Der Kelim der Prinzessin
Wichtigeres als Euer Rachepissen!« Kitbogha hatte die dröhnenden Lacher auf seiner Seite.
»Was sollte denn Wichtigeres sein?« Sundchak wurde puterrot. »Als diesen feigen Mord, diesen frechen Diebstahl zu strafen?! Etwa die Suche nach Eurem Königlichen Paar?!«
Der alte Kibogha hatte längst beschlossen, sich über Sundchak auf seine alten Tage nicht mehr aufzuregen.
»Unsere Männer werden davon nicht wieder lebendig, das Gold werdet Ihr in Sidon nicht mehr finden«, entgegnete er trocken, »aus Gazah habe ich Nachricht, dass der Gesandte, den unser dortiger General nach Kairo geschickt hat, bisher nicht zurückgekehrt ist - «
Sofort schnappte der Fleischerhund zu. »Es wird höchste Zeit, dass wir uns Respekt verschaffen, anstatt hier untätig in Damaskus zu hocken! Dieses Mameluckenpack tanzt uns - Arm in Arm mit den«, er spuckte vor Verachtung, »ihnen anverlobten Templerhuren auf der Nase herum!«
Kitbogha blieb ruhig. »Solange es nur um Euer so ausgeprägtes Witterungsvermögen geht, und nicht an unsere Eier«, heimste er einen weiteren Lacher ein, »werde ich mich an die Vorgabe des II-Khan halten, und die hieß: Damaskus!« Er besann sich verärgert. »Es reut mich längst, dass ich Eurem Drängen nachgegeben und Truppen an die Grenze zu Ägypten habe vorrücken lassen!«
»Wie wolltet Ihr sonst Syrien schützen?!« Sundchak zeigte jetzt Milde mit seinem Vorgesetzten, zumal ihm Kitbogha in letzter Zeit schlagartig sehr gealtert erschien.
Der Alte nahm dies als Treuebeweis. »Es kann zurzeit nicht in unserem Interesse liegen, die Mamelucken zu reizen«, erklärte er seinen Generälen. »Ich habe deshalb eine neutrale Persönlichkeit beauftragt, beim Sultan von Kairo vorzusprechen und ihm zu versichern, dass wir nicht vorhaben, die Grenze seines Reiches zu verletzen.«
Die Unruhe, die im Raum entstand, konnte auch als Murren gewertet werden. »Ich bin sogar bereit, einen Nichtangriffspakt abzuschließen, wenn das gewünscht wird.« Sundchak warf sich zum Sprecher der
Unzufriedenen auf. »Ihr habt dafür den so genannten Prinzen Konstanz von Selinunt ausgewählt«, spottete er,
»der hier in Damaskus unter dem Namen >Der Rote Falke<
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bekannt ist, von dem niemand weiß, für wen er spioniert - und der nur von Glück reden kann, dass ihn noch keiner um seinen verräterischen Kopf kürzer gemacht hat!«
Kitbogha musste seinen aufsteigenden Ärger herunterschlucken. »Fassr ed-Din ist der Sohn des letzten ägyptischen Großwesirs und gilt als exzellenter Mittler zwischen Orient und Okzident!«
»Hier handelt es sich aber um einen Konflikt - nicht zwischen Christentum und Islam, sondern um unseren mongolischen Machtanspruch auf den >Rest der Welt<, die Einführung unserer pax Mongolica - und die Aufsässigkeit dieser Mamelucken!«
»Eure klare Sicht der Dinge, Sundchak, setzt mich in Erstaunen«, lobte Kitbogha seinen Fleischerhund. »Warum handelt Ihr so selten danach?« Der General bekam den Knochen des Lobes quer ins Maul. »Deswegen habe ich dem Emir auch eine mongolische Eskorte beigegeben, damit seine Position klar ist - er wollte eine solche Begleitung übrigens nicht, ich habe sie ihm aufgezwungen!«
»Der Kerl schämt sich wohl, im Namen von uns Mongolen aufzutreten!«, stichelte Sundchak, doch Kitbogha ging darüber hinweg.
»Das muss er mit sich selber ausmachen!«, beschied er den Renitenten. »Ihm geht es um Aussöhnung mit den Muslimen - und um das Glück der zukünftigen Könige des Friedens!«
»Dachte ich mir 's doch!« Der General erhob seinen massigen Körper. »Ich sehe meine Aufgabe in dieser Welt, uns Mongolen den geschuldeten Respekt zu verschaffen!« Damit stampfte er aus dem Saal.
Aus der Chronik des William von Koebr uk
Um mich kümmerte sich eigentlich niemand in Sidon, so konnte ich mich frei bewegen zwischen der enormen Zitadelle, einem Felskegel, wuchtig einbezogen in die landseitigen Mauern der Stadt, und ihrem durch natürliche Felsbarrieren geschützten Hafen. Zu-405
sätzlich bewacht wurde dies Becken von der Qal'at al-bahr, einer genial befestigten Insel, die als uneinnehmbar galt. Yeza hingegen blieb solch ungehinderter Ausgang versagt, und wahrscheinlich war das auch im Sinne des Bretonen, dass die Templer den Schutz der Prinzessin vorschoben. Sicher wünschten beide Seiten nicht, dass Yezas Anwesenheit in Sidon bekannt würde oder sie sogar mit ihrer Erscheinung für das übliche Aufsehen sorgte. Sie selbst schien sich vorläufig mit ihrer Lage
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