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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zu sein. Das Ding, die Axt oder wie sie es bezeichnen sollte, berührte den Strom der Macht von der Wahren Quelle in sie hinein, wie ein Messer den ausgestreckten Hals eines Hähnchens berührt. Dieser Vergleich war nur zu treffend - sie wünschte, der Gedanke wäre ihr nicht gekommen. In ihrem Hinterkopf stammelte eine kleine Stimme: Oh, Licht, laß es nicht zu! Laß sie das nicht tun! Licht, bitte, nur das nicht!
    Einen Augenblick lang dachte sie daran, ihren eigenen Versuch aufzugeben, Moghedien von der Wahren Quelle abzuschneiden. Sie mußte immer wieder die scharfe Schneide erneuern, denn die gewebten Stränge wollten diese Schärfe nicht beibehalten. Vielleicht sollte sie das aufgeben und ihre ganze Kraft einsetzen, Moghediens Angriff zurückzuschlagen und sogar ihr Gewebe zu zerreißen. Aber falls sie es so machte, mußte die andere sich nicht mehr verteidigen und konnte all ihre Kraft in den Angriff legen. Und sie war schließlich eine der Verlorenen und nicht eine einfache Schwarze Schwester. Eine Frau, die im Zeitalter der Legenden eine Aes Sedai gewesen war, als diese noch Dinge vollbringen konnten, von denen man jetzt nur noch träumte. Falls Moghedien ihre ganze Kraft gegen sie einsetzen konnte...
    Wenn jetzt ein Mann eingetreten wäre oder irgendeine Frau, die unfähig war, die Macht zu benutzen, hätten sie lediglich zwei Frauen gesehen, die sich in einem Abstand von weniger als zehn Schritt über das weiße Seidenseil hinweg anstarrten. Zwei Frauen, die sich inmitten einer riesigen, mit eigenartigen Dingen angefüllten Halle gegenüberstanden. Sie hätten nichts bemerkt, was auf ein Duell hätte schließen lassen. Sie sprangen nicht wie Männer umeinander herum und schwenkten Schwerter -nichts wurde zerschmettert oder gebrochen. Nur zwei Frauen, die fast bewegungslos dort standen. Und trotzdem ein Duell, vielleicht sogar ein tödliches. Mit einer der Verlorenen.
    »Meine ganze sorgfältige Planung ist ruiniert«, sagte Moghedien plötzlich mit angespannter, zorniger Stimme. Ihre Hände verkrampften sich so in den Rock, daß die Knöchel weiß wurden vor Anstrengung. »Nun muß ich zumindest unwahrscheinliche Anstrengungen auf mich nehmen, um alles in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Vielleicht ist es auch gar nicht mehr zu schaffen. Ah, ich werde Euch dafür bezahlen lassen, Nynaeve al'Meara! Das war ein so bequemes Versteck bisher, und diese blinden Frauen haben eine Anzahl von sehr nützlichen Gegenständen in Besitz, auch wenn sie das selbst nicht... « Sie schüttelte den Kopf und bleckte wütend die Zähne. »Ich glaube, diesmal werde ich Euch mitnehmen. Ich weiß schon. Ich werde Euch als lebenden Tritt benützen. Ihr werdet herbeigebracht, müßt auf alle viere hinunter, so daß ich von Eurem Rücken in den Sattel steigen kann. Oder ich könnte Euch auch Rahvin übergeben. Er erwidert immer Gefälligkeiten. Er hat jetzt wohl gerade eine hübsche kleine Königin als Spielzeug, aber seine große Schwäche waren immer hübsche Frauen. Er mag es, wenn gleich drei oder vier ständig um ihn herumtanzen. Wie wird Euch das wohl gefallen? Den Rest Eures Lebens damit verbringen, sich um Rahvins Aufmerksamkeit zu reißen? Ihr werdet es Euch wünschen, sobald er Euch einmal in der Hand hat - er hat so seine kleinen Tricks. Ja, ich glaube, ich gebe Euch Rahvin.« In Nynaeve stieg der Zorn wieder auf. Schweiß rann ihr über das Gesicht, und ihre Beine zitterten, als wollten sie den Dienst versagen, doch der Zorn verlieh ihr Kraft. Mit aller Macht brachte sie es fertig, ihre aus Geist gewebte Waffe um Haaresbreite näher an Moghediens Nabelschnur aus Energie heranzudrücken, um die Frau abzuschneiden, bevor diese den Angriff wieder zum Stillstand brachte.
    »Also habt Ihr das kleine Schmuckstück hinter Euch entdeckt«, sagte Moghedien in einem Augenblick unsicheren Gleichgewichts. Überraschenderweise sprach sie beinahe im Plauderton. »Ich frage mich, wie Euch das gelungen ist. Aber es spielt keine Rolle. Seid Ihr gekommen, um es mitzunehmen? Vielleicht, um es zu zerstören? Ihr könnt es nicht zerstören. Das ist kein Metall, sondern eine Art von Cuendillar. Und falls Ihr es verwenden wollt: Es hat gewisse... nennen wir es einmal Nachteile. Legt einem Mann, der die Macht lenkt, das Halsband an, dann kann ihn eine Frau mit Hilfe des Armbands völlig beherrschen, das ist wahr, aber es hält ihn nicht davon ab, dem Wahnsinn zu verfallen. Der Strom verläuft in beiden Richtungen. Irgendwann

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