Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
die übliche Versammlung der üblichen Verdächtigen. »Kommt Sonia auch?« – »Nein.« Er sah mir direkt in die Augen. »Ich habe sie nicht eingeladen. Stört dich das?« Ich habe noch nicht einmal geantwortet, schließlich hatte er uns bei Sonias Party streiten sehen. »Und wer kommt noch?« – »Du kennst sie alle.« Er zählte sie auf. »Ich weiß noch nicht, ich denk drüber nach.« – »Bist du mit diesem Typen zusammen?« Er klang gereizt. »Mit welchem Typen?«, habe ich gespielt ahnungslos zurückgefragt. »Na komm schon, du weißt genau, wen ich meine.« Er starrte auf die Sporttasche zwischen seinen Füßen, dann blickte er auf und sah mich mit seinen märchenhaft grünen Augen an. »Wieso willst du, dass ich zu deiner Party komme?« – »Weil es eine gute Gelegenheit wäre,ein bisschen zusammen zu sein und einander besser kennenzulernen«, hat er ganz ruhig und ohne wegzusehen geantwortet. »Wenn du morgen nichts vorhast, könnten wir doch was zusammen machen? Pizza, Kino, wozu du Lust hast. Du wirst sehen, ich bin ein nettes Arschloch, und du hast einen Freund mehr.« Er hat der Tasche einen kleinen Tritt versetzt und mir ein offenes, aufrichtiges, wunderschönes Lächeln geschenkt. Unmöglich, dabei cool zu bleiben. Fasziniert starrt man ihn an, weil man meint, gleich hinter das Geheimnis zu kommen: Sind es die Augen oder der hübsche Mund oder die sanften Locken, die ihm wirr in die Stirn fallen und seinen Blick unterstreichen? Keine Frage, die Natur hat es richtig gut mit ihm gemeint. Ich musste an Gabriele denken, und gerade als ich beschloss, es nicht zu tun, sagte ich ja. Vielleicht hat er recht, dachte ich, und ich stelle fest, dass ich einen Freund mehr habe. »Okay, einverstanden«, habe ich gesagt und alle warnenden Stimmen in meinem Kopf zum Schweigen gebracht. »Pizza oder Kino?« Er strahlte. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet. »Lass uns erst mal losgehen, dann sehen wir weiter.« – »Okay, ich hole dich um halb zehn ab.« Er griff nach seiner Tasche. »Okay, um halb zehn.« Als er auf sein Motorrad stieg, dachte ich: Noch kann ich ihn zurückhalten und absagen, doch stattdessen stand ich einfach nur da und sah zu, wie er davonfuhr.
    Natürlich habe ich auch ans Mouse gedacht, aber ich sagte mir, der Abend gilt nicht, wir hatten beide was getrunken, und auch wenn er sich wie ein Arschloch benommen hat, muss das nicht heißen, dass er wirklich eines ist. Das ist die Chance, ihn besser kennenzulernen, was weiß ich schon von ihm, abgesehen von dem bisschen, das alle wissen?
    Ich weiß, dass er bei seiner Mutter lebt. Eine schöne Frau,die die vierzig seit einer Weile gepackt hat und eine der teuersten Boutiquen der Stadt besitzt. Der Vater, ein hiesiger Kleinunternehmer, hat sie für eine dreißigjährige Sekretärin sitzenlassen, mit der er vor zwei Jahren ein Kind bekommen hat. Der Mutter ging es eine Weile schlecht, dann hat sie einen anderen getroffen, einen stinkreichen Architekten, den Giovanni nicht ausstehen kann. Die neue Lebensgefährtin seines Vaters kann er ebenfalls nicht ausstehen, man darf ihm also nicht mit seinen Eltern und vor allem nicht mit seinem neuen Bruder kommen. Giovanni baut zwar keinen Mist, macht aber nur das, wozu er Lust hat, und lernt gerade genug, um an das zu kommen, was er haben will: Die Freunde, das Motorrad, das Volleyballtraining, das heißeste Mädchen und Kohle, richtig viel Kohle. Erwischt man ihn in einem guten Moment, kann er sehr witzig sein, doch meistens wirkt er genervt und angespannt, wobei ihm der leicht mürrische Zug um den Mund gut steht. Als ich die Einladung annahm, jedenfalls, erschien er mir ehrlich erfreut und nicht wie an dem Abend im Mouse, wo er mir fast ein bisschen Angst gemacht hat.
    Mit einem Schulterzucken versuche ich den Gedanken an Gabriele zu verscheuchen, doch es hilft nicht, er will nicht verschwinden. Seit gestern hat er nichts mehr von sich hören lassen, aber ich habe keine Lust, ihn schon wieder anzurufen, um mich noch einen Nachmittag lang unerwünscht zu fühlen. Ich muss andere Leute sehen, sage ich mir, und tue den ganzen Tag nichts anderes, als auf mein Handy zu starren.

30. Dezember
    Um Punkt halb zehn steht er vor der Tür. Mit dem Roller fahren wir ins Zentrum und schlendern los, um irgendwo was zu trinken. Zum Glück sind nicht viele Leute unterwegs, wir ergattern zwei Plätze in der Bierbar und plaudern drauflos. Ich bin ehrlich überrascht, was er alles weiß, außerdem ist er ein echter

Weitere Kostenlose Bücher