Der maskierte Tod
nach. Ich hörte mich sogar selbst lachen, obwohl daraus ein Husten zu werden drohte. Zumindest lief ich nicht Gefahr zu verschwinden, vor – Da standen sie um mich herum, Dutzende von ihnen. Alle waren sie Zeugen, dass ich durchbohrt worden war und wie ein Schwein auf der Schlachtbank geblutet hatte.
Und da war der arme Oliver, mit Tränen im Gesicht, als er mich festhielt.
Was, in Gottes Namen, sollte ich zu ihnen sagen?
Wenn man nur oft und laut genug lügt, verwandelt sich die Lüge schließlich in die Wahrheit.
Aber auch bei so etwas? Es schien ein wenig zu viel zu sein, als dass ich dies von ihnen erwarten konnte.
Andererseits gab es kaum andere Möglichkeiten. Ich konnte den verwundeten Duellanten spielen und es zulassen, dass sie mich zum Hause zurückbrachten, um dann eine angemessene Zeit mit meiner Rekonvaleszenz zu verbringen, oder ich konnte hier und jetzt mit großer Unverfrorenheit etwas Unmögliches behaupten und auf das Beste hoffen.
Dann also das Letztere. Bringe es hinter dich.
»Haben Sie etwas Brandy?«, rief ich mit kräftiger Stimme, die Gott weiß woher stammte.
Aus verschiedenen Quellen wurde mir Brandy angeboten, wobei mir alle großes Mitgefühl entgegenbrachten. Oliver griff nach der nächsten Flasche und hielt sie mir an die Lippen. Er wurde von der Begebenheit so sehr in Anspruch genommen, dass er meine Unfähigkeit vergessen hatte, etwas anderes als Blut zu trinken, aber dies spielte keine Rolle. Ich hatte nur wegen des äußeren Scheins um Brandy gebeten.
»Ich bin selbst dazu in der Lage, danke«, teilte ich ihm mit und griff nach der Flasche.
Dies verursachte einiges an verblüfftem Gemurmel. Oliver hätte mich fast fallen lassen, doch ich richtete mich rechtzeitig wieder auf. Es war schwierig, ihm nicht verstohlen einen Blick zuzuwerfen, aber ich musste mich so verhalten, als sei nichts Ernsthaftes geschehen. Mit meiner sauberen linken Hand erhob ich das Ding an meine Lippen und tat so, als tränke ich.
»Viel besser«, sagte ich. »Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, Sir.«
»Jonathan?« Hundert Fragen standen Oliver in das angespannte Gesicht geschrieben, und keine von ihnen konnte ich beantworten.
»Es geht mir gut, Vetter. Du musst dir keine Sorgen machen.«
»Aber – du ... deine Wunde...«
»Es ist nichts. Es brennt nur wie Feuer. Lieber Gott, Mann, ich hoffe inständig, du hast dir wegen eines Kratzers meinetwegen keine Sorgen gemacht.«
»Eines Kratzers?«, kreischte er.
Ich hätte fast gelacht, kannte aber die wahre Tiefe der Sorgen, welche er durchlitt. »Dachtest du, ich sei verletzt? Aber es geht mir gut, oder es wird mir bald wieder gut gehen. Nur der Knochen wurde ein wenig angekratzt; es sieht schlimmer aus, als es ist. Mir wurde glatt die Luft aus den Lungen getrieben.«
Dies sprach ich laut genug aus, damit die anderen es hören und weiterverbreiten konnten. Diejenigen, welche den Zwischenfall nicht deutlich genug gesehen hatten, nahmen es als die glückliche Wahrheit, aber diejenigen, welche näher am Geschehen gestanden hatten, zweifelten. Vielleicht fürchteten sie sich sogar.
»Meine Herren, ich danke Ihnen für ihre Besorgnis, aber es geht mir schon viel besser.« Dies zumindest war die reine Wahrheit. Ich gab niemandem Zeit zum Nachdenken oder zum Zweifeln, ich stand einfach langsam auf.
Oliver kam gemeinsam mit mir zum Stehen, mit geöffnetem Mund und vor Schreck geweiteten Augen. Sein Blick richtete sich auf meine Brust und die Flecken, welche dort zu erkennen waren, aber daran konnte ich im Augenblick nichts ändern. Die Wirkung auf die Zeugen war erfreulich positiv. Die näher Stehenden wichen zurück, diejenigen, welche weiter entfernt waren, beugten sich näher zu mir heran, aber für keinen von ihnen sah es so aus, als kämpfe ich mit dem Tode.
»Jonathan, was, in Gottes Namen –«, ertönte das aufgeregte Flüstern meines Vetters.
Ich senkte den Kopf und begann zu flüstern. »Dies hat mit meinem veränderten Zustand zu tun. Vertraue mir, es geht mir gut.«
Sein Mund öffnete und schloss sich diverse Male, und seine Augen nahmen einen ausdruckslosen, seitwärts gerichteten, furchterfüllten Blick an. »Lieber Gott, meinst du –«
»Spiele einfach mit, und ich werde es dir später erklären. Bitte!«
Der arme Kerl sah aus, als sei er derjenige mit der Wunde, aber er biss sich auf die Lippe und nickte. Er begriff, wie dringend notwendig dies für mich war.
Nachdem dies vorerst geklärt war, gab ich die Flasche zurück
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