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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Herren des Himmels beziehungsweise Himmelszonen – wichtige Sterne beanspruchten eine solche ganz für sich allein – sowie möglicherweise sieben Herrender Erde zählt die Maya-Kosmologie. In diesem Zyklus hätte man somit alle Schichten der drei Welten zusammengebracht. Viermal wiederholt, also auf 3276 Tage oder 8.3.16 k’in erweitert, wurden außerdem die vier Himmelsrichtungen einbezogen, die in der Maya-Kosmologie eine wichtige Rolle spielen. Zuständig für diesen Zyklus als Ganzes war der Gott Kawiil , der dafür in vier farblich passenden Erscheinungen auftrat. Man könnte sich vorstellen, dass zum Zweck eines Zeitabschnitts bestimmter Länge die Kalenderpriester eine Rechnung auftaten, die kosmologisch stubenrein ist und dem gewünschten Zeitabschnitt die passende arithmetisch-religiöse Weihe verleiht – nach dem berühmten Designprinzip »form follows function«. Das würde auch erklären, warum die Maya in solchen beziehungsreichen, numerologisch vieldeutigen Zyklen regelrecht schwelgten.
    Weitere Zyklen gab das System der Langen Zählung mit seinen Zeitbündeln vor, deren Ende oder besser gesagt: Vollendung gefeiert wurde. Insbesondere der k’atun eignete sich vortrefflich: Alle knapp zwanzig Jahre begangen war der Zyklus lange genug, um dem Zeitpunkt seiner Vollendung freudig entgegenzusehen, andererseits waren zwei Jahrzehnte gerade so lang, dass jeder erwarten durfte, wenigstens zwei dieser Feste mitzuerleben. Es gab also auch praktische Gründe, warum die k’atun -Enden zu den wichtigsten Kalenderfeiern überhaupt wurden. Für die Herrscher waren die k’atun -Feste eine willkommene Gelegenheit, ihre Verdienste feiern und in Inschriften verewigen zu lassen, neue Tempel einzuweihen und dabei besonders spektakuläre Opferriten abzuhalten. Einer Theorie zufolge stammt der Brauch ursprünglich aus Teotihuacán und wurde wie vieles andere aus Zentralmexiko »mayanisiert«.
    Ein erheblich längerer Zeitabschnitt war das Bündel von 13 k’atun oder 260 tun , may genannt, dessen Vollendung als besonders geheiligter Zeitabschnitt würdig begangen wurde. Möglich, dass er auch politisch große Bedeutung hatte und von may zu may imRotationsprinzip eine Art regionaler Oberherrschaft von Stadt zu Stadt weitergegeben wurde.
    Weitere Zyklen waren der neuntägige Zyklus der »Herren der Nacht« und die seltenere Sieben-Tage-Zählung, über deren Herkunft spekuliert wird. Vielleicht ist sie nichts weiter als eine gefällige Untereinheit des in Faktoren zerlegten 819-Tage-Zyklus. Daneben konnte jeder beliebige Tag entsprechend seines Mondstatus, dessen Struktur aber noch nicht befriedigend entschlüsselt werden konnte, der Position der Venus sowie anderer Planeten verortet werden. So entstand ein komplexes Zeitgewebe, das zu durchdringen und kundig zu deuten die nicht geringe Aufgabe der Kalenderpriester war.

    Über unseren Ausführungen haben wir Ben fast vergessen, der seiner besinnlichen Morgenminute längst überdrüssig geworden ist und sich aufgemacht hat in die Stadt, um auf dem Markt den Ernteüberschuss gegen Dinge einzutauschen, die er nicht selbst produziert – vielleicht Baumwolle, die in der Region angebaut wird. Hoffen wir, dass er auch ein paar Kakaobohnen einpacken kann, denn sie dienen in der gesamten Region als Zahlungsmittel, das sich gegen alles eintauschen lässt, was man benötigt. Mithilfe seiner Frau, die besser rechnen kann, hat Ben am Abend ein paar Kakaobohnen abgezweigt und dabei darauf geachtet, dass kein »Falschgeld« darunter ist, da ihm ein reisender Händler beim letzten Geschäft unter vorgetäuschter Eile falsche Kakaobohnen aus Lehm angedreht hat.
    Mit der Stadt Cerros wird Bauer Ben einen Mikrokosmos betreten, das Abbild des Universums in Stadtanlage und Architektur und damit sichtbarer Ausdruck des Bemühens, in Harmonie mit dem Kosmos und der Götterwelt zu leben. Das Zentrum der neu errichteten Stadt ist wie die Erde von Wasser umgeben – im Norden von der Bucht von Chetumal, im Süden von einem künstlichangelegten Kanal. Wenn Ben sich nach dem Weg zu dem großen Platz erkundigt, um dort das spektakuläre Ritual verfolgen zu können, wird er ein Wort benutzen, das außer Platz auch Meer oder See bedeutet. Die großen Pyramiden im Zeremonialbezirk versinnbildlichen die heiligen Berge, in denen die Toten wohnen und die den Zugang zur Unterwelt darstellen.
    Schwer zu sagen, wie weit die Bauarbeiten der riesigen Gebäude am Tag von Bens Stadtbesuch bereits gediehen

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