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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sich?«, fragte Dane.
    »Das versuche ich dir die ganze Zeit zu erklären«, entgegnete Wati. Er sprach in kleinen Schwallen aus all diesen Figuren. »Simon war völlig verrückt nach dieser blöden Serie. Er ist zu Conventions gefahren und sammelte, was er davon kriegen konnte. Figuren. All so was. Die Hälfte der Zeit hat er diese alberne Uniform getragen.«
    »Und?«, fragte Dane. »Er hat also ein Talent, hat Geld damit verdient und es für Ramsch zum Fenster rausgeschmissen. Er ist ein Beamer, der sich selbst zu Mr. Spock gemacht hat.«
    »Scotty«, sagte Billy und schaute Dane oberlehrerhaft über den Rand seiner Brille hinweg an. »Spock hat nichts gebeamt.«
    »Was? Was? Was immer. Hören Sie, es gibt verschiedene Möglichkeiten der Portierung, Billy. Beispielsweise kann man den Raum falten.« Dane knetete seine Hände. »Auf eine Weise, dass weit auseinanderliegende Orte sich für einen Moment berühren. Aber das ist nicht Simons Methode. Simon ist ein Beamer. Was immer Sie transportieren wollen, er löst es auf, schickt die Einzelteile an ihren Bestimmungsort und setzt sie wieder zusammen.«
    »Gab es da nicht eine Versteigerung mit Star-Trek-Requisiten?«, fragte Billy. »Vor ein paar Monaten? Bei Christies oder so? Ich glaube, da war was ... All die Auktionatoren haben Uniformen getragen. Ein Modell des Raumschiffs haben sie für, ich weiß nicht, eine Million Pfund oder so verscherbelt.«
    Dane senkte die Lider. »Da klingelt was.«
    »Es wird inzwischen ziemlich unruhig«, sagte Wati aus einem abgewetzten Steinhund. »Ich glaube, es will, dass wir links abbiegen.«
    »Wir laufen im Kreis«, stellte Billy fest.
    Sie wurden langsamer. Dreimal waren sie bereits um ein großes Wohngebäude herum abgebogen. Sie umkreisten den ungepflegten Betonturm, als wäre er die Sonne. Sie waren nicht allein auf der Straße, aber keiner der Passanten schenkte ihnen besondere Beachtung. »Es will uns dorthinein bringen«, sagte Billy, »aber es hat Angst.«
    »Na schön, wartet hier.« Wati meldete sich aus einer Plastikeule auf dem Dach einer Apotheke, die dazu gedacht war, Vögel abzuschrecken. »Ich schaue mir das mal an.«
    Er zog weiter zu einer kleinen, lieblichen Armaturenbrett-Jungfrau; dann zu einem Grabmalengel auf einem Friedhof, um durch dessen mit Vogelkot verklebte Augen zu schauen. Stakkatoartig ging es näher heran an den Turm, er sah ihn durch die Augen eines hüpfenden Pferdchens auf einem Kinderspielplatz.
    Wati erspürte Vertraute in einigen der Wohnungen. Alles Gewerkschaftsmitglieder. Zwei waren im Streik; der andere, ein - was war das? - ein Papagei, arbeitete, aber er hatte aus irgendeinem Grund eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Die drei Gewerkschafter fühlten die Gegenwart ihres Organisators mit einiger Überraschung. Er streckte sich und fand eine Spielzeugpuppe im Erdgeschoss. Er brauchte nur einen Moment, um durch die Augen der Barbie zu schauen und eine Terrakottadame in der Nebenwohnung zu finden, durch deren Augen zu blicken, nichts Interessantes vorzufinden und weiterzuziehen zu einer Porzellanschäferin auf dem Kaminsims der Nachbarwohnung.
    Er glitt durch die Figuren, und die Augenblicke statuettierter Wahrnehmung wurden immer zahlreicher und ballten sich zu einem Gewölk zusammen. Er flackerte durch die Etagen in Puppen, Seifenschalenfiguren, Rabbitsexspielzeug, Antiquitäten, Reliquien, sehend, fickend, essend, lesend, schlafend, lachend, kämpfend, vorbei an Details des menschlichen Daseins, die ihn nicht interessierten.
    Drei Stockwerke unter dem Dach öffnete er sein Bewusstsein in einer Plastikfigur von Captain Kirk. Er fühlte die Naht der Gussform, die Scharniere an seinen winzigen Armen und Beinen, die plumpe Sternenflottenuniform, die ihm auf den Leib gemalt war, und blickte hinaus in eine verfallene Wohnung.
    Keine Minute später war er schon wieder in einem albernen Wecker von der Form eines Kaminfegers, der im Fenster des Ladens stand, vor dem Billy und Dane herumlungerten.
    »Hey«, sagte er.
    Eine Uhr brüllt mich an, dachte Billy so laut, dass jeder mit ein bisschen Grips es verstehen musste. Er starrte Wati an. Es ist noch nicht lange her, da war ich nur ein Typ, der im Museum arbeitet.
    »Drei Stockwerke unter dem Dach. Los.«
    »Moment«, sagte Dane. »Ist er da? Geht es ihm gut?«
    »Seht es euch besser selbst an.«
    »Jesus«, flüsterte Billy. »Es stinkt.«
    »Ich habe euch gewarnt«, sagte Wati. Dane hielt ihn vor sich wie eine Waffe. Wati selbst steckte in einem

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