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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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oder?«
    »Nein«, sagte Ei. »Ihr habt ihn verschont. Erinnert Ihr Euch nicht?«
    »Kann sein.« Seine Erinnerungen an den Kampf waren bereits verworren und verschwommen. »Eben noch fühle ich mich wie betrunken. Dann tut es wieder so weh, daß ich weiß, ich sterbe.«
    Sie legten ihn auf den Rücken und redeten über ihm, während er zu dem bewölkten grauen Himmel hinaufschaute. Dunk hatte den Eindruck, als wäre immer noch Morgen. Er fragte sich, wie lange der Kampf gedauert hatte.
    »Ihr Götter, die Lanzenspitze hat die Ringe tief in sein Fleisch getrieben«, hörte er Raymun sagen. »Das wird brandig, wenn wir nicht . . .«
    »Macht ihn betrunken, und gießt etwas siedendes Öl hinein«, schlug jemand vor. »So machen es die Maester.«
    »Wein.« Die Stimme hatte einen hohlen, metallischen Klang. »Nicht Öl, das würde ihn umbringen, kochenden Wein. Ich werde Maester Yormwell schicken, damit er nach ihm sieht, sobald er meinen Bruder versorgt hat.«
    Ein großer Ritter in einer von vielen Hieben verbeulten und zerkratzten Rüstung stand über ihm. Prinz Baelor. Der scharlachrote Drache auf seinem Helm hatte einen Kopf, beide Flügel und den größten Teil des Schwanzes verloren. »Euer Gnaden«, sagte Dunk. »Ich bin Euer Mann. Bitte. Euer Mann.«
    »Mein Mann.« Der schwarze Ritter legte Raymun eine Hand auf die Schulter, um sich zu stützen. »Ich brauche gute Männer, Ser Duncan. Das Reich . . .« Seine Stimme klang seltsam nuschelnd. Vielleicht hatte er sich auf die Zunge gebissen.
    Dunk war sehr müde. Es fiel ihm schwer, wach zu bleiben. »Euer Mann«, murmelte er noch einmal.
    Der Prinz bewegte langsam den Kopf von einer Seite auf die andere. »Ser Raymun . . . mein Helm, wenn Ihr so freundlich sein wollt. Visier . . . Visier gesprungen, und meine Finger . . . Finger fühlen sich wie Holz an . . .«
    »Sofort, Euer Gnaden.« Raymun nahm den Helm des Prinzen in beide Hände und grunzte. »Guter Mann Pate, Eure Hand.«
    Der Stählerne Pate zog einen Aufsteigeschemel herüber. »Er ist an der Rückseite eingedrückt, Euer Gnaden, auf der linken Seite. In die Halsberge gerammt. Guter Stahl, so einen Hieb aufzuhalten.«
    »Wahrscheinlich der Streitkolben meines Bruders«, sagte Baelor mit belegter Stimme. »Er ist kräftig.« Er verzog das Gesicht. »Das fühlt sich . . . seltsam an, ich . . .«
    »Da haben wir ihn.« Pate hob den verbeulten Helm. »Ihr Götter. O ihr Götter ihr Götter ihr Götter bewahrt . . .«
    Dunk sah etwas Rotes und Feuchtes aus dem Helm fallen. Jemand schrie hoch und schrill. Vor dem trostlosen grauen Himmel schwankte ein hoher, hoher Prinz in schwarzer Rüstung mit nur einem halben Schädel. Dunk konnte rotes Blut und weiße Knochen sehen, und noch etwas, etwas Blaugraues und Breiiges. Ein seltsam besorgter Ausdruck huschte über Baelor Breakspears Gesicht wie eine Wolke, die sich vor die Sonne schiebt. Er hob eine Hand und berührte seinen Hinterkopf mit zwei Fingern, oh wie zaghaft. Und dann fiel er.
    Dunk fing ihn auf. »Hoch«, sagte er, genau wie zu Donner mitten im Tumult, »hoch, hoch!« Aber hinterher konnte er sich nicht mehr daran erinnern, und der Prinz stand nicht auf.
     
    Baelor aus dem Hause Targaryen, Prinz von Dragonstone, Rechte Hand des Königs, Beschützer des Reiches und Erbe des Eisenthrons der Sieben Königreiche von Westeros, ging im Hof von Schloß Ashford am nördlichen Ufer des Flusses Cockleswent ins Feuer. Andere große Häuser mochten ihre Toten in der dunklen Erde begraben oder im kalten grünen Meer versenken, aber die Targaryens waren vom Blut des Drachen, und ihr Ende wurde in Flammen geschrieben.
    Er war der edelste Ritter seiner Zeit gewesen, und viele waren der Meinung, daß er in Kettenhemd und Rüstung in die Dunkelheit hätte gehen sollen, aber am Ende obsiegten die Wünsche seines Vaters, und Daeron II. hatte eine friedliche Natur. Als Dunk an Baelor s Bahre vorbeischlurfte, trug der Prinz eine Tunika aus schwarzem Samt, auf deren Brust ein scharlachroter Drache eingestickt war. Um den Hals trug er eine schwere Goldkette. Das Schwert lag neben ihm in der Scheide, aber er trug einen Helm, einen dünnen Goldhelm mit Visier, damit die Leute sein Gesicht sehen konnten.
    Valarr, der junge Prinz, hielt am Fuß der Bahre die Totenwache, während sein Vater aufgebahrt lag. Er war eine kleinere, schlankere, hübschere Version seines Vaters, ohne die zweimal gebrochene Nase, durch die Baelor mehr menschlich als königlich ausgesehen hatte. Valarrs

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