Der Pakt
meiner Aufgaben darin, deutsche Radiosender abzuhören. Das gehört nun mal zur Geheimdienstarbeit, das dürfte doch selbst dem Secret Service bekannt sein.«
»Oh, ja«, sagte Rauff. »Wir sind ja nicht dumm. Und weil wir nicht dumm sind, finde ich es schon einen seltsamen Zufall, dass gerade Sie derjenige waren, der behauptet hat, von der Iowa würde ein deutscher Spion Funkbotschaften senden.«
»Hey, das stimmt«, sagte Pawlikowski und zündete sich eine Kool an. »Das war er. Vielleicht war das ja ein raffinierter Versuch zu vertuschen, dass er selbst dieser deutsche Spion ist.
So eine Art doppelter Bluff.«
Rauff, dem diese Theorie offenbar ungeheuer gefiel, sagte:
»Und vergessen wir nicht diesen Schmidt. Der war doch auf der 291
Iowa mit Ihnen in der Kabine, oder? Vielleicht ist er ja dahinter gekommen, dass Sie ein deutscher Spion sind, und wollte es uns gerade sagen. Nur dass Sie ihn vorher umgebracht haben.«
»Hören Sie zu«, sagte ich. »Laut den deutschen Nachrichten, die ich gerade gehört habe, wissen die Deutschen alles über diese Kairoer Konferenz. Und in meinen Ohren klang es so, als wüssten sie auch ziemlich viel über die Konferenz, die als Nächste ansteht. Also, wenn ich Luftwaffenkommandeur in Norditalien wäre und fünfzig Junkers 88 zur Verfügung hätte, würde ich jetzt bereits einen Luftangriff auf das Mena House in Kairo planen. Ja, ganz recht. Das Mena House. Die Deutschen wissen sogar, dass die Konferenz dort stattfinden soll. Unter diesen Umständen will ich doch meinen, dass selbst das elementarste Maß an Vorsicht die Wahl einer anderen Örtlichkeit verlangt. Wollen Sie nicht zu Hopkins gehen und ihm das mitteilen? Dann werden wir ja sehen, was er dazu sagt.«
Rauff durchsuchte mich und fand meine Automatik. »Sieh mal an, der Professor versteckt hier ein Schießeisen.«
»Das ist Standard für OSS-Offiziere. Das müssten Sie doch wohl wissen.«
»Ich würde sagen, Sie haben uns einiges zu erklären, Professor«, sagte Rauff. »Und ich meine nicht den Sinn des Lebens.«
»Den Sinn des Lebens? Tss, tss, Agent Rauff. Sie haben schon wieder ein Buch gelesen.«
292
SAMSTAG, 20. NOVEMBER
SONNTAG, 21. NOVEMBER 1943
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TUNIS – KAIRO
SCHLIESSLICH WAR ES MIKE REILLY, der Chef des Präsidentenschutzes, der befand, dass ich die Wahrheit sagte. Es kostete ihn allerdings reichlich Stirnrunzeln und ein paar Fingernägel, zu dem Schluss zu gelangen, dass ich, wenn ich wirklich ein deutscher Agent wäre, an Bord der Iowa und in Roosevelts Arbeitszimmer im Weißen Haus bereits ungezählte Gelegenheiten gehabt hätte, den Präsidenten zu erschießen.
Allmählich begriff ich, warum das amerikanische Wirtschaftsministerium wollte, dass dieser Dienst geheim blieb.
Es wäre fatal gewesen, wenn die Deutschen gewusst hätten, dass die Sicherheit des Präsidenten von Hohlköpfen wie Rauff und Pawlikowski abhing.
»Tut mir Leid, Prof«, sagte Reilly, als seine beiden Männer gegangen waren. »Aber sie werden dafür bezahlt, übereifrig zu sein.«
»Verstehe. Ich auch.«
Es war Samstagabend, und wir hatten uns im prächtigen Speisezimmer in La Marsa getroffen. Sobald Rauff und Pawlikowski gegangen waren, rief Reilly den Vereinigten Generalstab hinzu und berichtete den Generälen, was ich auf dem Reichssender Berlin gehört hatte.
»Gibt es dafür eine Bestätigung?«, fragte Admiral Leahy, der Roosevelts persönlicher Vertreter im Generalstab war.
»Ja, Sir«, sagte Reilly. »Ich war so frei, Funkkontakt mit der amerikanischen Gesandtschaft in Kairo aufzunehmen. Dort sagte man mir, sie wüssten zwar nicht, was im deutschen 293
Rundfunk gemeldet werde, aber die bevorstehende Ankunft des Präsidenten in Kairo sei ein offenes Geheimnis. Es würde sie sehr wundern, wenn die Deutschen nichts davon wüssten.«
»Und was sagen die Briten?«, fragte General Marshall. »Das ist doch hier ihre so genannte Einflusssphäre.«
»Sie sagen, dass sie zum Schutz des Präsidenten und Mr. Churchills in Kairo acht Jägerstaffeln zusammengezogen haben«, erklärte Reilly. »Und dass dort am Boden über hundert Flugabwehrgeschütze stehen, von den drei Infanteriebataillonen ganz abgesehen.«
»Und Churchill? Was sagt der?«, fragte Admiral King.
»Mr. Churchill befindet sich noch auf der Anreise von Malta, an Bord der HMS Renown « , sagte Reilly. »Er wird nicht vor morgen in Alexandria eintreffen.«
»Und Eisenhower?«
»General Eisenhower ist bewusst,
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