Der letzte Vampir
eine Menge Lärm verursacht. Jeder Lauscher dürfte das gehört haben – und sie könnten kommen und nach Ihnen Ausschau halten.«
Während sie sie zum Haus führten, sagte Caxton: »Wenn ich also für Geister empfänglich bin, dann bin ich auch für Vampire empfänglich. Das erklärt, wieso mich der Vampir gestern Nacht so mühelos hypnotisieren konnte.«
»Es hat mich überrascht«, bestätigte Arkeley, »wie wenig Widerstandskraft Sie hatten. Darum habe ich Sie hergebracht, wo wir etwas dagegen tun können.«
Polder blieb vor dem Hexenzeichen über seiner Haustür stehen, hob den Arm und winkte. Mit seinem richtigen Arm. Er zeichnete mit dem Daumen ein kompliziertes Muster auf seine Stirn, und etwas Unsichtbares entspannte sich. Caxton spürte, wie das Hexenzeichen losließ.
»Urie ist ein Hexenmeister. Ich nehme an, Sie kennen diese Bezeichnung?«
»Dort, wo ich aufwuchs, nannten wir sie hauptsächlich Pow-Wow-Doktor, weil sie angeblich über alle möglichen Arten indianischer Magie verfügten.« Caxton hatte die alten Geschichten nie ernst genommen, andererseits hatte sie auch nie wirklich an Vampire geglaubt. Nach ihren Abenteuern in der vergangenen Nacht und dem, was sie eben in der Scheune gesehen hatte, war sie bereit, etwas von ihrer Skepsis aufzugeben.
Sie betraten das Haus, wo eine Frau auf sie wartete. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid mit engem Kragen. Ihr blondes Haar fiel in dichten Locken herab. An ihren langen weißen Fingern steckten Dutzende identische Goldringe. »Vesta, wie lange haben wir uns nicht gesehen!«, sagte Arkeley und küsste sie auf die Wange. Der Blick der Frau wich keinen Augenblick von Caxtons Gesicht.
»Ich habe Teewasser aufgesetzt. Darjeeling, wie Sie ihn mögen«, sagte sie. »Mit Zucker, nicht mit Honig, und einem Spritzer Milch. Bitte seien Sie nicht überrascht, Laura Beth Caxton. Ich weiß bereits viel über Sie. Und ich möchte noch mehr erfahren.«
Caxton machte sich nicht einmal die Mühe, den Mund zu öffnen. Sie drehte den Kopf, weil sie im Augenwinkel etwas Gelbes hatte aufblitzen sehen. Es war das Mädchen, das sie am Fenster gesehen hatte, und es verschwand genauso schnell wie zuvor.
»Und Sie, Special Deputy, Sie sollten etwas netter zu ihr sein. Sie riskiert so viel, um Ihnen bei Ihrem grausamen Kreuzzug zu helfen.«
Arkeley senkte den Kopf.
»Nun schauen Sie nicht gleich so düster. Ich habe hier eine Kleinigkeit für den Fuß Ihrer Frau«, sagte Vesta und gab dem Fed eine Plastiktüte mit einer rötlichen, faserigen Pflanze. »Machen Sie daraus einen Breiumschlag, den soll sie jede Nacht umlegen, bis sie sich besser fühlt.«
»Sie sind verheiratet?«, fragte Caxton.
»Ich habe vor zwanzig Jahren einen Vampir getötet und vergangene Nacht einen weiteren. In der Zwischenzeit musste ich mich mit etwas beschäftigen«, sagte er. Er dankte Vesta für die Medizin, dann gingen er und Urie Polder weiter ins Haus hinein. Caxton nahmen sie nicht mit. Stattdessen führte Vesta Polder sie in ein Wohnzimmer, einen dunklen, aber ordentlichen Raum mit einem flackernden Kaminfeuer und vielen schweren, dunklen Holzmöbeln. An der Wand standen sechs Stühle mit hohen Lehnen. Die Mitte des Raums wurde von einem runden Tisch mit einer Samtdecke beherrscht, hinter dem ein gepolsterter Lehnsessel stand. Vesta wählte diesen Sessel, lümmelte sich hinein und ließ ein Bein über die Armlehne baumeln. Caxton blieb einen langen Augenblick vor dem Tisch stehen, bevor sie sich einfach entschloss, einen Stuhl von der Wand zu nehmen und ihn Vesta gegenüber hinzustellen.
Auf dem Tisch standen eine Teekanne und eine einzige Tasse sowie ein großes, geschnitztes Holzkästchen mit einem chinesischen Drachen auf dem Deckel und ein schmales Kartenspiel. »Die haben Sie schon einmal in einem Film gesehen«, sagte Vesta, tippte mit dem Handgelenk auf die Karten und schob sie dann mit einer Hand auseinander. »Aber Sie wissen nicht, wie sie heißen. Das sind Zener-Karten.« Sie fächerte ein paar von ihnen aus, als würde sie ein Pokerblatt aufdecken. »Parapsychologen benutzen sie, um außersinnliche Wahrnehmungen zu testen. Sie haben aber noch andere Vorzüge.« Jede Karte zeigte ein in dickem schwarzem Strich gemaltes Symbol: ein Dreieck, einen Stern, einen Kreis, drei Wellenlinien, ein Rechteck. »Nun«, fuhr sie fort, »Ihr Instinkt wird mir verraten, was Sie sehen.« Sie hielt eine Karte hoch, sodass Caxton sie sehen konnte. Ein Stern.
»Das ist ein Stern«, sagte
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