Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Sandbänken ein zu großes Risiko. Würde der Feind gerade in die Themsemündung einlaufen, unsere Schiffe wären für heute in den Häfen gefangen. Bei einer schnellen Galeone sollte daher das Bugkastell nur noch ein Deck hoch sein. Allein die Reduzierung der Aufbauten trägt somit in unseren Gewässern schon erheblich dazu bei, die Segeleigenschaften unserer älteren Galeonen entscheidend zu verbessern.«
    »Sie hält sich besser, als ich zu glauben wagte. Meine Anerkennung, Meister Baker!« Hawkins hat seinen feuchten Platz unbemerkt verlassen und sich wieder zu uns gesellt.
    »Der keilförmig zugeschnittene Vorsteven schneidet das Wasser einfach besser«, antwortet Matthew.
    »Wie habt Ihr den Ballast geregelt?«
    »Wir haben soviel Ballast dabei, als ob sie voll beladen wäre.«
    »Wie im Gefecht?«
    »Wie im Gefecht oder auf Kaperfahrt!«
    »Gut so! Sie bleibt in den Böen absolut steif. Führt Ihr das ausschließlich auf die neue Rumpfform zurück?«
    »Im wesentlichen ja!« Matthew preßt seine Unterarme in Höhe seiner Handgelenke zusammen und formt seine Hände zu einem breiten, nach oben sich verjüngenden Kelch. »Ihre Spanten sind so konstruiert, daß ihre breiteste Stelle gerade über der Wasserlinie liegt, so daß sie sich einem nachteiligen Krängen von selbst widersetzt. Ich habe nichts anderes erwartet und war schon vor der Fahrt von ihrer Stabilität überzeugt.«
    Hawkins klopft ihm anerkennend auf die Schulter:
    »Dafür, daß es die erste Fahrt ist, habt Ihr sie mit Ballast gut beladen.«
    »Ihr seid zufrieden, Kapitän Hawkins?« versuche ich mit ihm ins Gespräch zu kommen.
    »Meine Zufriedenheit hängt noch von einigen anderen Dingen ab, Sir Adam! Wißt Ihr, wenn wir schon dem Enterkampf eine radikale Absage erteilen und damit eine neue Taktik auf See in Zukunft erfolgreich durchsetzen wollen, dann hängt das auch davon ab, ob dieser Galeonentyp um ein Vielfaches besser und schneller unter dem Wind zu kreuzen vermag, als wir dies von unseren älteren Schiffen her kennen. Mein erster Eindruck von diesem Schiff bestätigt, daß Meister Baker dieser Anforderung gerecht geworden ist. Was Eure Feldschlangen anbelangt, fehlt mir der Eindruck noch zur Gänze. Sollten Eure Kanonen weittragend sein und auch noch treffen können, dann erst wird nach meiner Auffassung ein neuer Kriegsgaleonentyp das Licht der Welt erblickt haben. Also warten wir den heutigen Tag erst einmal ab.«
    »Upnor Castle querab Backbordbug!« meldet der Bootsmannsmaat.
    Kurz darauf hören wir Winfields Kommandostimme:
    »Leebrassen! Klar zum Halsen!«
    Gerade als wir wieder die Back queren, hören wir das Glasen.
    »Die Eier und Sir William Winter warten auf uns!« bemerkt Hawkins voller Ironie.
    Cumberland starrt zum Heckfenster hinaus, als wir die Kapitänskajüte betreten. Winter sitzt wie verloren auf einem Stuhl. Cumberland dreht sich langsam um und zwingt sich ein Lächeln ab:
    »Willkommen in meiner bescheidenen Kajüte!«
    George hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Außer einem ovalen Tisch mit acht Stühlen und den leeren Regalen ringsum hat der Raum nichts zu bieten. Nur die drei silbernen Öllampen auf dem Tisch verbreiten ein angenehmes Licht.
    »Die Ausrüstung war mir wichtiger als die Bequemlichkeit«, entschuldigt er sich für die karge Einrichtung.
    Hawkins räuspert sich auffällig:
    »Scheiß drauf! Gemessen an einigen Schiffen, auf denen ich selbst segelte, kann man Eure Kajüte gut und gern als Salon bezeichnen.«
    »Ich weiß von Euren Entbehrungen in der Vergangenheit, doch wäre ich glücklich, könnte ich Euch allen ein wenig mehr bieten.«
    »Wir werden es überleben, George«, versuche ich die trübe Stimmung mit der banalen Redensart zu verscheuchen. Stumm setzen wir uns an den ovalen Tisch. Zu unserer Erlösung klopft jemand an der Tür. Ein Fähnrich tritt ein und meldet: »Das Frühstück!«
    »Natürlich«, erwidert Cumberland etwas abwesend.
    »Und was bringt Ihr uns Schönes?« fällt Winter ihm ins Wort.
    »Eier mit Schinken. Wie befohlen!« antwortet der Fähnrich. Er tritt zur Seite und vier schüchterne Seekadetten erscheinen in Reihe auf der Schwelle. In den Händen der ersten zwei Kadetten dampfen die Pfannen. Der dritte von ihnen trägt das Geschirr mit dem Besteck, der letzte trägt auf einem Tablett Becher mit verschieden Flaschen herein.
    »Habt Ihr von der Kursstabilität einen guten Eindruck gewonnen?« wendet sich Cumberland an Hawkins.
    »Ihr habt Euch ein Schiff bauen