Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
Vom Netzwerk:
finden, mehr als gering. Außerdem konnte er sich keine weiteren Zeitverzögerungen leisten. Ganz Okakarara wartete seit Monaten auf seine Waren. Auf der anderen Seite war es seine Christenpflicht, zu helfen. Kurz entschlossen kehrte er zu Jakob und den anderen zurück und holte sie in das Tal, um die Toten zu begraben. Er selbst hatte beschlossen, ein Stück weit der Spur zu folgen. Das war das mindeste, was er tun konnte. Er gab dem Damarra die notwendigen Anweisungen, deckte sich mit einem Wasservorrat ein und machte sich rasch und ohne Hoffnung auf den Weg. So wie es aussah, war der Überfall etwa zwei Tage her. Wenn es noch Überlebende gegeben hatte, dann standen ihre Chancen ohnehin mehr als schlecht. Mit dem sicheren Blick des Fährtenlesers verfolgte er die Spur, verlor sie ein-, zweimal, bis er sie endlich wiederfand. Anfangs war den Tritten die Hast anzusehen, später wurden die Schritte kürzer und schleifender. Eine Kuhle im Sand verriet ihm, dass die Person eine Pause eingelegt hatte, bevor sie weitergelaufen war, und dann offensichtlich die Orientierung verloren hatte. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass sie einen Kreis beschrieben hatten. Nach etwa zwei Stunden war er wieder an der Stelle angekommen, an der er schon einmal gewesen war. Doch von einem Menschen war weit und breit keine Spur. Es war zwecklos. Er wendete sein Pferd und machte sich auf den Rückweg. Da sah er in der Ferne eine Bewegung. Fritz zog
sein Fernglas heraus und sah nach. Zwei Hyänen umkreisten einen ausladenden Akazienbaum. Immer wieder nahmen die Tiere Anlauf und sprangen, um etwas Herunterhängendes im Geäst des Baumes zu erreichen. Ihre zu kurzen Hinterbeine hinderten sie allerdings an einem schnellen Erfolg. Fritz vermutete, dass ein Leopard seine Beute dort oben abgelegt hatte, wahrscheinlich jedoch nicht hoch genug, um für die Aasfresser uninteressant zu bleiben. Einen kurzen Moment war er versucht, auf die Hyänen zu schießen, unterließ es aber doch. Schließlich waren sie arglose Tiere, die nur nach ihren Instinkten handelten. Er wollte sich schon abwenden, als er am Fuße der Akazie etwas metallisch Glänzendes im Sonnenlicht aufblitzen sah. Plötzlich fiel ihm noch eine andere Erklärung für das Verhalten der Hyänen ein. Er trieb rasch sein Pferd an und hielt auf den Baum zu. Sobald die Aasfresser ihn bemerkten, zogen sie sich ein Stück zurück und gaben zähnefletschend drohende Laute von sich. Fritz hatte durchaus Respekt vor den Tieren. Es war immer damit zu rechnen, dass die Hyänen ihn angriffen. Aus eigener Erfahrung wusste er, dass sie mutig genug waren, es zur Not sogar mit Löwen aufzunehmen. Gier war ihr größter Antrieb. Das gewaltige Gebiss dieser Tiere konnte ohne Mühe sogar den Oberschenkel einer Giraffe mit einem Biss durchknacken. Um sie zu vertreiben, griff er jetzt doch nach seinem Gewehr, entsicherte es und zielte knapp über die Köpfe der Tiere hinweg. Das Pfeifen der Kugel und der Hall des Schusses machten Eindruck. Mit eingezogenem Schwanz und wütendem Keckern entfernten sich die Tiere. Fritz sprang von seinem Pferd und lief zu der Akazie. Von einem der Äste hing ein Stück Stoff herunter. Er gehörte zu einem grauen Wollrock. Gegen die Sonne blinzelte Fritz nach oben. Schemenhaft konnte er die Umrisse einer Frau erkennen. Sie klammerte sich in wilder Verzweiflung an den Ast. Die Augen hielt sie geschlossen.
    »Hören Sie mich?«, rief er hinauf.

    Keine Antwort. Erst beim vierten Ruf regte sich etwas.
    »Gottverdammter Mist! So tun Sie doch etwas!«, fluchte es schwach aus dem Geäst.
    »Warten Sie. Ich bin gleich bei Ihnen.« Er löste das Seil vom Knauf seines Sattels und kletterte damit nach oben. Es fiel ihm nicht leicht, weil sein verkrüppelter Arm ihn hinderte. Mit der ihm eigenen Zähigkeit schaffte er es dennoch. Er wand das Seil um die Hüfte der Frau und befestigte es an dem Ast, auf dem er saß.
    »Ich lasse Sie jetzt hinunter«, sagte er und half ihr beim Abstieg, indem er das Seil einmal um seinen Körper wand und sie mit seinem gesunden Arm Stück für Stück hinabließ. Unten auf dem Boden angelangt sackte die Frau sofort zusammen. Mit einem Satz sprang Fritz vom Baum. Für einen Augenblick verharrte er und betrachtete die leblose Gestalt. Für eine Frau war sie ungewöhnlich groß, dabei gertenschlank und selbst in ihrer Ohnmacht von einer bezaubernden Anmut. Ihr kupferrotes, wirres Haar verdeckte ihr Gesicht. Er kniete sich neben sie und drehte sie

Weitere Kostenlose Bücher