Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
lassen, daß alle meine Erwartungen hinsichtlich der Segeleigenschaften übertrifft.«
Cumberland beginnt zu strahlen. »Das Wachstum der Länge zur relativen Breite ist also der richtige Weg?«
»Er ist es! Meister Baker hat damit in meinen Augen die vierte und wesentlichste Änderung der Schiffskörperform eingeleitet.«
»Davon bin ich noch nicht überzeugt!« antwortet Sir William mehr beleidigt als erbost. Hawkins hat ihn seit seiner Ankunft sichtlich geschnitten, und für mich ist es kein Wunder, daß er sich bei der ganzen Erprobung nicht gebührend beachtet fühlt.
»Bei den Eiern des Papstes! Ihr solltet auf die Großbram entern. Dann wüßtet Ihr, wovon ich spreche!« braust Hawkins auf.
»Sir William Winter ist mein Gast! Ich bitte dies nicht zu vergessen«, versucht der Earl of Cumberland eine offene Auseinandersetzung zu vermeiden.
»Ha … hm«, räuspere ich mich unbehaglich. »Ich möchte doch noch etwas mehr von der vierten Änderung der Schiffskörperform hören. Was hast du da geändert, Matthew?«
Matthew atmet genauso erleichtert auf als ich, da wir somit das Gespräch an uns gezogen haben.
»Nun, die erste wesentliche Neuerung in der Rumpfbauweise war die Umstellung von Klinker- auf Kraweelbeplankung, die vor mehr als zwei Jahrhunderten begann. Dann, vor etwa 70 Jahren, entwickelte man das Plattgatt und löste damit das Rundheck ab. Zur gleichen Zeit, so um 1515 begann man mit der Kanonenaufstellung unter Deck. Präziser ist es, wenn ich sage, daß man ein komplettes Zwischendeck für die Aufstellung von Kanonen in die Schiffe einzog. Ja, und die letzte Erneuerung wäre nun die Reduktion der Aufbauten, bei einem Wachstum der Länge des Rumpfes zu seiner relativen Breite. Vier zu eins lautet mein angestrebtes Verhältnis.«
»Dafür büßen wir Feuerkraft ein und laufen Gefahr, bei Enterungen gegenüber den Spaniern, Franzosen und wer weiß nicht noch alles hoffnungslos unterlegen zu sein«, ereifert sich Winter.
Hawkins schüttelt den Kopf, läßt sich jedoch nicht provozieren.
»Ich denke, Enterungen sollen gerade vermieden werden?« greife ich in die Diskussion ein.
»Bei einer Ansammlung von Schiffen wird man so etwas nie ausschließen können. Die Erfahrung …«
»Sir William!« fällt ihm Hawkins barsch ins Wort. »Nicht nur meine Erfahrungen widerlegen Euch, sondern auch die Armierung dieses Schiffes mit seiner gewaltigen Feuerkraft, auf dem Ihr Euren bequemen …«, Hawkins zögert, während mir der Atem stockt.
»Es gibt auf dem ganzen Erdball kein 300-Tonnen-Schiff, das Vergleichbares aufzuweisen hätte«, fährt er fort. »Unsere Flotte, in gleicher Weise mit Feldschlangen ausgerüstet, würde jeden Gegner in Stücke schlagen, ohne auch nur ein einziges unserer Schiffe zu gefährden. Dem Gegner, wollte er überleben, bliebe nur übrig, die Flagge zu streichen! Aber diese Einsicht wird mehr hintertrieben als durchdacht. Warum eigentlich?«
Sir William Winter versucht ein süßsaures Lächeln, welches zur Grimasse gerät: »Niemand will etwas hintertreiben …«
»Dann verstehe ich Euren Widerstand gegenüber dem Schiffbauprogramm nicht!«
»Warum alles überstürzen, warum alles so eilig? Warum macht Ihr solchen Druck?«
»Weil England kaum Zeit bleiben wird, wenn sich die gesamte Flotte Spaniens und Portugals auf den Weg in den Kanal macht! Admiral Santa Cruz hat seine Invasionspläne Philipp II. vorgelegt. Eine gewaltige ARMADA wird er demnach zusammenstellen. Ich betone zusammenstellen! Die Schiffe, Soldaten, Ausrüstungen sind nämlich allesamt vorhanden. Sie müssen sich nur noch nach England begeben. Und was macht Ihr? Ihr und Eure Verbündeten bremst, verunsichert, hintertreibt das Schiffbauprogramm und die Bewaffnung mit Bronzefeldschlangen, mit deren Hilfe unsere Königin, unser Königreich, unsere Religion, unsere Familien vor dem barbarischen Joch der Dons und deren Galgenbäumen beschützt werden sollen!«
»Die Eier werden kalt! Ich empfehle, daß wir jetzt erst mal unser Frühstück zu uns nehmen«, unterbricht Cumberland die Auseinandersetzung.
Doch Winter läßt nicht locker:
»Ich denke, daß der Devonshire-Clan eher zu Übertreibungen neigt und mit seinem ständigen Invasonsionsgerede den Staatshaushalt unnötig stark belastet.«
Hawkins reagiert unverzüglich:
»Sir William! Ihr werdet heute am Ende unserer Fahrt nach Margate eines nicht mehr hintertreiben können – das ist das Ergebnis der Erprobung der S AMPSON ! Solltet Ihr es wagen, etwas
Weitere Kostenlose Bücher