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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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erahnen, worauf sein rudimentärer Denkprozess hinauslief.
    »Meine Freundin ist tot, Inspektor. Und Ihre Gedanken dazu interessieren mich im Moment herzlich wenig.«
    »Ich glaube, irgendwann in der Nacht, als Sie mit Prinzessin Pontiatowska im Bett lagen, kam es zu einem Streit. Einem Liebesdrama. Deshalb haben Sie sie irgendwann heute Morgen erschossen.«
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    »Geht es nicht noch ein bisschen komplizierter?« Ich schüttelte den Kopf. »Sie haben zu viele Romane gelesen.«
    »Kompliziert ist nur Ihre Version. Es war ganz simpel. Diese ganze Geschichte von dem deutschen Funkgerät ist doch völliger Quatsch. Genau wie die Geschichte von dem Mordanschlag auf die Großen Drei.«
    Luger trat, dicht gefolgt von Sergeant Cash, immer näher an mich heran, bis ich das Tabak- und Kaffeearoma seines Atems roch.
    »Schlimm genug, dass Sie eine Frau kaltblütig erschießen«, sagte Luger. »Aber was mich wirklich auf die Palme bringt, ist, dass Sie uns beide für komplette Trottel halten.« Luger brüllte jetzt. »Deutsche Spione? Mordanschläge auf die Großen Drei?
    Als Nächstes erzählen Sie uns noch, im Keller versteckt sich Hitler persönlich.«
    »Den habe ich nicht gesehen, als ich heute Morgen dort unten war.«
    »Warum sagen Sie uns nicht einfach die Wahrheit?«, fragte Cash ruhig.
    »Ich kann Yanks nicht ausstehen«, sagte Luger.
    »Zum ersten Mal, seit Sie Ihre große Klappe aufgemacht haben, sagen Sie etwas Wahres. Hier geht es um etwas Persönliches.«
    »Ihr Amerikaner seid auf den letzten Drücker in diesen Krieg eingetreten, genau wie in den letzten. Und wenn ihr euch endlich bequemt, irgendwo aufzutauchen, dann meint ihr, ihr könnt uns alle wie arme Verwandte behandeln. Uns herumkommandieren, als hättet ihr diesen verfluchten Krieg für euch gepachtet.«
    »Da wir ihn bezahlen, haben wir ja wohl auch ein gewisses Mitspracherecht.«
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    »Erzählen Sie uns doch einfach, was wirklich passiert ist«, säuselte Cash.
    »Sie tischen uns da einen gottverdammten Sack voller Lügen auf«, blaffte Luger und packte mich am Revers. »Sie sind ein mieser Lügner, Mann. Genau wie all Ihre Landsleute.«
    Cash fasste Luger am Arm und versuchte, ihn von mir zu trennen. »Lassen Sie’s gut sein«, sagte er. »Das lohnt sich nicht.«
    »Ich kriege dieses Schwein«, fauchte Luger und packte meine Kragenaufschläge noch fester. »Ich mache ihn fertig, wenn er nicht endlich mit der Wahrheit rausrückt.«
    »Hübsche kleine Nummer, Jungs«, sagte ich, während ich Lugers Handgelenke umfasste und von meinem Jackett losschraubte.
    »Wirklich schade, dass ich sie schon anderweitig gesehen habe. Und besser.«
    »Die Wahrheit«, schrie Luger und boxte mich roh in die Rippen.
    Ich schlug zurück, und meine Faust streifte Lugers Kinn. Cash trat dazwischen und schaffte es mit Mühe, uns auseinander zu halten. Luger sah Cash unwirsch an und knurrte: »Schaffen Sie ihn mir aus den Augen.«
    Sie brachten mich wieder in die Zitadelle und sperrten mich in eine heiße, stinkende Zelle. Ich setzte mich auf die Holzpritsche und starrte in den Toiletteneimer. Er war leer, der Ort, auf den mein Leben jetzt zusteuerte.
    Gegen Abend hörte ich den Muezzin die Gläubigen zum Gebet rufen. Seine kräftige, sonore Stimme drang durch die stickige Luft der Zitadelle. Es war irgendwie tröstlich.
    Kurz nachdem der Muezzin verstummt war, ging die Zellentür auf, und ich wurde herausbeordert. Ein uniformierter Polizist führte mich nach oben in einen großen Raum, wo Donovan, 433

    Reilly und Agent Rauff um einen Tisch herum saßen. Vor ihnen lag die Klartextnachricht, die ich Inspektor Luger gegeben hatte.
    Ich schwieg. Ich hatte keine Lust mehr, freiwillig irgendetwas von mir zu geben.
    »Wie es scheint, wollen die Briten Sie des Mordes an Ihrer Freundin anklagen«, sagte Donovan.
    Ich goss mir aus dem Krug, der auf dem Tisch stand, ein Glas Wasser ein.
    »Was ist? Haben Sie sie getötet?«
    »Nein. Das war jemand anders. Jemand, der vertuschen wollte, dass sie eine deutsche Spionin war.« Ich deutete mit einer Kinnbewegung auf den Tisch. »Das da habe ich im Funkraum gefunden.«
    »Meinen Sie den Funkraum ohne Funkgerät?«, fragte Agent Rauff.
    »Ja. Ich vermute, derjenige, der das Gerät weggeschafft hat, hatte Angst, jemand wie Sie könnte es erschießen.«
    »Dieser deutsche Agent, von dem Sie behaupten, er habe sie umgebracht«, sagte Rauff.
    »Ja. Sie müssen wissen, mitten in einem Krieg mit Deutschland sind deutsche Agenten gar nicht so

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