Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
Vom Netzwerk:
einer ausgiebigen
Reinigungsprozedur und einem einfachen Nachtmahl fielen die beiden Frauen in einen bleiernen Schlaf.
    Noch vor Morgengrauen wurden sie durch den durchdringenden Ton einer Trillerpfeife geweckt, um den letzten Teil der Reise anzutreten. Am Nachmittag des darauf folgenden Tages kamen sie endlich in Windhuk an. Der Himmel über der Verwaltungshauptstadt von Deutsch-Südwest wölbte sich in einem strahlenden Blau. Im Osten hoben sich die blauvioletten Onjati-Berge von der gelben Steppenlandschaft ab. Im Westen erstreckte sich das von trockenen Rivieren durchzogene Khomas-Hochland. Jetzt im Winter erschien alles wüst und staubtrocken. Doch im nahenden Frühjahr und mit den ersten Regenfällen würde sich die graugelbe Steppenlandschaft in saftiges, grünes Weideland verwandeln. Die trockenen Flussbette der Riviere füllten sich dann und schenkten dem Land für eine kurze Zeit Nahrung und Wasser. Für Mensch und Tier bedeutete dies eine Zeit des Überflusses, und doch gab es überall im Land Spannungen. Jella und Lisbeth hatten dies alles durch einen mitreisenden deutschen Kaufmann erfahren, der sich schon lange in Deutsch-Südwest aufhielt.
    Er hatte ihnen auch von den Schwierigkeiten berichtet, die das Zusammenleben der schwarzen Stämme mit den weißen Siedlern mit sich brachte. Die Stämme der Herero, Ovambo und Nama erhoben genauso Ansprüche auf das Land wie die weißen Siedler. Viele Siedler hatten sich mit den Stämmen arrangiert, aber als immer mehr Siedler ins Land kamen, begann die Zeit der Spekulation. Um an ein eigenes Stück Land zu kommen, boten die Siedler den Hereros an, Rinder oder billigen Alkohol gegen ihr Land zu tauschen. Zunächst war das besonders für die Herero-Kapitäne von großem Vorteil. Ihr Reichtum maß sich an der Zahl der Rinder, und der Alkohol bedeutete eine willkommene Abwechslung, wenn auch mit fatalen Folgen. Selbst der oberste Hereroanführer, Kapitän Samuel Maharero, unterhielt zu seinem eigenen Vorteil eine innige
Freundschaft mit dem obersten Schutztruppenkommandanten, General und Gouverneur Leutwein. Er verkaufte Landstück für Landstück an die deutschen Siedler, bis seine eigenen Leute nicht mehr genug Ländereien besaßen, um ihre immer größer werdenden Rinderherden zu ernähren. Den Hereros blieb nichts anderes übrig, als ihre Rinder wieder über das von ihnen verkaufte Land zu treiben. Sie scherten sich dabei wenig um die Empörung der weißen Landbesitzer, die ihr Weideland selber nutzen wollten. Es dauerte nicht lange, bis die Siedler ihre Farmen mit Waffengewalt und dichten Umzäunungen verteidigten. Die Unzufriedenheit wuchs besonders unter den Hereros, die sich betrogen fühlten. Hier und da hatten sich schon marodierende Banden zusammengefunden, die sich darauf spezialisiert hatten, weiße Siedler zu überfallen und auszurauben. Nur Samuel Maharero und seiner engen Freundschaft zu General Leutwein war es zu verdanken, dass noch kein organisierter Aufstand stattgefunden hatte. Jella und die anderen Reisenden konnten also froh sein, im Schutz der Eisenbahn und der begleitenden Soldaten sicher in Windhuk angekommen zu sein.
     
    Windhuk war im Vergleich zu Svakopmund eine lebhafte Stadt. Sie lag auf einem Hügel, der sich westwärts hochzog. Von der weißen Feste aus hatte man einen weitläufigen Blick auf das Khomashochland, die Auas- und die Erosberge, während sich ins Tal hinunter das Bekleidungsdepot für die Schutztruppen, die evangelische Missionskirche und das Garnisonslazarett hinzogen. Unten im Tal verlief schnurgerade die belebte Kaiser-Wilhelm-Straße, in der sich die Kolonialläden, die sogenannten Stores, und der Truppengarten befanden. Alle Siedler aus der näheren und weiteren Entfernung deckten sich in den Stores mit den lebensnotwendigen Dingen ein. Aber in den Kaufläden liefen auch alle Neuigkeiten aus dem ganzen Land zusammen. In einem dieser Läden erfuhr Jella, wo man ihr möglicherweise würde helfen können.

     
    In der Kommandantur, die auch für die Verwaltung zuständig war und deshalb den Spitznamen »Tintenpalast« trug, befanden sich alle Unterlagen, die sich mit den Belangen der weißen Siedler beschäftigten. Unter anderem waren hier die Namen aller Schutztruppensoldaten und Einwanderer der letzten Jahre aufgelistet. Außerdem gab es einen Kataster, in dem sämtliche Farmen, ihre Lagen und ihre Besitzer verzeichnet waren. Jella begab sich dorthin, um nach ihrem Vater zu forschen. Leider war die Liste mit den

Weitere Kostenlose Bücher