Der Ring der Kraft - Covenant 06
stattgefunden hatte.
Pechnase blickte ihn an mit einem verzerrten Grinsen. »Wohlgewappnet bist du, Riesenfreund.« Jedes Wort drang mit einer Dunstwolke aus seinem Mund, als hätte sogar der Klang seiner Stimme zu gefrieren angefangen. »Auch das Eis selbst gewährt Schutz wider die Kälte.«
Aber Covenants Blick galt Linden. Ihr Gesicht wirkte zerrüttet, und ihre Lippen zitterten. »Das ist doch unmöglich«, sagte sie schwächlich. »So viele von ihnen kann es auf der ganzen Welt nicht geben.«
Niemand brauchte erst zu fragen, wen sie meinte. »Bist du deiner Sache sicher, Auserwählte?« fragte die Erste nach einem Moment des Schweigens in gedämpftem Tonfall.
Linden nickte. Reif zeichnete die Fältchen ihrer Augenwinkel nach. »Sie sind's, die diese Kälte bringen.«
Trotz des Lagerfeuers, das Nebelhorn anzündete, war Covenant zumute, als gefröre ihm das Herz im Leibe.
Von da an wurde das Wetter zu kalt, als daß es noch hätte schneien können. Einen Tag und eine Nacht lang hingen schwere, pralle Wolken in der Höhe, trübten den Himmel und die Horizonte. Die Schlitten holperten und schlingerten über den vereisten Untergrund dahin, als wäre er eine neue Form von Granit. Aber dann klärte sich der Himmel.
Die Erste und Pechnase führten die Gruppe nicht länger an. Statt dessen begleiteten sie sie, indem sie den Norden durchstreiften, um nach Arghuleh Ausschau zu halten. Am vergangenen Abend hatte die Erste vorgeschlagen, sich nach Süden zu wenden, um sich der Bedrohung zu entziehen. Aber das war von Covenant abgelehnt worden. Seine unzulänglichen Kenntnisse der Geographie des Landes verwiesen immerhin darauf, daß es den Gefährten wahrscheinlich nicht gelingen würde, falls sie die südliche Himmelsrichtung nahmen, die Sarangrave-Senke zu meiden. Also folgten die Gefährten weiter der allgemeinen Richtung nach Schwelgenstein; und die Erste und Pechnase spähten die Umgebung aus, so gut es sich machen ließ.
Kurz nach Mittag, während die Sonne fahl auf der schneeverkrusteten weißen Landschaft glänzte, die stille Luft sich durch die Schärfe einer Sense auszeichnete, gelangte die Gruppe in einen Landstrich, in dem dichtgesät schartige Schädel und geborstene Leiber von Felsgestein aus der überfrorenen Schneedecke ragten, ihre mit Weiß gekrönten Häupter und rauhen Seiten in weitem Umkreis emporreckten wie eine Ansammlung von Menhiren. Blankehans und Nebelhorn mußten einen gewundenen Weg durch die Anhäufung dieser Dolmen suchen, von denen manche nur so weit auseinanderstanden, wie die Spannweite der Arme eines Riesen betrug; und die Erste und Pechnase sahen sich dazu gezwungen, in der Nähe zu bleiben, damit sie die Schlitten nicht aus der Sicht verloren.
»Sie sind da«, murmelte immer wieder Linden, die angespannt wie zum Losschreien auf ihrem Gefährt saß. »Du lieber Gott. Sie sind da.«
Aber als der Angriff kam, geschah es ohne Vorwarnung. Lindens Sinneswahrnehmung war zu unverläßlich, überfordert durch die Intensität der eisigen Kälte und die große Zahl der Bedränger, und sie konnte in dem Ausmaß der allgemeinen Drohung besondere Gefahren nicht unterscheiden. Und Pechnase und die Erste beobachteten den Norden. Doch die Attacke erfolgte von Süden her. Die Gefährten waren in eine Region vorgedrungen, die die Arghuleh bereits besetzt hatten.
Blankehans und Nebelhorn strebten durch die Mitte eines unregelmäßigen Rings aus Steinen – Nebelhorn links neben dem Kapitän –, da erhoben sich plötzlich zwei scheinbare, flache Erhebungen auf die Beine. Die Mäuler der Eisbestien klackten gierig, während sie eine kurze Strecke weit näher stürmten, dann verharrten. Das eine Wesen verschleuderte augenblicklich ein Gespinst aus Eis, gezielt nach Nebelhorns Kopf; das andere Geschöpf wartete, um die Verfolgung aufzunehmen, sobald die Gefährten die Flucht zu ergreifen versuchten.
Covenants und Blankehans' Warnrufe erschollen gleichzeitig. Der Kapitän und Nebelhorn begannen zu rennen, erwiesen sich als unvorstellbar sicher auf den Füßen. Der Ruck warf Covenant auf dem Schlitten hintenüber. Er grabschte nach dem linken Geländer, um sich daran aufzurichten. Ein Antwortruf der Ersten hallte herüber, gefolgt von Echos; doch sie und Pechnase befanden sich hinter den Menhiren.
Da rammte Lindens Schlitten Covenants Gefährt. Die Wucht des Zusammenpralls bewirkte, daß Covenant beinahe kopfüber in den Schnee hinabfiel. Dank seiner plötzlichen Beschleunigung hatte Nebelhorn
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