Der Pakt
Mann.
»Ich versuche hier, eine philosophische Frage zu stellen«, insistierte der erste Mann.
»Ein Philosoph kann Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen«, erklärte ich ihm. »Er kann Ihnen nur erklären, welche Probleme und Werte da im Spiel sind. Aber letztlich müssen Sie selbst entscheiden, was richtig ist. Entscheidungsfragen wie die, die Sie da beschreiben, können schwierig sein.«
»Dann, bei allem Respekt, Sir«, sagte der Agent, »klingt es nicht gerade so, als ob die Philosophie irgendwem irgendwas nützen würde.«
»Ich kann Ihnen keine Absolution erteilen. Wenn Sie das wollen, müssen Sie zu einem Priester gehen. Aber ich kann Ihnen sagen, wenn ich derjenige wäre, der die Möglichkeit hätte, Hitler mit dem Messer oder mit bloßen Händen zu töten, Teufel noch mal, ich würde es tun.«
Ich hatte es fast geschafft, mich selbst zu überzeugen. Aber nicht sie. Und weil ich merkte, dass sie immer noch skeptisch waren, wechselte ich das Thema und fragte sie nach ihren Namen. Der, der mich gefragt hatte, was Philosophie sei, übernahm die Vorstellung. Blond, blauäugig und mit einer kleinen Narbe auf der Wange, sah er aus wie ein deutscher Ex-Korpsstudent.
»Der Mann mit der Pfeife ist Jim Qualter. Ich heiße John Pawlikowski. Und der Lange da ist Wally Rauff.«
Der letzte Name ließ mich aufhorchen. Walter Rauff war der Name des Gestapochefs in Mailand. Aber der Agent sah so nicht aus, als würde er es mir danken, wenn ich es ihm sagte.
230
Noch am selben Abend wurde ich in die Kapitänskabine eingeladen, zum Rommé mit Hopkins, General Arnold und dem Präsidenten. Vor der Kabine saß Agent Rauff auf einem Stuhl und las Kurt Kruegers Buch über seine Jahre als Hitlers Arzt.
Bei meinem Erscheinen blickte er auf, streckte wortlos die Hand aus und öffnete die Tür.
Der Kapitän der Iowa, John L. McCrea, war FDRs ehemaliger Marineadjutant und ein guter Freund von ihm. Er hatte dem Präsidenten seine eigene Kabine überlassen. Für den Mann im Rollstuhl waren einige Umbauten vorgenommen worden. So gab es jetzt einen Aufzug, damit FDR problemlos von Deck zu Deck gelangen konnte. Über die Kabelstränge und andere Hindernisse an Deck waren Rampen gelegt. Man hatte das Bad neu eingerichtet und den Spiegel tiefer gehängt, damit sich der Präsident im Rollstuhl rasieren konnte.
Roosevelts Kammerdiener, Arthur Prettyman, hatte eine ganze Reihe Dinge mitgebracht, die McCreas geräumige, aber spartanische Kabine in einen Ort verwandeln sollten, wo sich der Präsident wie zu Hause fühlte. Dazu gehörten FDRs Lieblingsruhesessel und etwas Geschirr und Tafelsilber aus dem Weißen Haus. Später erzählte mir Hopkins, Prettyman habe auch die Hochsee-Angelausrüstung des Präsidenten mitgebracht und mehrere Walt-Disney-Filme, darunter Schneewittchen und die sieben Zwerge und Pinocchio, den der Präsident am liebsten sah.
Ein richtiger Spieltisch war aufgestellt worden, und der Präsident, in alten Hosen, einem dicken Anglerhemd und einer Jagdweste, in der Zigaretten und die von ihm bevorzugten langstieligen Streichhölzer steckten, war bereits mit dem Mischen beschäftigt.
»Kommen Sie rein, Professor, und nehmen Sie Platz«, sagte er.
231
»Arthur?« FDR drehte sich zu seinem schwarzen Diener.
»Würden Sie Professor Mayer bitte einen Martini bringen?«
Prettyman nickte stumm und zog sich in den rückwärtigen Teil der Kabine zurück, um meinen Cocktail zuzubereiten. Ich hoffte nur, dass er ihn nicht nach dem Rezept des Präsidenten mixte.
»Haben Sie etwas Geld dabei, um es los zu werden?«, fragte der Präsident. »Wir spielen um zehn Cent pro Punkt. Und ich habe das Gefühl, dass heute mein Glückstag ist.«
Ich hielt es für besser, nicht zu erwähnen, dass ich in Harvard Karten zählen gelernt hatte. Ich hatte mal einen kleinen Aufsatz über die Wahrscheinlichkeitstheorie als Verallgemeinerung der aristotelischen Logik geschrieben. Ich fragte mich, wie das Protokoll für Kartenspiele mit dem Präsidenten lautete. Durfte man ihm Geld abknöpfen?
»Harry kennen Sie ja schon«, sagte FDR. »Das ist General Arnold.«
Ich nickte dem Chef der amerikanischen Luftstreitkräfte zu, einem ziemlich breiten, verschmitzt aussehenden Mann, der trotz seiner Körpermasse nicht viel gesünder wirkte als Hopkins: Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, und seine Gesichtsfarbe verhieß nichts Gutes.
»Wie ist Ihr Quartier?«, fragte Arnold höflich.
»Gut, Sir. Danke.«
»Hap hasst die See –
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