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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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aus. Weiter hinten erhoben sich Bäume. Keine große Überraschung. In Pennsylvania gab es überall Bäume. Möglicherweise konnten sie ihr Deckung geben. Sie vor den Augen der Halbtoten verstecken. Aber sie erkannte sofort ihren Fehler, als sie dazwischen untertauchte. Nachts konnte man in einem Wald nicht rennen – oder zumindest nicht sehr weit. Ganz egal, wie dunkel die Nacht auch erschien, im Unterholz war es zehnmal dunkler. Sie konnte nichts sehen und frontal gegen einen Stamm laufen oder über Wurzeln stolpern. Die Taschenlampe steckte noch in ihrer Jacke, aber sie einzuschalten würde sofort ihre Position verraten.
    Ohne Licht konnte sie sich den Hals brechen oder, noch schlimmer, ein Bein. Sie konnte bewegungsunfähig, aber noch immer bei Bewusstsein sein, gezwungen, darauf zu warten, dass die Halbtoten sie fanden. Sie musste wieder aus dem Wald heraus – aber ein Rückzug kam nicht in Frage.
    In der Ferne schimmerte es hell, und sie hielt mit ausgestreckten Händen darauf zu, sich den Weg ertastend. Ihre Stiefel zuckten über den Untergrund, und sie rechnete jeden Moment damit, sich im Unterholz zu verheddern oder in einem Schlammloch zu versinken.
    Das Licht entpuppte sich als ungefähr fünfzig Meter breite Lichtung, deren Form seltsam rechteckig wirkte. Dort wuchsen ein paar schmale Schösslinge, aber hauptsächlich wucherte dort Gras, das zu dieser Jahreszeit gelb und dünn war. Caxton trat aus dem Wald auf den relativ hellen Platz. Erleichterung durchflutete ihren Körper, und dann stolperte sie über einen Stein. Sie prallte mit dem Kinn auf den harten, halb gefrorenen Untergrund, und ihre Zähne schlugen mit einem schrecklichen Laut aufeinander.
    Sie wälzte sich mühsam herum, dann setzte sie sich auf und schaute hinter sich. Der Stein, über den sie gestolpert war, schimmerte im Mondlicht beinahe gespenstisch weiß. Die Oberkante war zerklüftet, die Seiten hingegen verhältnismäßig gerade; Regen und Wind hatten ihn im Verlauf der Jahrhunderte verwittern lassen, aber einst musste er gerade und glatt gewesen sein. Eine Steintafel, die man aufrecht im Boden versenkt hatte. Wie ein Grabstein.
    Sie war direkt auf einen ehemaligen Friedhof gestolpert.

50.
    Als sie wusste, wonach sie Ausschau halten musste, war es offensichtlich. Die niedrigen Steine waren beträchtlich erodiert, von der Zeit abgeschliffen, bis sie gerade noch hoch genug waren, um darüber zu stolpern. Caxton sah allerdings, dass sie ordentliche Reihen bildeten, und am anderen Ende der Lichtung entdeckte sie verbogene Eisenstangen, die Überreste eines schmiedeeisernen Tors.
    Caxton war bekannt, dass es in Pennsylvania auf dem Land überall solche kleinen Friedhöfe gab. Bauunternehmer hassten sie, weil sie vom Gesetz her verpflichtet waren, die Toten umzubetten, wenn sie das Land bebauen wollten. Darum ließen sie sie häufig in Ruhe. Es war keine große Überraschung, einen in den Wäldern direkt hinter ihrem Haus zu finden. Vor Jahrzehnten oder im vergangenen Jahrhundert musste es eine Kirche in der Nähe gegeben haben, aber sie war entweder abgerissen worden oder niedergebrannt. Von diesen Gräbern ging keine Gefahr aus, Vampire schliefen in Särgen, ja, aber sie begruben sich nicht auf uralten Friedhöfen nur des Ambientes wegen.
    Keine zehn Meter von ihrem Kopf entfernt krachte es. Ein zu Boden gefallener Zweig oder eine Eiskruste. Es konnte auch eine Katze oder ein Hirsch sein – oder eben doch nur ein Ast, der endlich vom Baum fiel.
    Caxton erstarrte trotzdem. Ihr ganzer Körper spannte sich an; sie wartete auf den nächsten Laut.
    Er kam – es waren mehrere gedämpfte, berstende Geräusche, wie explodierende Knallfrösche, nur bedeutend leiser. Vielleicht war jemand in einen Haufen Kiefernnadeln getreten. Caxton duckte sich Zentimeter für Zentimeter, bis sie flach am Boden lag und versuchte, ganz klein zu werden, unsichtbar.
    »Hast du das gesehen?«, gurgelte jemand. Es war die quiekende Stimme eines Halbtoten. Einen Augenblick später hörte sie eine gemurmelte Antwort.
    Sie verfluchte sich dafür, dass sie sich hingelegt hatte, dass sie sich überhaupt bewegt hatte. Vielleicht wären sie in der Dunkelheit direkt an ihr vorbeigegangen, wenn sie sich nicht bewegt hätte.
    In der Beretta war noch eine Kugel. Das Fleisch der Halbtoten war verfault und weich, und einen zweiten konnte sie möglicherweise in Stücke schlagen. Aber wenn sie zu dritt waren oder schneller als erwartet, war alles vorbei.
    Sie spannte die

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