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Der letzte Engel (German Edition)

Der letzte Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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umguckt, könnt ihr sie nicht übersehen.«
    Der Zar schrieb die Koordinaten auf und klappte das Notebook zu, ohne sich von Alexei zu verabschieden. Fünf Minuten später saßen sie alle im Auto. Kolja fuhr, die Damen teilten sich mit Erik die Rückbank, der Zar saß auf dem Beifahrersitz und hielt das Navigationssystem in beiden Händen wie ein Gebetbuch. Kaum waren sie zwei Minuten auf der Straße, ging der Streit schon los. Kolja konnte es nicht lassen, einen Blick auf das Display zu werfen.
    »Da ist doch niemals jemand«, sagte er.
    »Halt die Klappe«, erwiderte der Zar.
    »Wieso sollten sie auf einer Landzunge sein, auf der es nur eine Kleingartenkolonie gibt? Sie sind bestimmt da drüben am Strand.«
    Er tippte mit dem Finger auf das gegenüberliegende Ufer des Wannsees. Der Strand war zweihundert Meter von den Koordinaten entfernt, die Alexei durchgegeben hatte. Der Zar wischte Koljas Hand weg.
    »Du beschissener Besserwisser, fahr oder ich verspreche dir, ich schmeiß dich aus dem Wagen und fahre selbst!«
    Gräfin Pia griff nach vorne und tätschelte die Schulter des Zaren.
    »Mein Lieber, du hast keinen Führerschein.«
    »Ich fahre, wenn ich fahren will!«
    Achtundzwanzig Minuten später bogen sie von der Krampnitzer in die Fährstraße, und von der Fährstraße kamen sie am Meedhorn in eine Sackgasse, die am Wannsee endete. Sie stiegen aus, sie sahen alle mal auf den Navigator – die Koordinaten stimmten, sie waren am Ziel.
    »Ich sehe kein Mädchen«, sagte Pia.
    »Und ganz besonders keinen Engel«, sagte Natascha.
    Der Zar klingelte bei Alexei durch und ließ den Standort noch einmal prüfen.
    »Sie haben sich nicht weggerührt«, sagte Alexei. »Ich habe es direkt vor der Nase. Sie sind noch immer an Ort und Stelle.«
    »Kannst du mir verraten, wo sie dann sein sollen, denn wir …«
    Der Zar verstummte, Pia hatte ihn am Arm gezogen. Sie trug ihre überdimensionale Brille und zeigte übers Wasser.
    »Da, da drüben brennt ein Feuer«, sagte sie.
    »Da sitzen Leute«, sagte Natascha.
    »Ich habe es doch gesagt«, murmelte Kolja.
    Jetzt sah es der Zar auch. Drei Leute saßen am Ufer. Zweihundert Meter Wasserlinie trennten sie von der Familie. Der Zar tippte auf dem Navigator herum, suchte die kürzeste Route und fluchte. Es würde eine halbe Stunde dauern, um mit dem Wagen das andere Ufer zu erreichen.
    »Und jetzt?«, fragte Pia.
    Der Zar wandte sich an den Diener.
    »Steh nicht rum, mach dich nützlich und besorg uns ein Boot.«
    Kolja verschwand in den Büschen und suchte ein Boot. Der Zar starrte auf das gegenüberliegende Ufer und knirschte mit den Zähnen. Erik stellte fest, dass das ganz schön schiefgelaufen sei. Nach fünf Minuten kehrte Kolja mit einem schlichten Ruderboot zurück. Er trug es auf dem Kopf, und der Zar konnte sehen, wie schwer der Diener atmete. Er ist auch nicht mehr der Jüngste, dachte er und half Kolja, das Boot ins Wasser zu setzen. Dann reichte er Erik den Navigator.
    »Nimm den Wagen und hol uns auf der anderen Seite wieder ab.«
    Erik steckte den Navigator ein und stieß das Boot vom Ufer ab. Kolja und der Zar begannen zu rudern, die Gräfinnen wollten den Kurs angeben.
    »Was für einen Kurs?«, zischte sie der Zar an. »Wir rudern rüber, einen anderen Kurs gibt es nicht.«
    Als sie zwanzig Meter hinter sich gebracht hatten, bemerkte Pia:
    »Ich glaube, sie gehen.«
    »Sie tun was?!«
    Der Zar stand erschrocken auf und brachte das Boot dabei beinahe zum Kentern. Natascha zog ihn wieder runter. Wasser schwappte herein, ein Ruder rutschte aus der Halterung und trieb gemächlich davon.
    »Ach, Scheiße«, sagte der Zar.
    »Gib mir dein Handy«, sagte Pia. »Nun mach schon, schnell.«
    Der Zar reichte es ihr und erinnerte sie daran, dass Alexei gesagt hatte, Jean-Lucs Handy wäre ausgestellt.
    »Es ist den Versuch zumindest wert«, sagte Pia und wählte.
    Ein entferntes Klingelzeichen war vom anderen Ufer zu hören, nach dem dritten Klingeln wurde abgehoben.
    »Hallo?«, sagte eine Mädchenstimme.
    »Mona?«, sagte Pia.
    »Ja?«
    »Endlich, Kleines. Wir dachten schon, du gehst gar nicht mehr ran. Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Findest du nicht, dass es an der Zeit ist, dass du uns kennenlernst?«
    Und dann hat die Gräfin sie angekündigt.
    Und dann hat sie zum Abschied gesagt:
    »Wir sind gleich bei euch. Falls dieser Idiot uns nicht vorher umbringt.«

LAZAR
    S tell dir vor, du erwachst und um dein Bett herum stehen sieben tote Mädchen und lächeln dich an.
    Du

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