Der Kardinal im Kreml
Loomis.
»Sonst noch etwas?«
»Sie wollten keine neuen Informationen, sondern nur die Bestätigung alter, die sie schon aus anderen Quellen erhalten haben. Ãbrigens habe ich noch etwas für sie.«
»Und was?«
»Den neuen Luftabwehrreport. Ich verstehe nicht, weshalb sie sich die Mühe machen; zum Monatsende erscheint er nämlich in Aviation Weekely.«
»Spielen Sie mit, Mr. Henderson. Bringen wir jetzt bloà nicht die Routine durcheinander.«
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Als Gerasimow am nächsten Morgen zur Arbeit kam, lag die Nachricht schon bereit. »Ryan«, begann sie, »ist gegenwärtig das Ziel von nicht mit seiner geheimdienstlichen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Ermittlungen. Es besteht allerdings Anlaà zu der Vermutung, daà das Interesse an R. politischer Natur ist und den Versuch progressiver Elemente des Kongresses darstellt, die CIA wegen einer unbekannten fehlgeschlagenen Operation zu schädigen. Aufgrund seiner Position wird sich die Diskreditierung
von R. auch auf andere hohe CIA-Beamte auswirken. Diese Stelle ordnet den vorliegenden Informationen den Zuverlässigkeitsgrad 1 zu. Einzelheiten folgen mit diplomatischer Post. Resident Washington.«
Gerasimow legte den Bericht in seine Schreibtischschublade.
»Nun denn«, murmelte der Vorsitzende und schaute auf die Uhr. In zwei Stunden muÃte er zu der Sitzung des Politbüros, die jeden Donnerstag stattfand. Wie würde sie verlaufen? Eines stand fest: Sie würde interessant werden. Er plante, seinem Spiel um die Macht eine neue Variante hinzuzufügen.
Gerasimow traf zu den Sitzungen nie als erster und auch nie als letzter ein. Diesmal betrat er gleich nach dem Verteidigungsminister den Raum.
»Guten Morgen, Dimitri Timofejewitsch«, sagte der Vorsitzende ohne zu lächeln, aber in herzlichem Ton.
»Ebenfalls, Genosse Vorsitzender«, erwiderte Jasow argwöhnisch. Beide Männer nahmen ihre Plätze ein. Jasow hatte mehr als einen Grund zum Argwohn. Ãber ihm hing nicht nur wie ein Damoklesschwert der Fall Filitow; er war auch noch kein stimmberechtigtes Mitglied des obersten Gremiums der Sowjetunion. Gerasimow aber hatte diesen Status, was gröÃere politische Macht fürs KGB bedeutete. Jasow war Soldat, kein Mann der Partei, und trug die Uniform, anders als sein Vorgänger Ustinow, nicht als Kostüm.
Andrej Iljitsch Narmonow betrat mit energischen Schritten den Raum. Von allen Mitgliedern des Politbüros war nur der KGB-Vorsitzende jünger als er, und Narmonow empfand das Bedürfnis, vor den älteren Männern, die an âºseinemâ¹ Konferenztisch saÃen, geschäftig zu wirken. Man begann ihm die Belastung und den Streà anzumerken: Der schwarze Schopf ergraute, und seine Stirn schien höher zu werden. Er forderte die Anwesenden mit einer Geste auf, Platz zu nehmen.
»Guten Morgen, Genossen«, begann Narmonow in sachlichem Ton. »Wenden wir uns zunächst dem Eintreffen des amerikanischen Verhandlungsteams zu.«
»Ich habe gute Nachrichten«, sagte Gerasimow sofort.
»So?« fragte Alexandrow dazwischen, ehe der Generalsekretär reagieren konnte.
»Uns liegen Informationen vor, denen zufolge die Amerikaner im Prinzip bereit sind, ihr strategisches Verteidigungsprogramm zum Verhandlungsgegenstand zu machen«, meldete der KGB-Vorsitzende. »Uns ist noch unbekannt, welche Konzessionen sie dafür verlangen werden und welche sie zu machen bereit sind, aber fest steht, daà sich die Position der Amerikaner geändert hat.«
»Das kann ich nur schwer glauben«, lieà sich Jasow vernehmen. »Sagten Sie nicht selbst letzte Woche, ihr Programm sei weit fortgeschritten, Nikolaj Borissowitsch?«
»Es gibt innerhalb der amerikanischen Regierung abweichende Meinungen zu diesem Thema. AuÃerdem haben wir gerade erfahren, daà in der CIA ein Machtkampf stattfindet.«
»Das ist allerdings eine Ãberraschung.« Alle wandten sich dem AuÃenminister zu, der skeptisch blickte und fortfuhr: »Bisher waren die Amerikaner in diesem Punkt hart. Wie verläÃlich sind Ihre Informationen?«
»Der Informant ist zwar hoch plaziert, aber die Nachricht konnte bisher noch nicht hinreichend bestätigt werden. Bis zum Wochenende werden wir mehr wissen.«
Rundum wurde genickt. Die US-Delegation sollte am Samstag eintreffen; der Beginn der Verhandlungen war für Montag angesetzt.
»Diese
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