich an, Genevieve.«
Sie gab mir einen Schubs, und ich stolperte auf das blaue Sofa zu, auf dem maliziös glitzernd meine goldene Rüstung lag.
»Und dann geh und töte Malik.«
Ich nahm den vergoldeten Halsring in die eine Hand und wickelte mir die dicke Kette um die andere. Wie betäubt starrte ich beides an. Das gäbe eine gute Würgeschlinge , dachte etwas in mir automatisch. Die Kette war lang genug, um sie um Maliks Hals zu schlingen – lang genug für das wabbelige Filmmonster -, und mit genügend Kraft, die ich in meiner Vampirgestalt ja hatte, sollte es mir nicht schwerfallen, ihm den Kopf abzuschneiden.
Aber …
… aber ich wollte Malik nicht töten.
Ich wollte dieses fiese Biest, diese schwarze Magierin, Hannah, töten.
Sobald ich das gedacht hatte, bissen und wühlten sich die Dämonenembryos tiefer in mein Inneres. Die Schmerzen
waren wie ein Buschbrand, als würde ich lebendig auf dem Scheiterhaufen geröstet. Ich schrie auf und klappte zusammen. Blutige Tränen rannen mir übers Gesicht, ohne dass ich es verhindern konnte.
Es dauerte eine Zeit lang, bis ich in der Lage war, den Gedanken zu formulieren, den die Dinger hören wollten.
Schon gut, ich werde ihn töten.
Der Schmerz ließ nach, am Ende blieb nur ein dumpfes Pochen zurück.
So war das also.
Entweder versuchte ich, Malik zu töten, oder die Dämonen würden Rosas Leib verzehren, während ich mich darin aufhielt.
Wie auch immer – Catch 22.
21. K apitel
D as nur schwach beleuchtete Schlafzimmer war größer als das Empfangszimmer. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld: überall Blut, an den Wänden, auf dem Teppich, sogar an der Decke. Auch die Bettlaken waren blutdurchtränkt. Malik und Darius lagen aneinandergeschmiegt auf dem Bett. Ihre nackten Körper waren blutverschmiert.
Ich wusste nicht, was ich denken sollte, war hin- und hergerissen zwischen Durst, Eifersucht, Wut und Abscheu. Meine schlafenden Vampir-Sinne erwachten schlagartig zum Leben; mein Herz begann heftig zu schlagen, das Wasser lief mir im Mund zusammen, und mein Magen knurrte laut und protestierend. Es roch verführerisch nach Kupfer und Lakritz.
Ich lauschte
Weitere Kostenlose Bücher