Der Sarg: Psychothriller
mir …«
»Sie behaupten, sie hat nicht abgelehnt?«, fuhr Menkhoff ihn an. »Dann stimmt es wahrscheinlich auch nicht, dass Sie sich anschließend noch mit Oliver Glöckner unterhalten und ihn eindringlich gebeten haben, er solle versuchen, seine Frau zu überreden. Das haben Sie wohl auch vergessen, oder was? Wie ist das, leiden Sie öfter unter partiellem Gedächtnisschwund? Dann kann ich allerdings verstehen, wenn Ihr Vater Sie nicht zu seinem Nachfolger machen möchte.«
Wiebking sah erst Menkhoff, dann Reithöfer ungläubig an. »Was? Ich soll Oliver Glöckner gebeten haben, Inge zu überreden? Aber das ist nicht wahr! Er war es, der mich angesprochen hat, als ich auf dem Weg nach draußen war. Er wollte wissen, worüber wir geredet haben. Ich weiß noch, dass ich mich wunderte, dass er
mich
das fragte und nicht seine Frau.«
»Aha, und? Haben Sie es ihm gesagt?«
»Ja, klar, warum denn nicht?«
»Gut, das werden wir noch klären. Bleibt immer noch die Frage, warum Sie uns nichts von dem Gespräch gesagt haben.«
Wiebking senkte den Kopf. »Es tut mir leid. Ich dachte … Ach, ich weiß gar nicht genau, was ich gedacht habe. Vielleicht hatte ich Angst, Sie bringen mich irgendwie mit dieser Geschichte in Verbindung, wenn Sie hören, weswegen ich bei Inge war.« Wiebking sah wieder zu Menkhoff auf, und sein Gesichtsausdruck heischte um Verständnis. »Es ging mir bei dieser Sache wirklich nur um das Wohl der Firma, das müssen Sie mir glauben.« Er machte eine Pause, und sowohl Menkhoff als auch Reithöfer ließen ihm Zeit, weil beide spürten, dass er noch nicht fertig war. »Ach, was soll’s«, sagte er schließlich leise. »Ich glaube, mein Vater begeht einen großen Fehler. Es stimmt, er wird mich wohl nicht als seinen Nachfolger vorschlagen.«
»Und jetzt mal ehrlich, Herr Wiebking, Sie kennen doch bestimmt den Grund dafür, oder?«, wollte Reithöfer wissen.
»Ja, ich kenne den Grund. Sehen Sie, es ist allerhöchste Zeit für Investitionen, der Betrieb muss dringend saniert werden, wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen. Wir brauchen neue, modernere Maschinen, die gesamte Organisationsstruktur muss modernen Gegebenheiten angepasst werden. Wir schleppen einen riesigen Verwaltungswasserkopf mit uns herum, und, und, und. Aber weder mein Vater noch Eva sehen das ein.«
»Haben Sie schon mit ihr darüber gesprochen?«
Er winkte ab. »Natürlich, ich solle das mit meinem Vater abstimmen, sie könne dazu nichts sagen. Tja, und mein Vater hat sich als seinen Nachfolger wohl jemanden ausgesucht, der genau so denkt wie er.«
»Und wer ist das?«
»Dr. Guido Löffler. Er hat sein Büro auf der anderen Seite des Flurs. Volkswirt, stockkonservativ und meinem Vater hörig.«
»Gut, Herr Wiebking.« Menkhoff erhob sich. »Übrigens – kennen Sie eine Mirjam Walther?«
Wiebking dachte einen Moment nach und schüttelte denn den Kopf. »Nein, wer ist das?«
»Sie wurde heute Morgen gefunden. In einem Sarg, wie Inge Glöckner.«
»Das ist ja schrecklich!«
»Ja, das ist es. Wo waren Sie übrigens letzte Nacht?«
Auch Wiebking stand nun auf und sah sichtlich fassungslos von Reithöfer zu Menkhoff. »Sie scheinen tatsächlich zu denken, ich hätte was damit zu tun, nicht wahr?«
»Ich denke, ich möchte wissen, wo Sie letzte Nacht waren.« Menkhoff sah Wiebking fest in die Augen, dann sagte Letzterer: »Also gut. Ich war bei Wiebke Pfeiffer.«
26
Eva wusste nicht, wie lange sie vor ihrem Schrank gestanden und die roten Buchstaben auf dem Spiegel angestarrt hatte. Irgendwann sank sie langsam auf die Knie und setzte sich auf die Fersen, ohne den Blick dabei von der Botschaft lösen zu können.
Jemand war in ihrem Schlafzimmer gewesen. Dieser Gedanke war so ungeheuerlich, dass sie am ganzen Körper zu zittern begann. Hatte derjenige ihr auch die Nachricht auf die Zeitung geschrieben?
Beim nächsten Mal wirst du vielleicht sterben.
Das würde bedeuten, dass der Sarg kein Traum war, und sie beim nächsten Mal vielleicht nicht mehr lebend herauskommen würde. Und dass derjenige, der sie dort einschloss, wahrscheinlich auch Inge umgebracht hatte.
Aber wenn es kein Traum gewesen war und sie tatsächlich in diesem Sarg gelegen hatte, wer konnte davon wissen außer demjenigen, der sie eingeschlossen hatte? Wiebke. Und nun auch Dr. Leienberg. Aber würde Wiebke ihr eine solche Nachricht schreiben? Warum sollte sie das tun? Sie war vollkommen überrascht gewesen, als sie die Botschaft auf der Zeitung
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