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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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wollte… Ich wollte, ich könnte heiraten und trotzdem die Heilkunst praktizieren. Aber das geht nicht; ich mußte mich für das eine oder das andere entscheiden.«
    Sie nickte bedächtig. »Ich habe niemals wirklich daran geglaubt, daß du zurückkommst. Als du aus Ephesus fortgingst, sagte ich zu Thorion, es sei für immer. Er erwiderte mir, ich solle nicht töricht sein.«
    »Und im Augenblick habe ich den Eindruck, daß ihr beide töricht seid«, sagte Thorion. »Ich weiß nicht, was so Großartiges an dieser Heilkunst sein soll, obwohl ich mich sicherlich darüber freue, daß du soviel Erfolg hast, Charition. Aber du hast sie studiert und praktiziert und bist länger als fünf Jahre fortgewesen, und ich sehe nicht ein, warum du jetzt nicht zurückkommen und heiraten kannst. Du hast dein Aussehen ein bißchen verhunzt, aber das kann man in ein paar Monaten und mit ein wenig Schminke wieder ausbügeln: Du bist schließlich hübsch genug und immer noch nicht zu alt. Ich werde dafür sorgen, daß du das halbe Landgut als Mitgift bekommst. Du kannst heiraten, wen du willst, und jede dir genehme Bedingung stellen. Du kannst sogar Ärztin in deinem eigenen Haushalt spielen. Ich weiß, daß du das schon immer wolltest. Also, was ist daran denn so schlimm? Es ist nicht gut, ohne Familie zu leben und allen Leuten gegenüber immer so zu tun, als seist du jemand, der du gar nicht bist. Wissen es deine Sklaven? Nein, das dachte ich mir. Es ist nicht gut. Und du wirst weitere Schwierigkeiten bekommen. Zuerst dieser verdammte Ketzer von einem Erzbischof in Ägypten und nun diese Geschichte hier!«
    »Er war kein Ketzer«, erwiderte ich heftig.
    »Dann war er eben ein verdammter Unruhestifter, und er hat den Behörden nichts als Scherereien bereitet! Du hättest ihn sich selbst überlassen sollen. Und einen Menschen zu sezieren! Das beschwört ja geradezu Ärger herauf. Du magst ja intelligent sein, aber du warst schon immer unvernünftig. Ich hatte bereits daran gedacht, dich wegen dieser Beschuldigung ganz einfach verhaften zu lassen und dich anschließend aus dem Gefängnis zu schmuggeln. Ich dachte, vielleicht würdest du dann Vernunft annehmen. Aber ich wollte nicht, daß deine Sklaven gefoltert werden; so etwas mag ich nicht. Nicht seit Festinus es Maia angetan hat.«
    »Ich würde lieber sterben, als zurückzukommen, um eine Dame zu sein«, sagte ich. »Ich werde es nicht tun. Laß es dabei bewenden, Thorion, bitte. Ich möchte mich nicht mit dir streiten.«
    Thorion seufzte und sah mich mit gerunzelter Stirn an. »Ich bin sicher, daß niemand auf der Welt eine solche Schwester hat wie ich. Nun gut, lassen wir es fürs erste dabei bewenden. Vielleicht verliebst du dich ja eines Tages und änderst deine Meinung. Liebe ist eine verflixte Sache, wenn es darum geht, seine Meinung zu ändern. Ich hoffe nur, daß es bis dahin nicht zu spät ist.«
    Maia lächelte mir zu. »Charis, mein Liebling«, sagte sie, »iß noch etwas. Du hast ja nichts Ordentliches gegessen.«
    »Du bist dünn wie ein Zaunpfahl«, stimmte Thorion verdrießlich zu. »Mager und knochig. Was machst du in diesem Hospital?«
    Eine Welle der Erleichterung durchlief mich. Ich war ziemlich glimpflich davongekommen. Und ich hätte Maias stillschweigende Unterstützung niemals erwartet; sie hatte meine ärztlichen Bemühungen in Ephesus immer mißbilligt. Ich erzählte ihnen ein wenig vom Hospital.
    »Auch ich werde deine Dienste bald benötigen«, sagte Thorion. »Ich habe mich mit der Tochter eines Bäckers eingelassen, und sie erwartet im September ein Kind von mir.«
    Er hielt inne und sah bei dem Gedanken an seine Konkubine und das Kind höchst zufrieden aus.
    »Die Mutter heißt Melissa und ist ein liebes Mädchen«, warf Maia ein.
    Maia war bei der Aussicht auf dieses Kind – falls das überhaupt möglich war – noch aufgeregter als Thorion. Sie war schon immer ganz wild darauf gewesen, daß ich Kinder bekam, damit sie Großmutter spielen könnte. Aber ein Kind von Thorion, auch wenn es ein illegitimes Kind war, war natürlich noch besser.
    Im stillen segnete ich die mir unbekannte Melissa. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich es mit meinem Bruder sehr viel schwerer gehabt. »Wie schön«, sagte ich und lächelte, »ich hoffe um deinetwillen, daß es ein Junge wird. Wenn du möchtest, werde ich versuchen, von Novidunum rüberzukommen, um das Baby zu entbinden.«
    Thorion lachte und nickte begeistert. »Ich habe Melissa schon gesagt, daß ich ihr

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