Der Medicus von Heidelberg
Vertrauen verdient, denn wie immer hatte er seinen Auftrag voll erfüllt.
Unabhängig davon merkte ich, wie in mir die Wut größer und größer wurde. Doch ich zwang mich zur Besonnenheit und sagte: »Wenn Engelhuss hinter dem Verhaftungsversuch des Hauptmanns von Obernissa steckt, dann hat er auch beim ersten Versuch seine Finger im Spiel gehabt. Aber wie, das werden wir wohl nie erfahren, denn wir wissen nicht, in welcher Beziehung Engelhuss und der Stadtmedicus Sabber zueinander stehen.«
»Wir wissen es, Herr!« Hinz stieß mir im Eifer des Gesprächs seinen Zeigefinger auf die Brust.
»Hat dir Reimar auch das verraten?«
»Nein, Herr, verzeiht, Herr.« Hinz zog schuldbewusst seinen Finger zurück. »Reimar hatte davon keine Ahnung, das merkte ich schnell. Deshalb holte ich an anderer Stelle Erkundigungen über Sabber ein. Ich tat es in dem Wirtshaus, in das er gern geht, im
Güldenen Einhorn.
Natürlich fragte ich ihn nicht selbst, sondern seine Zechbrüder, nachdem der Alkohol sie geschwätzig gemacht hatte. Dabei kam heraus, dass Sabber mehr Schulden hat als Haare auf dem Kopf. Er ist ständig klamm im Beutel. Engelhuss ist derjenige, der ihm immer wieder Geld zugesteckt hat. Geld, das er nicht zurückzahlen konnte. Einen Teil seiner Schuld hat Sabber deshalb zu begleichen versucht, indem er Euch verhaften lassen wollte.«
»Dieses Gesindel!«, presste ich hervor. »Man müsste es zerquetschen wie lästige Fliegen.«
»Nur das nicht, Herr!« Hinz riss erschrocken die Augen auf. »Man soll Gleiches nicht mit Gleichem vergelten, so heißt es doch.«
»Schon gut, Hinz. Du bist ein braver Bursche und hast mir sehr geholfen. Wenigstens kenne ich meinen Feind jetzt.« Ich hielt inne und fügte hinzu: »Das heißt, eigentlich habe ich ihn schon die ganze Zeit gekannt. Danke, Hinz. Wir wollen wieder an unsere Arbeit gehen.«
Doch das fiel mir schwerer, als ich dachte. Den ganzen Nachmittag und Abend ging mir der verwünschte Name Engelhuss nicht aus dem Kopf, und nach dem Abendessen beschloss ich, ohne näher darüber nachgedacht zu haben, dem
Güldenen Einhorn
einen Besuch abzustatten.
Auf dem Weg dorthin legte ich mir allerlei Drohungen und Verwünschungen zurecht, von denen ich hoffte, sie würden meinen Feind verletzen, besonders, wenn ich sie
coram publico
vortrüge. Doch natürlich kam es anders als geplant, denn kaum hatte ich die Gastwirtschaft erreicht, wurde die Tür aufgestoßen, und Engelhuss trat heraus. Er war betrunken und sichtlich schlechter Laune, wahrscheinlich, weil sein Plan, mich zu vernichten, fehlgeschlagen war. »Sieh da, der Leichenschnippler«, lallte er mit schwerer Zunge. »Ihr habt mir gerade noch gefehlt. Packt Euch, Ihr seid mir im Weg.«
»Ich kann hier so lange stehen, wie ich will«, versetzte ich angriffslustig.
»Dann rutscht mir den Buckel runter.« Engelhuss stieß mich mit einer ungeschickten Bewegung beiseite und bahnte sich seinen Weg.
Seine Nichtachtung reizte mich nur umso mehr. Ich schloss zu ihm auf und rief: »Die Straße gehört Euch nicht!«
Er stapfte mühsam ein paar Schritte weiter, dann machte er halt. »Mir gehört mehr, als Ihr denkt«, sagte er mit verwaschener Sprache. »Viel mehr, hört Ihr.«
»Ganz recht!« Ich lachte höhnisch. »Ihr könnt Euch ja kaufen, was Ihr wollt. Und wenn es die Handlungsweise von Stadtmedici und Landsknechten ist.«
Er stutzte. »Das wisst Ihr also schon? Na, was soll’s, dann sag ich Euch eines: Das war nicht der letzte Versuch, Euch zu vernichten, Nufer, nicht der letzte!« Unversehens holte er aus und wollte mir einen Schlag versetzen.
Doch seine Bewegung hatte die Ungenauigkeit des Betrunkenen, ich konnte dem Hieb rechtzeitig ausweichen. »Macht das nicht noch einmal«, zischte ich.
Engelhuss schnaufte. Dann lachte er plötzlich. »
Cita mors ruit,
so heißt’s auf Latein, schnell kommt der Tod, aber das muss ich Euch ja nicht sagen, da Ihr die Weisheit mit Löffeln gefressen habt.« Wieder holte er aus, diesmal schneller, und er traf mich mit der Faust ins Gesicht.
Ich taumelte, doch ich blieb auf den Beinen. Die Wut schlug über mir wie eine Welle zusammen. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Ohne mich zu besinnen, schlug ich zurück. Es war kein starker Hieb, schon wegen meiner verkrüppelten Hand. Auch traf ich ihn nicht an entscheidender Stelle, sondern nur an der Schulter, doch der Schlag genügte, ihm das Gleichgewicht zu nehmen. Er taumelte zurück, ruderte mit den Armen und schlug der Länge
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