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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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muß selbst die Suche nach der Wahrheit zumindest vorübergehend vor taktischen Überlegungen zurückstehen. Ihr, ein Pontifex, könnt das gewiß nicht bestreiten. Und ich hatte Gründe, die mir persönlich durchaus stichhaltig zu sein schienen, die Neuigkeit über dieses Grab nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Dr. Huukaminaan stimmte nicht mit meinem Standpunkt überein; er und ich hatten deswegen einen langen und erbitterten Streit. Es war das einzige Mal während unserer gesamten Zelt als gemeinschaftliche Leiter dieser Expedition, daß wir eine Meinungsverschiedenheit hatten.«
    »Bis es zuletzt unvermeidlich wurde, daß Ihr ihn ermorden ließt? Weil er sich Euch nur widerstrebend gefügt hatte und Ihr nicht sicher wart, ob er schweigen würde?«
    »Majestät!« Es war ein Schrei - sie war offenbar so schockiert, daß sie nicht mehr sagen konnte.
    »Das könnte ein Motiv für den Mord sein. Ist es nicht so?«
    Sie sah wie vom Donner gerührt drein. Sie ruderte hilflos mit den Armen und hielt flehentlich die Handflächen nach außen. Es verging eine ganze Weile, bis sie wieder imstande war, zu sprechen. Als es soweit war, hatte sie auch einen Großteil ihrer Fassung wiedergewonnen.
    »Majestät, was Ihr eben angedeutet habt, ist eine schwere Beleidigung für mich. Ich trage die Verantwortung dafür, daß die Entdeckung des Grabes geheimgehalten wurde, ja. Aber ich schwöre Euch, daß ich nichts mit Dr. Huukaminaans Tod zu tun habe. Ich kann Euch mit Worten nicht begreiflich machen, wie sehr ich diesen Mann bewundert habe. Wir hatten unsere beruflichen Differenzen, aber . . .« Sie schüttelte den Kopf. Sie sah erschöpft aus. Sehr leise sagte sie: »Ich habe ihn nicht getötet. Ich habe keine Ahnung, wer es war.«
    Valentine beschloß, das vorerst zu akzeptieren. Es fiel ihm schwer, zu glauben, daß sie ihm ihre Seelenqual nur vorspielte.
    »Nun gut, Magadone Sambisa. Aber nun verratet mir, warum Ihr beschlossen habt, den Fund dieses Grabes geheimzuhalten.«
    »Vorher muß ich Euch eine alte Legende der Piurivar erzählen, eine Geschichte aus ihrer Mythologie, die ich am Tag, als wir das Grabmal fanden, von dem Khivanivod Torkkinuuminaad gehört habe.«
    »Muß das sein?«
    »Es muß sein, ja.«
    Valentine seufzte. »Dann fahrt fort.«
    Magadone Sambisa befeuchtete sich die Lippen und holte tief Luft.
    »Es gab einmal einen Pontifex, so geht diese Geschichte«, sagte sie, »der in den Jahren unmittelbar nach der Niederwerfung der Piurivar durch Lord Stiamot lebte. Dieser Pontifex hatte als junger Mann selbst im Eroberungskrieg gekämpft, die Aufsicht über ein Gefangenenlager der Piurivar gehabt und sich einige ihrer mündlichen Überlieferungen angehört. Darunter war auch die Geschichte von der Schandtat in Velalisier - vom Opfer der beiden Meeresdrachen durch den Letzten König und die anschließende Zerstörung der Stadt. Sie erzählten ihm auch von der verwüsteten Siebten Pyramide und dem Schrein darunter, dem Schrein des Untergangs, wie sie ihn nannten. In dem, sagten sie, gewisse Artefakte aus der Zeit der Schandtat begraben waren -Artefakte, die, bei entsprechender Anwendung, ihrem Besitzer gottgleiche Macht über sämtliche Kräfte von Raum und Zeit verschaffen würden. Diese Geschichte vergaß er nie, und viele Jahre später, als er selbst Pontifex geworden war, kam er in der Absicht nach Velalisier, den Schrein der Siebten Pyramide zu finden, den Schrein des Untergangs, und ihn zu öffnen.«
    »Zu dem Zweck, diese magischen Artefakte herauszuholen und sie zu benutzen, um gottgleiche Macht über die Kräfte von Raum und Zeit zu erlangen?«
    »Genau«, sagte Magadone Sambisa.
    »Ich glaube, ich weiß, worauf das hinausläuft.«
    »Möglich, Majestät. Man sagte uns, daß er die zerstörte Pyramide aufsuchte. Er ließ einen Tunnel in den Boden graben; er kam zu dem Steindurchgang, der zur Wand des Schreins führt. Er fand die Wand und traf Anstalten, sie einreißen zu lassen.«
    »Aber Ihr sagtet mir, daß der siebte Schrein unversehrt ist. Seit die Stadt verlassen wurde, hat ihn niemand mehr betreten. Glaubt Ihr jedenfalls.«
    »Es hat ihn nie jemand betreten. Da bin ich ganz sicher.«
    »Aber dieser Pontifex . . .?«
    »War gerade im Begriff, die Wand des Schreins zu durchbrechen, als ein Piurivar, der sich über Nacht in dem Tunnel versteckt hatte, aus der Dunkelheit kam und ihm ein Schwert ins Herz stieß.«
    »Einen Moment«, sagte Valentine. Verdruß breitete sich in ihm aus. »Ein

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