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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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war dies eine Religion im Niedergang?
    »Reiche hinaus, um uns zu umhüllen«, deklamierte Moore, und die Gemeinde sagte »Umhüllen« und gestikulierte mit den Fingern.
    »Wir wissen«, sagte der Teuthex. Eine Predigt. »Wir wissen, dies ist eine sonderbare Zeit. Da sind die, die glauben, dies sei das Ende.« Wieder machte er eine vage ablehnende Bewegung. »Ich aber bitte euch alle, habt Vertrauen. Habt keine Furcht. ›Wie kann er verschwunden sein?‹, haben die Leute mich gefragt. ›Warum tun die Götter nichts?‹ Zweierlei vergesst nie. Die Götter schulden uns nichts. Das ist nicht der Grund, warum wir sie anbeten. Wir beten sie an, weil sie Götter sind. Es ist ihr Universum, nicht unseres. Was sie entscheiden, das entscheiden sie, und wir haben kein Recht zu erfahren, warum.«
    Jesus, dachte Billy, was für eine düstere Lehre. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt jemanden dazu bringen konnten, im Raum zu bleiben, ohne den Gläubigen das emotionelle quid pro quo der Hoffnung zu liefern. Das dachte Billy, aber er sah, dass in diesem Raum nicht der Nihilismus herrschte. Die Gemeinde war voller Hoffnung, ungeachtet der Worte des Teuthex; und der Teuthex, so dachte Billy, war im Stillen selbst hoffnungsvoll. Die Doktrin war mehr Leitlinie als Dogma.
    »Und zweitens«, sagte Moore. »Denkt an die Bewegung, die aussieht wie keine Bewegung.« Kurzer Schauder.
    Es gab keine Kommunion, keine Verteilung von, was, heiligen Calamari? Nur noch eine misstönende und hölzerne wortlose Hymne, und die Gläubigen verließen den Raum. Jeder von ihnen bedachte Billy beim Hinausgehen mit einem absonderlichen, sehnsuchtsvollen Blick. Die jungen Männer sahen unverkennbar hungrig aus, und sie schienen sich davor zu fürchten, seinem Blick zu begegnen.
    Dane und Moore kamen zu ihm. »So«, sagte der Teuthex. »Das war Ihr erster Gottesdienst.«
    »Was hatte es mit diesem Eichhörnchen auf sich?«, fragte Billy.
    »Freier Mitarbeiter«, sagte Dane.
    »Was? Inwiefern?«
    »Vertrauter.« Vertrauter. »Gucken Sie nicht so. Es ist ein Vertrauter. Tun Sie nicht, als hätten Sie noch nie von so etwas gehört.«
    Billy dachte an schwarze Katzen. »Wo ist es jetzt?«
    »Ich weiß es nicht, ich will es nicht wissen. Es hat getan, wofür es bezahlt wurde.« Dane sah ihn nicht an. »Job erledigt. Also ist es weitergezogen.«
    »Womit haben Sie es bezahlt.«
    »Mit Nüssen, Billy. Was denken Sie denn, wie ich ein Eichhörnchen bezahlen könnte?« Danes Gesicht war so ausdruckslos, dass Billy keine Ahnung hatte, ob das, womit er es zu tun hatte, Aufrichtigkeit war oder Verachtung. Willkommen in dieser Arbeitswelt. Magische Tiere werden mit irgendwas entlohnt, Nüsse oder irgendwas. Billy musterte die Bilder und Bücher in Moores eigenen, dunkelgrauen Räumen.
    »Baron ...«, sagte Billy.
    »Oh, wir kennen Baron«, erwiderte Dane. »Und seine kleinen Freunde.«
    »Er hat mir erzählt, es seien Bücher gestohlen worden.«
    »Die sind in der Bibliothek«, sagte der Teuthex und schenkte Tee ein. »Mit einer Kopie können wir die Welt nicht überzeugen.«
    Billy nickte, als würden seine Worte Sinn ergeben, und beäugte Moore. »Was passiert?«, fragte er. »Was hat dieser ... Mann ... gewollt? Und warum halten Sie mich gefangen?«
    Moore musterte ihn mit wissender Miene. »Gefangen? Wo wollen Sie denn hin?«
    Stille.
    »Ich verschwinde von hier«, sagte Billy, und dann, ganz schnell, setzte er hinzu: »Was hat ... Goss ... Leon angetan?«
    »Wären Sie gekränkt, wenn ich Ihnen sage, dass ich Ihnen nicht glaube?«, fragte Moore. »Dass Sie raus wollen? Ich bin davon nicht überzeugt.« Er begegnete Billys starrem Blick. »Was haben Sie gesehen?« Billy zuckte beinahe zurück vor dem Feuereifer in Moores Stimme. »Letzte Nacht. Was haben Sie geträumt? Sie wissen nicht einmal, warum Sie nicht sicher sind, Billy. Und wenn Sie zu Baron und Vardy gehen, werden Sie es noch bedeutend weniger sein.
    Ich weiß, was sie über uns erzählen.« Er zwinkerte beinahe, ein Vikar, der kein Spielverderber sein wollte. »Aber diese kleine Glaubenstruppe, die sich ›Polizei‹ nennt, kann Ihnen nicht helfen, verstehen Sie? Das Tattoo hat sie jetzt im Visier.«
    »Erinnern Sie sich an das Tattoo?«, fragte Dane. »An das Gesicht. Das Gesicht auf dem Rücken des anderen Mannes. Wie wollen Sie damit umgehen, Billy?« Nach kurzem Schweigen fügte Dane hinzu: »Wie wollen Sie die Polizei dazu bringen, damit umzugehen?«
    »Und das ist nicht einmal alles«, sagte

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