Der Problemmann (German Edition)
wie sie es sich erhofft hatte.
„Hast du ihm hinterher telefoniert?“, wollte Tina wissen, „ich kann mir nicht vorstellen, dass Christian einfach so verschwindet. Das ist überhaupt nicht seine Art. Da mache ich mir mehr Sorgen als du.“
„Glaubt mir doch endlich, er hat mich verlassen.“
Die Tränen, die Marion nun verließen, hätte sie nicht vortäuschen können, tief in ihrem Inneren sprudelte ihre Verzweiflung aus ihr heraus. War es zuvor Vorspielung falscher Emotionen, so beutelte es Marion regelrecht. Sie fing an zu zittern und schluchzte laut. Warum glaubten ihre Freundinnen nicht? Sie war doch die jenige, die betrogen und hintergangen wurde. So sehr hatte sie sich auf diesen Moment gefreut, es sollte der erhabene Augenblick werden, in dem sich Tina und Katja hätten entschuldigen sollen.
„Ist ja schon gut“, sagte Katja, trotzdem noch immer abweisend.
„Wir glauben dir ja. Christian hat dich also wirklich verlassen?“, Tina versuchte die Situation nicht eskalieren zu lassen, denn sie sah in Katjas Augen, dass sie nicht gewillt war Marion zu glauben.
Marion nickte stumm mit dem Kopf. Was sollte sie noch tun, um zu beweisen, dass sie immer schon im Recht gewesen war?
„Also, das hätte ich ihm wirklich nie zugetraut. Unglaublich ist das. Und er ist bei seiner Freundin?“
Wieder nickte Marion.
„Woher willst du das wissen?“, Katja war uneinsichtig.
„Wo soll er denn sonst sein?“, versuchte Marion trotz ihrer Emotionen hervorzubringen, die ihr einen festen Kloß im Hals hinterlassen hatten.
„Da hast du auch wieder Recht“, musste Katja zugeben und sich eingestehen, dass am Ende jede Ehe früher oder später dem Scheitern verurteilt zu sein schien. Ihre eigene hing am seidenen Faden. Die Therapie hatte nichts hinterlassen, als noch mehr Misstrauen und Streit, den sich Katja und ihr Mann regelmäßig geliefert hatten. Wieso also sollte es nicht bei allen anderen ebenso enden wie bei ihr?
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Am nächsten Tag saß Marion in ihrem Büro und überlegte, wie sie weiter mit ihren Freundinnen umgehen sollte. Am Ende hatten sich zwar alle wieder beruhigt, dennoch blieb ein bitterer Beigeschmack. Marion war enttäuscht über die Reaktionen und konnte ihnen nicht verzeihen, dass sie ihr den Moment des Triumphs zerstört hatten. Und wieder kam sie darauf, dass an allem nur einer Schuld trug. Christian schaffte es ihr alles zu zerstören. Warum hatte sie sich jemals mit ihm eingelassen? Warum hatte sie nicht gesehen, dass er sie unglücklich machen würde? So ein Mann, der so gut aussah, hätte ihr eine Warnung sein sollen. Der konnte unmöglich treu sein. Sie hatte sich von ihm einwickeln lassen. Das würde ihr nie wieder passieren. Zu allem Übel hatte sie ihm ihre besten Jahre geschenkt, in denen er unfähig war sie zu schwängern. Zu nichts war er zu gebrauchen. Und nun war sie über 30. Wie sollte sie jetzt noch einen Mann finden, der mit ihr eine Familie gründe würde? Zudem ihr der Makel einer Scheidung anhaften würde. Keiner würde sie unter diesen Umständen nehmen wollen.
Das Klingeln an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Wer konnte es jetzt wagen sie zu stören? Sicher nur wieder einer von diesen unangenehmen Arbeitssuchenden Handwerkern, mit denen sie sich herumschlagen musste. Einen Termin hatte sie sich für diesen Nachmittag nicht eingetragen. Unmöglich fand sie so ein Verhalten. Wer kam bitteschön unangemeldet vorbei? Dem würde sie gleich etwas erzählen und ihm klar machen, dass man auf diese Weise schon gar keine Arbeit finden würde und bei ihr bräuchte diese Person sich zukünftig überhaupt nicht mehr blicken zu lassen. Wer nicht einmal die simpelsten Umgangsformen beherrschte, der sollte sofort aus ihrem Gesichtsfeld verschwinden. Auf dem Weg zur Tür steigerte sie sich in diese Gedanken so sehr hinein, dass sie glaubte überzuschäumen vor Wut. Wieder klingelte es. Mit so einer ungeduldigen Art würde dieser Mensch keine Freude mit ihr haben. Voller Wucht riss sie die Tür auf.
Vor ihr stand ein Mann, denn das fürchterlich zu erschrecken schien und er einen Schritt zurück trat. Bevor er sich entschuldigen konnte, wofür auch immer, denn er war sich keiner Schuld bewusst, merkte aber trotzdem, dass es besser gewesen wäre dies zu tun, sah Marion an und fing an zu lächeln. Marion wiederum stand wie angewurzelt an der Tür, die Klinke noch in der Hand, den Mund leicht geöffnet, da sie den Eindringling gerade mit Schimpfworten überhäufen wollte.
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