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Der letzte Engel (German Edition)

Der letzte Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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zwinkern zu sehen. Die Männer verschwinden. Die Ampel ist noch immer rot.
    Genug ist genug.
    Erik legt den Gang ein und will losfahren, sein Fuß bleibt auf der Kupplung, ein Gedanke bremst ihn.
    Wo steckt Lazar?
    Der Zar hat gesagt, der Sicherheitsdienst hätte das Haus die ganze Nacht bewacht. Wenn Lazar wusste, wo Motte zu finden war, passte es nicht, dass er das Haus nicht gestürmt hat. Jemand wie Lazar bringt seine Aufträge zu einem Ende.
    Erik spürt, wie seine Hände klamm werden. Er ist einer der wenigen, die wissen, wie Lazar aussieht. Für Sekunden war er mit dem Mörder der Familie Auge in Auge gewesen, auch wenn das vierzehn Jahre her ist, wird Erik dieses Gesicht nie vergessen. Er erinnert sich, dass der Sicherheitsdienst jede Überwachung dokumentiert. Das heißt, wenn Lazar in der Nähe des Hauses war, dann haben sie ihn gefilmt.
    Ihn und seinen Wagen , denkt Erik, Und vielleicht kann man Lazar über den Wagen zurückverfolgen? Ja, vielleicht ist es an der Zeit, Lazar bezahlen zu lassen .
    Erik klappt sein Handy auf.
    Die Ampel schaltet auf Grün. Erik lacht und wählt Philipp Draegers Nummer. Bevor das erste Klingelzeichen ertönt, schaltet die Ampel wieder auf Rot. Es knackt in der Leitung, der Chef des Sicherheitsdienstes sagt:
    »Draeger.«
    »Philipp, ich bin es, Erik. Ich wollte fragen, ob euch bei der Beobachtung ein alter Mann aufgefallen ist?«
    »Wovon redest du?«
    »Rufe ich unpassend an?«
    »Ich liege im Bett. Ich habe mir eine verfluchte Sommergrippe eingefangen.«
    »Das tut mir leid.«
    »Wie spät ist es?«
    »Kurz vor Mitternacht.«
    »Mann, es fühlt sich an wie sechs Uhr morgens.«
    Erik hört ihn gähnen und fragt, seit wann Philipp krank sei.
    »Drei, vier Tage. Du müsstest mich mal sehen. Dagegen ist der Elefantenmensch sexy.«
    Philipp lacht. Erik starrt auf die Ampel.
    »Erik? Bist du noch dran?«
    »Hat dich die Familie kontaktiert?«
    »Nicht mich, aber vielleicht die Firma. Soll ich mal nachfragen?«
    »Bitte.«
    »Gib mir eine Minute, ich rufe dich gleich zurück.«
    Erik unterbricht die Verbindung und starrt weiter auf die Ampel. Nichts passiert in seinem Kopf. Es ist ein emotionales Vakuum. Die Gedanken sind eingefroren. Erik legt den Gang ein und fährt langsam über Rot. Hundert Meter entfernt parkt er an einer Bushaltestelle und wartet. Er weiß nicht, was er denken soll; und wenn er ehrlich ist, will er auch nichts denken. Sein Handy klingelt zwei Minuten später.
    »Kein Anruf«, sagt Philipp.
    »Ihr habt nicht auf mein Haus aufgepasst?«
    »Negativ.«
    »Danke.«
    »Nichts zu danken, Erik, jederzeit.«
    Informationen sind so eine Sache. Entweder man lässt sich auf sie ein oder man tut es nicht. Erik weiß, es wäre besser, sich nicht auf sie einzulassen. Er fürchtet die Folgen. Gleichzeitig begreift er, dass es keinen Trick der Welt gibt, über die Fakten hinwegzugehen: Der Zar hat ihn angelogen. Der Sicherheitsdienst war nicht zur Stelle. Das Haus war unbewacht.
    Wieso?
    Wie aus weiter Ferne glaubt er die Stimme des Zaren zu hören. Es war während einer Audienz vor drei Jahren gewesen. Sie hatten am Kamin gestanden, und der Zar hatte wie nebenbei bemerkt, dass er sich auf seine Heimat freue. »Nur noch sechs Jahre, dann geht es wieder zurück.« Damals verstand Erik nicht, was er damit meinte, jetzt macht es Sinn. Der Zar hat auf Mottes Tod gewartet. Die Familie war nur wegen dem Jungen nach Berlin gezogen, denn Motte war nicht nur der letzte Überlebende von Generationen von Fehlversuchen, er war auch ihre letzte Hoffnung. Sobald der Junge nicht mehr lebte, gab es für die Familie keinen Grund, in Deutschland zu bleiben. Das wusste der Zar. Er war auch der Einzige gewesen, der sich nicht schockiert zeigte, als Motte und Lars letztes Jahr im Park von einem Irren mit einem Tomahawk angegriffen wurden. Der Kommentar des Zaren war gewesen: »Berlin ist auch nicht mehr das, was es mal war.«
    Erik kann es nicht glauben, so blind gewesen zu sein. Immer wieder hat der Zar vorgeschlagen, dass sie doch auswandern sollten. Erik hatte es albern gefunden. In Berlin waren Mottes Freunde und seine Schule. Erik hatte seine Professur an der Uni. Sie zogen den Gedanken nicht einmal in Erwägung.
    Vielleicht ist das die Rechnung für meine Sorglosigkeit, denkt Erik und drückt sich das Handy wieder ans Ohr. Es wird nach dem ersten Klingelton abgehoben.
    »Was denn jetzt?!«, kommt es bellend vom anderen Ende.
    »Du hast den Sicherheitsdienst nie angerufen«, sagt

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