Der Mord zum Sonnntag
Angewidert blickte er auf die
Teeflecken. «Laß das saubermachen», ordnete er an. «Ich
muß in die Klinik. Mrs. Meehan bekommt heute
nachmittag ihre Kollageninjektionen.» Sarkastisch fügte er
hinzu: «Nur Mut, meine Liebe. Wie du weißt, strömt
damit wieder ein saftiges Honorar in die Kasse.»
«Vor einer Stunde hab ich diese Landplage gesehen. Da
hast du wieder eine Eroberung gemacht. Sie hat wahre
Lobeshymnen auf dich gesungen, von deinen Talenten
geschwärmt und gesagt, daß sie es dir zu verdanken hat,
wenn sie sich wie ein Schmetterling fühlt, der auf einer
Wolke dahinsegelt. Sollte ich diese idiotische
Formulierung noch einmal von ihr hören …»
Sie stockte. Helmut begannen die Knie wegzusacken.
Sie packte ihn, ehe er hinfallen konnte. «Sag mir, was
passiert ist!» schrie sie.
«Sag mir, was du getan hast!»
7
Elizabeth eilte von Mins Büro zu ihrem Bungalow,
wütend auf sich, weil sie sich von Bartlett hatte hinreißen
lassen. Er würde alles sagen, alles tun, um sie als Zeugin
zu diskreditieren, und sie spielte ihm noch in die Hände.
Um sich abzulenken, schlug sie das Skript von Leilas
Stück auf. Doch die Buchstaben verschwammen ihr vor
den Augen.
Enthielten Bartletts Anschuldigungen ein Körnchen
Wahrheit? War Ted absichtlich ihren Spuren gefolgt?
Sie blätterte ziellos in dem Textbuch, beschloß, es später
zu lesen. Dann fiel ihr Blick auf eine von Leilas
Randnotizen. Erschrocken sank sie auf die Couch und
schlug die Titelseite auf. Karussell. Komödie von Clayton
Anderson.
Sie las das Stück eilends durch, saß dann lange still,
gedankenversunken. Schließlich griff sie zu Block und
Kugelschreiber und begann langsam mit der zweiten
Lektüre, wobei sie sich eigene Notizen machte.
Um halb drei legte sie den Kugelschreiber beiseite. In
dem Block war Seite um Seite mit Anmerkungen bedeckt.
Ihr wurde bewußt, daß sie den Lunch übersprungen und
dumpfes Kopfweh hatte. Manche von Leilas Randnotizen
waren fast unleserlich, aber letztlich hatte sie alle
entziffert.
Clayton Anderson. Der Autor von Karussell. Der
wohlhabende College-Professor, der eine Million Dollar
Eigenkapital in das Stück investiert hatte, dessen wahre
Identität jedoch niemand kannte. Wer war er? Ein intimer
Kenner Leilas …
Sie rief im Hauptgebäude an. Die Baronin sei zwar in
ihrer Wohnung, dürfe aber nicht gestört werden, hieß es.
«Ich komme gleich rüber», entgegnete Elizabeth kurz.
«Sagen Sie der Baronin, daß ich sie sprechen muß.»
Min lag im Bett. Sie sah krank aus. Keine Großspurigkeit,
kein herrischer Ton. «Na, was gibt’s, Elizabeth?»
Sie hat Angst vor mir, dachte Elizabeth. Etwas von der
alten Zuneigung wallte in ihr auf, als sie sich ans Bett
setzte: «Warum hast du mich herkommen lassen, Min?»
Min zuckte die Achseln. «Ob du’s nun glaubst oder nicht
– weil ich mir Sorgen um dich gemacht hab, weil ich an
dir hänge.»
«Das glaube ich dir. Und der andere Grund?»
«Weil mich die Vorstellung entsetzt, daß Ted vielleicht
sein weiteres Leben im Gefängnis verbringen muß.
Manchmal tun Menschen im Zorn schreckliche Dinge,
weil sie die Kontrolle über sich verloren haben – Dinge,
die sie vermutlich nie getan hätten, wenn sie nicht aufs
äußerste gereizt worden wären, so daß sie sich nicht mehr
in der Gewalt hatten. Ich glaube, das war geschehen. Ich
weiß, daß es Ted so ergangen ist.»
«Was meinst du damit – du weißt es?»
«Nichts … gar nichts.» Min schloß die Augen.
«Elizabeth, tu, was du tun mußt. Aber ich warne dich. Du
wirst bis ans Ende deiner Tage damit leben müssen, daß
du Ted vernichtet hast. Einmal wirst du Leila wieder
gegenüberstehen. Ich denke, sie wird dir nicht dafür
danken. Du weißt doch, wie sie nach jedem ihrer heftigen
Ausfälle war. Zerknirscht. Liebevoll. Großzügig. Alles in
einem.»
«Gibt es nicht noch einen anderen Grund, weshalb du
Ted freigesprochen wissen möchtest? Es hat etwas mit
Cypress Point zu tun, stimmt’s?»
«Was meinst du damit?»
«Ich meine, daß Ted kurz vor Leilas Tod erwog, all
seinen neuen Hotels eine Filiale von Cypress Point Spa
anzugliedern. Was ist aus diesem Plan geworden?»
«Seit dem Anklagebeschluß hat Ted solche neuen
Planungen nicht weiterverfolgt.»
«Genau. Also gibt es zwei Gründe, aus denen du Ted
freigesprochen sehen möchtest. Min, wer ist Clayton
Anderson?»
«Keine Ahnung. Ich bin sehr müde, Elizabeth. Vielleicht
können wir uns später
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