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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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werden. Trotzdem ließ er den Schnaps zunächst stehen, denn er war nur an Wein gewöhnt und trank kaum etwas Stärkeres.
    »Perrin«, sagte der Dorfvorsteher, als er sich neben seine Frau an den Tisch setzte, »kein Mensch hält dich für einen Schattenfreund. Keiner, der noch einen Funken Verstand hat. Es gibt keinen Grund für dich, dich einfach aufhängen zu lassen.« Faile nickte eindringlich und zustimmend, doch Perrin beachtete sie nicht. »Ich lasse mich nicht umstimmen, Meister al'Vere. Die Weißmäntel wollen mich haben, und wenn sie mich nicht bekommen, lassen sie das vielleicht am nächsten Aybara aus, den sie in die Finger bekommen. Die Weißmäntel sind nur zu schnell bereit, jemanden schuldig zu sprechen. Das sind keine angenehmen Menschen.« »Das wissen wir«, sagte Frau al'Vere leise.
    Ihr Mann blickte auf seine Hände hinunter, die auf dem Tisch lagen. »Perrin, deine Familie ist nicht mehr.« »Ist nicht mehr? Heißt das, sie haben den Hof bereits niedergebrannt?« Perrin verkrampfte seine Faust um den silbernen Becher. »Ich hoffte, ich käme noch rechtzeitig. Aber wahrscheinlich hätte ich es besser wissen müssen. Es ist zu viel Zeit vergangen, bevor ich von den Ereignissen hörte. Nun, vielleicht kann ich meinem Pa und Onkel Edward beim Wiederaufbau helfen. Bei wem wohnen sie jetzt? Ich will sie wenigstens zuerst einmal begrüßen.« Bran verzog das Gesicht, und seine Frau streichelte ihm beruhigend über die Schulter. Doch ihr Blick ruhte seltsamerweise weiter auf Perrin. In ihren Augen standen Trauer und Sympathie.
    »Sie sind tot, mein Junge«, sagte Bran atemlos.
    »Tot? Nein. Das kann nicht sein... « Perrin runzelte die Stirn, als seine Hand plötzlich feucht wurde, und blickte den zerdrückten Becher an, als frage er sich, wo der eigentlich herkäme. »Es tut mir leid. Ich wollte ihn nicht... « Er zog an dem zusammengedrückten Silberblech und versuchte, ihm mit seinen Fingern wieder die ursprüngliche Form zu verleihen. Das ging aber nicht. Natürlich nicht. Sorgfältig legte er den kaputten Becher auf den Tisch zurück. »Ich werde es ersetzen. Ich kann... « Er wischte sich die Hand am Wams ab, und plötzlich wurde ihm klar, daß er die an seinem Gürtel hängende Axt streichelte. Warum sahen ihn alle so eigenartig an? »Seid Ihr sicher?« Seine Stimme klang, als käme sie von weither. »Adora und Deselle? Paet? Meine Mutter?« »Alle«, sagte Bran. »Auch deine Tanten und Onkel und Cousins. Jeder, der auf dem Hof wohnte. Ich half dabei, sie zu beerdigen, mein Junge. Auf diesem niedrigen Hügel dort, dem mit den Apfelbäumen.« Perrin steckte den Daumen in den Mund. Idiotisch, sich an der eigenen Axt zu schneiden. »Meine Mutter mag Apfelblüten. Die Weißmäntel. Warum sollten sie... ? Seng mich, Paet war nur neun. Die Mädchen... « Seine Stimme klang tonlos. Er dachte sich, daß in diesen Worten doch etwas Gefühl hätte durchkommen müssen. Etwas Gefühl wenigstens.
    »Es waren Trollocs«, sagte Frau al'Vere schnell. »Sie sind zurückgekehrt, Perrin. Nicht so wie damals, als ihr weggingt. Sie haben nicht das Dorf angegriffen, aber die Höfe auf dem Land. Die meisten Höfe, die weitab von anderen liegen, sind mittlerweile verlassen. Keiner geht nachts nach draußen, selbst in der Nähe des Dorfs. Es ist das gleiche drunten in Devenritt und oben in Wachhügel, vielleicht sogar bis nach Taren-Fähre. Die Weißmäntel, so schlimm sie auch sind, stellen unseren einzigen Schutz dar. Sie haben schon zwei Familien gerettet, die ich kenne, als Trollocs ihre Höfe angriffen.« »Ich wollte... ich hoffte...« Er konnte sich nicht mehr ganz daran erinnern, was er wollte. Hatte etwas mit Trollocs zu tun. Er wollte sich gar nicht daran erinnern. Die Weißmäntel beschützten die Zwei Flüsse? Das brachte ihn beinahe zum Lachen. »Rands Vater. Tams Hof. Waren das auch Trollocs?« Frau al'Vere öffnete den Mund, doch Bran kam ihr zuvor: »Er verdient es, die Wahrheit zu erfahren, Marin. Das waren die Weißmäntel, Perrin. Dort und auch beim Hof der Cauthons.« »Mats Angehörige also auch. Rands Leute und Mats und meine.« Seltsam. Es klang bei ihm, als rede er vom Wetter. »Sind sie auch tot?« »Nein, mein Junge. Nein, Abell und Tam haben sich irgendwo im Westwald versteckt. Und Mats Mutter und seine Schwestern... Sie leben jedenfalls auch.« »In einem Versteck?« »Es ist nicht nötig, darüber zu sprechen«, sagte Frau al'Vere kurz angebunden. »Bran, bring ihm einen neuen Becher Schnaps.

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