Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
stündliche Loggen zu erlernen. Cumberland scheint mit dem Kurs des Schiffes zufrieden zu sein.
»Lieutenant Winfield!« ruft er den Ersten zu sich. »Meldung, wenn Upnor Castle querab liegt. Danach halsen wir. Sollte der Wind weiter auffrischen, nehmt das Großsegel weg, bis wir die Sande des Medway hinter uns haben. Ab Sheerness fahren wir Vollzeug!«
»Aye, aye, Sir!«
»Besser wir frühstücken gleich, bevor wir die Themsemündung abwärts kommen. Wie wäre es mit Eiern und Schinken?«
Beifälliges Gemurmel ringsum.
»Also, meine Herren, beim nächsten Glasen in meiner Kajüte!«
»Keine schlechte Idee, Mylord!« antwortet ihm Hawkins und deutet vor zum Bug auf die Back. »Dann können wir uns inzwischen noch ein wenig auf Deck umsehen. Meister Baker! Ich hätte mich gern von der Kursstabilität überzeugt. Kommt Ihr mit vor auf die Back? Von dort aus läßt sich gut beobachten, ob sie in den Böen nachgibt.«
»Mit größtem Vergnügen, Kapitän Hawkins!« erwidert Matthew, und an mich gerichtet: »Kommst du auch mit nach vorn?«
»Ich bin dabei.«
Sir William Winter bleibt stumm, zum Zeichen, daß er allein auf der Pupp bleiben will. Kaum stehen wir auf der Back, ändert Hawkins seinen Vorschlag:
»Besser ist, wir begeben uns gleich auf das Galion.«
Also steigen wir wieder herunter in die Kuhl, gehen durch das niedrige Bugkastell und erreichen das weit vorragende, nach oben offene Galion mit dem leicht nach vorn geneigten Fockmast. Hawkins klemmt sich, so weit wie möglich, zwischen das keilförmig zusammenlaufende Galion, dreht sich um und legt sich mit dem Rücken auf dessen Spitze. Unter uns brodelt das Wasser und spritzt von Zeit zu Zeit über das Galion und durch den Lattenrost der Gräting, die hier den Boden bildet.
»Hier holst du dir einen kalten, nassen Arsch!« bemerkt Matthew in Richtung eines breiten Bretts, welches vier kreisrunde Löcher aufweist. Im selben Moment spritzt Bugwasser durch die Öffnungen, was mich zu der Bemerkung veranlaßt: »Dafür ist er dann auch garantiert sauber!«
»Gerade acht!« singt der Lotgast von der Back aus, der ständig die Wassertiefe mißt. Ein dicker Spritzer fegt über das Galion und näßt uns ein.
»Ich bin um Ihre Gesundheit besorgt, Kapitän Hawkins!« ruft Matthew nach vorn. Doch seine Worte gehen unter in einer Folge von starken Böen und dem Brodeln des Bugwassers unter unseren Füßen. Hawkins blickt empor zur Spitze des Fockmastes, was mich veranlaßt, ebenfalls nach oben zu blicken.
Matthew stößt mich an:
»Er prüft, ob die S AMPSON in den Böen leegierig wird.«
»Wie will er das überprüfen?«
»Er beobachtet die Krängung des Mastes, und mit seinem sensiblen Hinterteil erspürt er, ob der Bug zur Seite ausweicht. Er wird sich freuen, denn nach meinen Berechnungen müßte sie eher in den Böen anluven. Wie ich Hawkins kenne, wird er es sich nicht nehmen lassen, später das Ruder einmal selbst zu übernehmen und danach noch mal bis zum Vorbramsegel aufzuentern.«
»Dort hinauf?«
»Ja, dort hinauf! Er wird die Kursstabilität so lange überprüfen, bis er sicher sein kann, die S AMPSON guten Gewissens als Argument im Navy Board benutzen zu können. Nach seinen Überlegungen kann die neue Kampftaktik nur dann Erfolg haben, wenn sie durch erheblich bessere Segeleigenschaften der neuen Galeonen gestützt wird. Die S AMPSON , darauf kannst du jetzt schon wetten, wird seine Erwartungen übertreffen. Fragt sich nur, ob auch das Geld vorhanden sein wird, genügend neue Schiffe zu bauen. Die Rebuilt-Schiffe, vor allem die, bei denen ich Order habe, nur die Aufbauten zu ändern, können seine Erwartungen natürlich nur annähernd erfüllen.«
»Warum sägt Ihr die Aufbauten überhaupt herunter?«
»Stell dir vor, die Böen, die eben gerade über das Schiff hinwegblasen, prallen – von unserem Ort aus gesehen – auf ein drei Stockwerke hohes Bugkastell. Dazu ein rundes Unterwasserschiff, ein schöner runder Bug, und hinten am Heckkastell ragt noch mal ein vier Stockwerke hoher Holzturm auf. Die seitliche Versetzung wäre beängstigend. Wir hätten bei diesem Wetter einige Schwierigkeiten, mit so einem Schiff durch die schmale Fahrrinne des Medway auf die Themsemündung hinauszusegeln. Wahrscheinlich müßten wir abwarten, bis der Wind sich legt. Wir haben jetzt gerade böigen, steifen Wind, jedoch noch keinen Sturm. Trotzdem wäre für eine Galeone mit hohen Aufbauten der Medway mit seiner schmalen Fahrrinne und seinen zahlreichen
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