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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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meinen Gepäckstücken, einschließlich Donovans Koffer. Ich öffnete Läden und Fenster, trat auf den Balkon hinaus und blickte über die Dächer und auf die Straße hinab. Kein Zweifel, Donovan hatte sich Mühe gegeben. Ich selbst hätte keine bessere Wahl treffen können.
    Ich schob Dianas Brief so lange wie möglich vor mir her, wie man es eben macht, wenn man fürchtet, mit der Wahrheit 299

    konfrontiert zu werden. Ich rauchte sogar noch eine Zigarette, während ich ihn aus sicherer Entfernung betrachtete. Dann las ich ihn. Mehrmals. Und da war eine Passage, die ich besonders aufmerksam studierte.

    Du sagst, dass es ungerecht von mir war, einfach zu gehen und dir während dieser letzten Tage auszuweichen. Ich fürchte, ich war und bin immer noch sehr wütend auf dich, Willard. Die Person, mit der ich den Abend, an dem ich angeblich im Kino war, verbracht hatte, war eine alte Freundin von mir, Barbara Charisse. Du kennst sie nicht, glaube ich, aber sie kennt dich vom Hörensagen und war kurz zuvor in London gewesen. Sie ist auch eine alte Freundin von Lord Victor Rothschild, den du ja wohl ebenfalls kennst. Offenbar war sie dort auf einer Party und hatte von irgendeinem Schwulen erfahren, dass du in London mit einer gewissen Rosamond Lehmann zu schlafen pflegtest.
    Normalerweise würde mich das ja nicht stören, aber es hat mich geärgert, weil du mich wegen des Films so verhört und mir suggeriert hast, dass du der Edle von uns beiden seist, weil du nicht weiter nachfragst. Und da dachte ich, scher dich doch zum Teufel, Mister. Scher dich zum Teufel, wenn du mir das Gefühl geben willst, ich hätte dich betrogen. Und da du danach fragst, muss ich sagen, dass ich meine Meinung seither nicht wirklich geändert habe. Und ich muss auch sagen, es ist unwahrscheinlich, dass ich sie jemals ändern werde. Scher dich zum Teufel, Willard.

    Ich faltete Dianas Brief zusammen und steckte ihn in meine Brusttasche, direkt über das schmerzende Loch, wo mein Herz gewesen war. Um kurz vor drei ging ich in die Lobby hinunter.
    Draußen auf der Hotelterrasse spielte jemand miserabel Klavier, und die Lobby schwirrte von Gesprächen, die meisten auf Englisch. Ich ging in die Long Bar, zu der Frauen keinen Zutritt hatten, und sah mich um, während eine Gruppe angetrunkener 300

    britischer Offiziere laut in die Hände klatschte und arabische Wörter brüllte, in der irrigen Annahme, damit einen Kellner herbeibeordern zu können.
    Ich entdeckte Donovan sofort. Er saß mit dem Rücken zu einer Säule und schwitzte in dem weißen Tropenanzug, der eine Nummer zu klein für seine Ex-Footballspielerstatur war.
    Während ich auf die silberhaarige Gestalt zuging, ließ ich noch einmal sämtliche Vorurteile Revue passieren, die ich gegen diesen sechzigjährigen Hoover-Republikaner, millionenschwe-ren Anwalt und irisch-katholischen, hoch dekorierten Kriegshelden hegte. Sicher wusste ich nur, dass er Washington im Juli verlassen und sich seither im Ausland aufgehalten hatte, zuerst auf Besuch bei seinem Sohn – einem Lieutenant, der als Adjutant von Admiral Hall in Algier eingesetzt war –, dann in Sizilien, dann in Quebec und jetzt, seit Oktober, überwiegend in Kairo, von wo aus er einen Anti-Nazi-Aufstand in Ungarn und auf dem Balkan zu initiieren versuchte.
    »Guten Tag, General.« Noch während ich Donovans kräftige Hand schüttelte und mich setzte, hatte er bereits Kontakt mit dem Kellner aufgenommen, seine Zigarette ausgedrückt und auf seine goldene Taschenuhr geblickt.
    »Ich mag pünktliche Menschen«, sagte Donovan. »Die trifft man in diesem Land weiß Gott selten. Wie war die Reise? Und wie geht es dem Präsidenten?«
    Ich erzählte ihm von dem Vorfall mit der Willie D. und von meinem Argwohn, was Ted Schmidts plötzliches Verschwinden und den Tod seiner Frau in Washington betraf. »Ich bin der Meinung, dass da ein deutscher Spion an Bord der Iowa war«, sagte ich.
    »Und dass er, nachdem er Schmidt umgebracht hatte, über Funk jemanden in Washington beauftragt hat, Schmidts Frau ebenfalls zu töten. Ich glaube, jemand wollte sicherstellen, dass die Ermittlungen im Mordfall Cole so schnell wie möglich 301

    eingestellt werden, und der Welles-Skandal hat das erleichtert.
    Meiner Meinung nach war Cole einem deutschen Spion auf der Spur. Vielleicht ja dem deutschen Spion, der an Bord der Iowa war.«
    »Klingt nicht abwegig.«
    »Ich habe Ridgeway Poole gebeten, dem Campus über Funk zu sagen, sie sollen Näheres über Mrs.

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