Der Pakt
legen. Bei fast 288
voller Lautstärke klang es wie eine Rede auf dem Nürnberger Reichsparteitag.
Als ich merkte, was ich getan hatte, riss ich mir in einem Anfall von Panik den Kopfhörer herunter und versuchte, den Schalter zu finden, der den Lautsprecher wieder abstellte. Doch es gelang mir nur, einen anderen deutschen Sender hereinzubekommen. Ich sprang auf und machte das Fenster zu, ehe ich noch einmal versuchte, den Empfänger abzustellen. Ich war noch damit beschäftigt, den Telefunken-Apparat zu untersuchen, als die Tür aufflog und zwei amerikanische MPs in den Funkraum stürmten, die Karabiner auf meinen Kopf gerichtet.
»Abstellen!«, brüllte einer der MPs, ein Sergeant mit einem Gesicht, das aussah wie verwitterter brauner Backstein.
»Ich weiß nicht, wie.«
Der Militärpolizist lud seinen Karabiner durch. »Mister, Sie haben fünf Sekunden, um das abzustellen, sonst sind Sie ein toter Mann.«
»Ich bin amerikanischer Geheimdienstoffizier«, brüllte ich zurück. »Es ist mein verdammter Job, deutsche Radiosender abzuhören.«
»Und mein Job ist es, den Arsch des Präsidenten vor deutschen Attentätern zu schützen«, sagte der Sergeant. »Also stellen Sie das verdammte Radio ab.«
Ich drehte mich zum Gerät. Mir wurde plötzlich klar, in welch höchst realer Gefahr ich schwebte. »Freundliches Feuer«
nannten sie es, wenn einen die eigene Seite tötete. Was die Sache vermutlich kein bisschen angenehmer machte. Ich wollte gerade einen anderen Schalter an dem deutschen Gerät ausprobieren, als der MP blaffte: »Und versuchen Sie ja nicht, irgendjemandem ein Signal zu geben.«
Ich schüttelte den Kopf und trat, ohne zu überlegen, von dem Empfänger zurück, die Hände noch immer erhoben. Ich habe für 289
dieses feige Verhalten keine Erklärung, außer, dass es mich eben manchmal ein bisschen nervös macht, wenn ein tumber, schießwütiger Hinterwäldler ein geladenes Gewehr auf mich richtet. Ich hatte direkt in das metallene Loch am vorderen Ende des Gewehrs gesehen. Es sah aus wie der Washington-Street-Autotunnel.
»Stellen Sie’s doch ab«, rief ich. »Das ist nicht mein Empfänger, und ich weiß nicht, wie das geht.«
Der MP-Sergeant spuckte auf den festgestampften Lehmboden, trat einen Schritt vor und feuerte zweimal auf den Empfänger. Die deutschen Stimmen erstarben für immer.
»Warum bin ich da nicht draufgekommen?«, sagte ich. »Das Radio zu erschießen! Warten Sie, ich besorge Ihnen eine deutsche Zeitung, dann können sie die auch erschießen.«
»Sie stehen unter Arrest, Mister«, sagte der MP, packte mein Handgelenk und legte mir höchst unsanft Handschellen an.
»Bringen Sie euch Jungs eigentlich bei, im Stehen zu denken?«, fragte ich.
Die beiden MPs schleppten mich aus der Funkhütte und zu einer Gruppe von Jeeps, die jetzt in der Mitte des Stützpunkts parkte. In der Ferne inspizierte der von weiteren MPs umringte Präsident, der offenbar nichts von dem Geschehen mitbekommen hatte, gerade Roosevelts Aufklärungsstaffel. Als wir jedoch bei den ersten Jeeps anlangten, sah ich die Agenten Rauff und Pawlikowski ihre Zigaretten wegwerfen und auf uns zukommen.
»Sagen Sie den beiden Clowns hier, sie sollen mich von den Handschellen befreien«, forderte ich sie auf.
»Wir haben diesen Mann dabei erwischt, wie er ein deutsches Funkgerät benutzte«, sagte der MP, der die beiden Schüsse abgegeben hatte.
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»Er stellt es so hin, als hätte ich Hitler die Telefonnummer des Präsidenten gegeben.«
»Vielleicht haben Sie das ja«, höhnte der Sergeant.
»Ich habe eine deutsche Nachrichtensendung abgehört. Auf einem Kurzwellenempfänger. Ich habe nichts gesendet. Das ist der Job eines OSS-Offiziers.«
»Zeigen Sie’s uns«, sagte Rauff zu dem MP-Sergeant. Noch immer in Handschellen, wurde ich wieder in die Funkhütte bugsiert.
»Das ist ein deutsches Gerät«, sagte Rauff, als er die Geräte inspizierte. »Kinderspiel, damit eine Botschaft nach Berlin zu funken.«
»Jetzt nicht mehr«, sagte ich. »Nicht, seit unser Davy Crockett hier dem Ding ein paar Kugeln verpasst hat. Hören Sie, Rauff, hier ist irgendwo ein Funker namens Miller. Und ein Lieutenant namens Spitz. Ich nehme an, sie sind auf der anderen Seite des Flugfelds, um einen Blick auf den Präsidenten zu werfen. Die werden Ihnen sagen, dass die Deutschen diese Geräte hier zurückgelassen haben, als sie abgezogen sind. Und wie ich diesen beiden Herrn eben schon zu erklären versucht habe, besteht eine
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