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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ich versuche das Biest aufzuhalten.«
    Becker schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Wir müssen das Ungeheuer ausschalten, Robert.«
    »Ausschalten? Haben Sie vergessen, was es mit Havilland gemacht hat?«
    »Nein. Keine Sekunde.« Becker versuchte sich in die Höhe zu stemmen und sank kraftlos wieder zurück. »Deswegen müssen wir es unschädlich machen. Was glauben Sie, was passiert, wenn dieses Monster frei in der Stadt herumläuft?«
    Ich dachte lieber nicht über die Antwort auf diese Frage nach, sondern konzentrierte mich wieder auf unseren unheimlichen Gegner.
    Die Mumie war stehengeblieben, als lauschte sie auf unsere Worte. Jetzt bewegte sie sich weiter, hob die Arme und trat langsam und drohend auf mich zu.
    Ich wartete bis zum letzten Moment. Das Ungeheuer war kaum mehr einen halben Meter von mir entfernt, und ich konnte bereits den modrigen, trockenen Geruch spüren, den es ausströmte. Seine Hände öffneten sich zu tödlichen Klauen und näherten sich meinem Hals.
    Der Knall der Magnum schien die Halle in ihren Grundfesten zu erschüttern, und der Rückschlag war so gewaltig, daß ich um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte.
    Glas klirrte, als das großkalibrige Geschoß den Mumienkörper durchschlug und splitternd in einen Schaukasten fuhr.
    Der Wikinger taumelte, brach in die Knie und beugte sich wie in einer grotesken Verbeugung nach vorne. In Brust-und Rückenteil seines Lederpanzers gähnten plötzlich zwei nahezu faustgroße Löcher. Aber die erhoffte Wirkung blieb auch diesmal aus. Langsam richtete sich der Untote wieder auf, hob in einer beinahe erstaunten Bewegung die Hand an die Brust und starrte mich an. Er machte einen tapsigen Schritt auf mich zu und wieder krümmte sich mein Finger um den Abzug.
    Aber ich schoß nicht. Ich hatte noch eine Kugel im Maga-zin, wenn ich richtig gezählt hatte. Aber der Dämon war immun gegen die Wirkung der Waffe, ganz egal, wie nahe ich ihn an mich heran ließ. Ich wußte plötzlich, daß ich mit einer Schiffskanone auf ihn hätte feuern können, ohne ihn ernsthaft zu verletzen, oder zu beschädigen, je nachdem. Ich würde nur Zeit verlieren, wenn ich die Magnum weiter benutzte.
    Allerdings hätte es um ein Haar keine Zeit mehr gegeben, die ich verlieren konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde war ich abgelenkt gewesen, und der Untote nutzte meine Unaufmerksamkeit blitzschnell aus. Er stürzte sich auf mich und schloß wie in einer tödlichen Umarmung die Arme um meinen Oberkörper. Ich bekam keine Luft mehr. Ich wollte schreien, aber ich brachte nur ein hilfloses Keuchen heraus. Der Griff des Giganten war wie die Umklammerung eines Schraubstocks. Seine Arme preßten mir mit gnadenloser Kraft die Luft aus den Lungen. Meine Rippen knackten hörbar. Ein grauenhafter Schmerz explodierte in meinem Rücken, als das Ungeheuer mich mit einer wütenden Bewegung von den Füßen riß und wie eine Puppe herumschleuder-te. Meine Finger öffneten sich; die Waffe fiel polternd zu Boden. Mir wurde schwarz vor den Augen.
    »Robert!« schrie Jake. Er sprang auf. Für eine endlose, quä-
    lende Sekunde stand er reglos da und starrte auf das schreckliche Bild, das sich ihm bot. Dann wirbelte er herum, rannte zurück zu dem Wikingerboot und riß verzweifelt an der Reling.
    Das uralte, steinhart gewordene Holz brach mit einem trok-kenen Knacken entzwei. Becker wirbelte herum, war mit einem Sprung wieder hinter dem Untoten und ließ seine improvisierte Keule mit aller Wucht auf seinen Schädel heruntersausen.
    Der Schlag war so heftig, daß selbst ich ihn noch spürte. Der Gigant wankte. Ein stöhnender, fast schmerzhaft klingender Laut kam über seine Lippen. Seine Arme öffneten sich.
    Ich fiel, rollte mich instinktiv ab und versuchte, aus der Reichweite des Riesen zu kriechen. Jakes Hieb hatte ihn angeschlagen, aber keineswegs ausgeschaltet. Er wankte, drehte sich schwerfällig zu dem neu aufgetauchten Gegner um und hob die Arme. Jake schwang seinen Knüppel und schlug erneut zu.
    Aber diesmal war der Wikinger vorgewarnt. Als Beckers Keule heruntersauste, hob er blitzschnell den Arm, wehrte den Hieb ab und griff gleichzeitig mit der anderen Hand nach dem Angreifer. Jake wich im letzten Moment zurück, aber die Finger der Mumie erwischten noch sein Hemd und rissen ein großes Stück Stoff heraus. Ein langer, blutiger Kratzer blieb auf seiner Haut zurück.
    Der Wikinger entriß ihm seine Keule, brach das Holzstück mit einer wütenden Bewegung entzwei, schleuderte

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