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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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sich, und der Kopfschmerz ließ nach. Mit dem Sa in der rechten Hand fiel er in einen tiefen Schlaf.
    Am nächsten Abend bestellte er eine Sänfte und ließ sich zum Haus der Rechet tragen. Obwohl es tagsüber unerträglich heiß gewesen war, hatte er sich einen Wagen geben lassen und mit dem störrischen Pferd mehrere Stunden lang die Schlachtmanöver geübt, deren Beherrschung bis zum Schulbeginn im Monat Tybi von ihm erwartet wurde. Nachdem er den Wagen und das Pferd abgewaschen, dem Tier Futter und Wasser gegeben und sich dann selbst gründlich gereinigt hatte, musste er feststellen, dass er keine Ruhe finden konnte. Statt sich der großen Schläfrigkeit anzuschließen, die Tempel und Stadt immer am Nachmittag überfiel, saß er im Schatten einer Sykomore am Heiligen See und ließ die Worte des Buches langsam vor seinem geistigen Auge vorbeigleiten. Die Sprache war wunderschön und die Gedanken, die Huy bis jetzt verstanden hatte, waren ebenso anspruchsvoll wie grandios. Aber er konnte sie in keinen Zusammenhang stellen, keine Schlussfolgerung bilden. Sie waren wie die mathematischen Formeln, die der Architekt seinen Schülern vorlegte. Wurden sie richtig berechnet, waren die Lösungen bewundernswert einfach und konnten praktisch angewendet werden. Könnte es vielleicht eine praktische Anwendung des Buches Thot geben? Diese Überlegung kam Huy zum ersten Mal. Etwas, das überhaupt nicht abstrakt war? Etwas, das die materielle Welt ebenso umfasste wie das Göttliche? Er spielte eine Weile mit der Idee, doch da er keine Ahnung hatte, wie er das Ganze zusammenbringen konnte, gab er auf. Wer war das ›Du‹, das Thot ansprach? »Du wirst gehen … Du wirst eins … du leuchtest … dir sind Flügel …« Der, der hinter sich schaut, war der schreckliche Fährmann, der die beim Totengericht Freigesprochenen aus dem Binsengefilde genannten Teil des Paradieses zu ihren ewigen Heimstätten übersetzt. Konnten mit ›du‹ alle Freigesprochenen gemeint sein? Aber wie hing dann die letzte Rolle mit der ersten zusammen – mit dem Wesen und der Metamorphose von Atum?
    Nachdem er Brot und Salat gegessen hatte, machte er sich auf zur Rechet. Die Stadt erwachte nach der nachmittäglichen Trägheit allmählich wieder zum Leben. Als Re fast den westlichen Horizont berührte und die stehende Sommerluft ein klein wenig Kühle versprach, legten die Händler ihre Waren aus, Soldaten schlenderten in die Bierhäuser und lachende und schwatzende Fußgänger bummelten durch die Straßen. Huren, die weniger verschwitzt wirkten als die adeligen Damen, die sich in ihren Sänften tragen ließen, kamen aus dem Schatten und stolzierten in die heruntergekommeneren Bezirke von Iunu. Nach der Ruhe in der leeren Schule genoss Huy das geschäftige Treiben. In Nachts Haus wurde er erst eine Weile nach Eintritt der Dunkelheit zum Essen erwartet.
    Die Sänftenträger waren unübersehbar empört, dass sie in einen so armen Teil der Stadt gehen mussten. Sie setzten die Sänfte vor der Mauer mit den Kaurischnecken ab und verzogen sich in den länger werdenden Schatten. Huy ging zu dem Diener neben der Tür. Diesmal wurde er mit einem Lächeln begrüßt und sofort in den hübschen Garten hinter dem Haus geleitet. Die Rechet saß auf einem niedrigen Hocker mitten in dem winzigen Gemüsebeet, das zu dieser Jahreszeit abgeerntet war. Als Huy näher kam, erhob sie sich lächelnd. »Ich weiß nicht, warum ich mich mit dieser nackten Erde befasse«, sagte sie und küsste ihn auf die Wange. »Eigentlich weiß ich nicht, warum ich hier überhaupt etwas anpflanze. Wahrscheinlich, weil ich das so von meinem Vater übernommen habe. Er pflegte schon lange vor der Aussaat immer durch seine Arouras zu laufen.« Sie sah ihm ins Gesicht und nickte dann. »Ich hatte recht«, fügte sie hinzu. »Komm ins Haus, und erzähl es mir.«
    Sie ging voraus, und die Schnecken an ihrem Ledergürtel und um ihre Fußgelenke klackten aneinander. Huy folgte ihr. Er war zuvor nicht in ihrem Haus gewesen, aber es überraschte ihn nicht, dass es sehr spärlich möbliert war. Die Wände waren nur weiß gekalkt und nicht bemalt, die wenigen Stühle waren schlicht. Seit langer Zeit dachte Huy erstmals wieder an seine Farben und wie gern er als Kind die Wände seines Elternhauses stundenlang bemalt hatte. Henenu deutete auf einen Stuhl. Auf dem Tisch daneben standen ein Tonbecher mit Milch und eine Schale getrocknete Feigen.
    »Mach deinen Zopf auf«, befahl sie. Huy gehorchte, nahm die

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