Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
mit Dingen wie Organisation und Liga-Weltkultur anfangen
könnten, doch Putnam hatte ihn zurechtgewiesen, dass diese Struktur der Vortragsreihen auf Anordnung des Mahaguru und des Hauptquartiers überall auf der
Welt die gleiche sei und er nicht daran denke, Ausnahmen zu machen.
„Dorothy und Peter werden zwischendurch ein bisschen Musik machen. Das lockert die Vorträge auf.“
Die beiden Atmas nickten lächelnd.
„Zweiter Punkt,“ fuhr Dan fort. „Aron war mit dem Team in Singaraja. Während draußen Plakate geklebt wurden, fand im Restaurant eines lokalen Atma ein
Vortrag statt, den Jay gehalten hat. Aron wird kurz Bericht über diese Aktion erstatten.“
Alle wandten sich Aron zu, der einigemale schluckte und aus seinem Wasserglas trank. ‚Das Erkennen und Sprechen von innerer Wahrheit ist die Pflicht jedes
ernsthaften Atma‘ – die Passage aus dem
Buch der Erleuchtung
fiel Aron ein, der Satz, den Ben zu zitieren pflegte, wenn man ihn in Diskussionen
angriff. ‚Innere Wahrheit steht über äußeren Geboten,‘ hatte er gewöhnlich hinzugesetzt, wissend, dass ein Hinweis auf das
Buch der Erleuchtung
jede Kritik entkräftete. Aron gab sich einen Ruck. Für einen Augenblick schien ihm, als herrsche in seinem Kopf Leere, als spreche die Worte, die nun über
seine Lippen kamen, ein anderer, dem er, verwundert über so viel Kühnheit, nur zuhörte.
„Es war mein erster öffentlicher Vortrag, den ich auf Bali besucht habe. Mein ganz unbefangener Eindruck war, dass es nicht recht ist, diesen Menschen
Musikkassetten zu schenken und billigen Tand, um sie anzulocken und sie dann mit Konzepten zu konfrontieren, die sie wahrscheinlich gar nicht verstehen. Es
schien mir außerdem sehr befremdlich, dass wir auch Kassetten mit Popmusik verteilen, die eigentlich für Atmas offiziell nicht gebilligt wird. Ich glaube,
dass die Kultur hier so anders ist, dass selbst die Musik der Liga-Gruppen etwas völlig Fremdes und Störendes… Ich glaube, dass es sanftere Methoden gibt,
die Lehre des Hju…“
„Mein lieber Aron,“ unterbrach ihn Putnam mit vergifteter Freundlichkeit. Die anderen starrten Aron entgeistert an. Auch die einheimischen Freiwilligen
schienen erschrocken über die Dreistigkeit solcher Worte. „Du bist der zweite Romantiker, der sich binnen weniger Wochen auf diese Insel verirrt hat. Wie
mir Lirep Peter Crapp mitteilte, bist du sogar ein guter Freund des ersten. Ich weiß nicht, warum ihr euch gerade Bali für eure Missionsreisen aussucht und
ich weiß auch nicht, wer euch die Flausen über diese ach so andere Kultur in den Kopf setzt. Crapp hat mir mitgeteilt, dass dein Freund Ben am Tag seiner
Rückkehr einen tödlichen Unfall hatte. Das tut mir leid. Er hat eine Menge Ärger hier in der Mission verursacht, hat unerlaubt den Dienst verlassen, hat
versucht, die Arbeitssitzungen zu Diskussionen über den Wert von Gamelanmusik und Schattenspieltheater umzufunktionieren, und so weiter und so fort. Er hat
mehr gestört als genützt und man hat ihn deshalb auch früher als geplant zurückgerufen. Ich trage ihm nichts nach. Er war im Grunde ein netter Junge und es
tut mir leid, dass er tot ist. Aber du solltest nicht versuchen, in seine Fußstapfen zu treten. Crapp hat dich empfohlen als einen Musterschüler der
deutschen Akademie. Du hättest auch nach Amerika gehen können, um dort Missionsarbeit vom feinsten mitzuerleben, vor Hunderten von Interessenten im
Ballsaal des Hilton, mit Großflächenvideo und Multimedia und all den anderen pfiffigen Sachen, aber du wolltest nach Asien, und hier laufen die Dinge
anders. Eines aber möchte ich dir klipp und klar sagen: Glaube nicht, dass deine schwärmerischen Auffassungen von alter Kultur und Tradition hier von
irgendwelcher Bedeutung sind. Das
Buch der Erleuchtung
gibt dir in dieser Hinsicht erschöpfend Auskunft: ‚Die Kultur der Liga ist eine spirituelle
Weltkultur, die zum Wohle aller Menschen geschaffen ist, die alle Kulturen vereinigt, alles Verschiedene überbrückt und alles Trennende heilt.‘ Warum
glaubst du, kommen die jungen Balinesen zu unseren Veranstaltungen und Schulungen? Sie haben ihr Gamelan und ihre Barongtänze und den anderen Zinnober
satt. Sie wollen teilhaben an der Weltkultur der Gegenwart und Zukunft, sie wollen an den großen Strom angeschlossen sein, der alle Länder und Menschen
vereinigen wird. Sie wissen, dass nur die Liga einen Weg zu diesem Ziel für sie offenhält. Anfangs kommen sie vielleicht aus
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