Der Krater
Lager beobachteten, taumelte einer der mit Erz beladenen Arbeiter und fiel, und der Inhalt seines Korbs kullerte über den Boden. Er war klein und dünn, und Ford schätzte, dass er noch ein Teenager sein musste. Ein Soldat schleifte den Jungen aus der Schlange und trat ihn, um ihn auf die Füße zu bringen. Der Junge versuchte es, war aber zu schwach. Schließlich hielt der Soldat dem Jungen eine Pistole an den Kopf und drückte ab. Niemand wandte auch nur den Kopf. Der Soldat winkte einen Eselskarren herbei, der Leichnam wurde daraufgeworfen, und Ford beobachtete, wie der Esel zum Rand des Tals getrieben wurde. Dort verschwand der Leichnam in einem Graben, der sich wie eine offene Wunde in der roten Erde des Regenwalds auftat – ein Massengrab.
»Hast du das gesehen?«, fragte Khon leise.
»Ja.«
Ford fokussierte auf die patrouillierenden Soldaten und stellte entsetzt fest, dass die meisten von ihnen offenbar ebenfalls Teenager waren, ein paar sogar eindeutig Kinder.
»Schau mal in die Richtung«, raunte Khon, »wo noch die hohen Bäume stehen.«
Ford schwenkte das Fernglas das Tal hinauf und entdeckte ein Holzhaus zwischen den Bäumen am Ende des Tals. Es war im klassischen französischen Kolonialstil erbaut, mit blechernem Giebeldach, Mansardenfenstern und Wänden aus weißgetünchtem Holz in Deckelschalung. Das Dach fiel zu einer breiten Veranda ab, die von hohen, blühenden Hummerscheren in leuchtendem Orange und Rot beschattet wurde. Dort bewegte sich ein alter, vogelartig zierlicher Mann auf der Veranda, er ging mit einem Drink in der Hand auf und ab. Sein Haar war schneeweiß, sein Rücken so krumm, dass er beinahe buckelig erschien, doch sein Gesicht wirkte jung und wach. Während der Mann hin und her lief, sprach er mit zwei anderen Männern und machte mit der freien Hand abgehackte Gesten. Teenager-Soldaten mit Kalaschnikows bewachten beide Seiten des Hauses.
»Siehst du ihn?«
Ford nickte.
»Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Mann Bruder Nummer Sechs ist.«
»Bruder Nummer Sechs?«
»Pol Pots rechte Hand. Es gab Gerüchte, der Dreckskerl kontrolliere ein Gebiet irgendwo an der Grenze zu Thailand. Sieht so aus, als hätten wir sein kleines Lehnsgut gefunden.« Khon schob das Fernglas wieder in seinen Rucksack. »Tja, dann sind wir wohl so weit.«
Ford sagte nichts. Er spürte Khons Blick.
»Machen wir ein paar Fotos und Videoaufnahmen, bestimmen die GPS -Position und sehen zu, dass wir hier wegkommen.«
Ford ließ das Fernglas sinken und antwortete immer noch nicht.
Plötzlich runzelte Khon die Stirn. Er hatte zwischen dem wuchernden Unkraut neben sich etwas entdeckt; er streckte sich danach, hob es auf und zeigte es Ford. Es war die Kippe einer selbstgedrehten Zigarette, frisch und trocken.
»O-oh«, sagte Ford.
»Wir müssen von diesem Hügel runter.«
Sie schoben sich vom Rand zurück und huschten geduckt an den Geschützstellungen vorbei. Ford bemerkte eine Bewegung im Wald unter ihnen und warf sich zu Boden, was Khon ihm sofort gleichtat.
Er deutete in die Richtung. »Patrouille.«
»Dann steigen wir auf der anderen Seite runter«, flüsterte Khon.
Ford robbte auf dem Bauch zu der Mauer und duckte sich dahinter, und Khon kam ihm nach.
»Hier können wir nicht bleiben. Wir müssen über die Mauer.«
Khon nickte.
Ford suchte sich einen festen Halt, zog sich bis kurz unter die Mauerkrone hoch und warf sich dann blitzschnell darüber. Er fiel und blieb keuchend liegen. Niemand hatte ihn gesehen. Gleich darauf erschien Khon auf der Mauer. Ein ohrenbetäubendes Krachen automatischer Waffen kam aus dem Dschungel links von ihnen, Geschosse hagelten an die Wand und ließen Steinbröckchen wie Granatsplitter umherfliegen.
»Hon chun gnay!«
, schrie Khon, ließ sich von der Mauer fallen, landete schwer neben Ford und rollte ein Stück weiter. Das Gewehrfeuer schwenkte ein Stück und zerfetzte nun die Vegetation über ihren Köpfen, so dass kleingehäckselte Blätter und Zweige auf sie herabfielen.
Das Feuer brach so abrupt ab, wie es begonnen hatte, und Ford hörte laute Rufe, als Soldaten unsichtbar zwischen den Bäumen unter ihnen herumrannten. Er versuchte, sich so dicht wie möglich am Boden zu halten, zielte mit seiner Walther in die Richtung, aus der die Stimmen kamen, und gab einen einzelnen Schuss ab. Die Antwort bestand aus einer weiteren Salve von Schüssen, die ebenfalls zu hoch gingen. Der nächste Feuerstoß ließ Splitter von den oberen Steinen der Mauer
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