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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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auffallenden Rubinring am linken Ringfinger und beugt sich vor. Ihr Blick wird intensiver.
    »Ich weiß, wie schwer das alles für Sie ist, Andersson. Natürlich verstehe ich Sie. Was geschehen ist, belastet Sie emotional. Und das wirkt sich auf Ihre Arbeit aus. Das wissen Sie selbst. Es wäre unverantwortlich, Sie mit dem Fall zu betrauen. Unverantwortlich Ihnen, den Kollegen – und den möglichen Verdächtigen gegenüber.« Muller lehnt sich zurück und schüttelt den Kopf. »Ich kann das nicht zulassen, verstehen Sie?«
    Christina zwingt sich, ruhig zu bleiben. »Captain, seit zehn Jahren geh ich da raus, Tag für Tag! Auch wenn mein Sohn krank war oder wenn etwas in der Schule los war, ich hab die Situation immer im Griff gehabt. Ich hab eine ziemlich hohe Erfolgsquote, und ich darf Sie daran erinnern, dass Sie selbst vor zwei Jahren meine Versetzung zur Mordkommission unterstützt haben. Und ich habe Charlenes Mörder gefasst – und das, obwohl …«, Christina muss sich bremsen, um nicht heftiger und lauter zu werden, »… ich emotional betroffen war. Fragen Sie die Kollegen! Ich hab Tag und Nacht an dem Fall gesessen, okay, ich war vielleicht manchmal gereizt und unsachlich … aber am Ende hab ich Travis Raymond gefasst!« Und dann schiebt sie noch hinterher: »Sie wissen selbst, dass ich verdammt gut bin.«
    »Sie stehen unter Schock, Andersson«, sagt Muller. »Sie brauchen psychologischen Beistand.«
    Muller greift zum Telefon, doch Christinas Hand schnellt vor und legt sich auf den Hörer. »Ich brauche keinen Therapeuten! Ich will den Typen, der das getan hat! Lassen Sie mich bei den Ermittlungen mitmachen! Ich schwöre Ihnen, in diesem Fall finden Sie keinen Cop, der sich mehr engagiert als ich!« Fast hätte sie mit der Faust auf den Schreibtisch geschlagen.
    Muller schweigt, ihr Blick ist eisig. »Sehen Sie, Detective, genau das ist es«, sagt sie schließlich. »Sie reagieren unangemessen. Sie sind womöglich sogar eine Gefahr für Ihre Kollegen, weil Sie die Situation falsch einschätzen könnten.« Sie schüttelt wieder den Kopf. »Und da Sie gerade Ihre professionellen Qualitäten herausgestellt haben, Detective, sollten Sie auch professionell genug sein, um das einzusehen.«
    Christina weiß nicht, was sie sagen soll. Ihr Blick schweift an Muller in ihrem Ledersessel mit der hohen Rückenlehne vorbei zum Fenster, hinter dem sich ein anderer Gebäudeteil erstreckt.
    Muller hat eine steile Karriere hinter sich. Sie stammt aus einem privilegierten Elternhaus, ihr Vater war ein bekannter Rechtsanwalt mit einer großen Kanzlei in Madison. Vor ein paar Jahren ist er an einem Herzinfarkt gestorben. Muller hat Jura studiert, dann ist sie zur Polizei gegangen. Dort ist sie schnell zur Mordkommission gekommen und in kurzer Zeit zum Captain aufgestiegen. Manche behaupten, ihre Karriere hätte sie nicht allein ihrer brillanten Intelligenz und ihrer Herkunft zu verdanken, sondern auch gezielter politischer Rückendeckung. Entweder ist das eine bloße Unterstellung, oder aber die Verbindungen sind geschickt vertuscht worden. Jedenfalls: Ruth Muller und ihr Mann, ein erfolgreicher Architekt, gehören zu den oberen Zehntausend der Stadt, und Ruth Muller hat längst das nächste Ziel anvisiert. Sie will das Büro des Polizeichefs, eine Etage höher und mit Aussicht auf die Stadt. Aber der leutselige Stan Milosz, unterstützt von seinen politischen Freunden, klebt an seinem Sessel. Als wenn er warten wollte, bis Muller einen Fehler macht und nicht mehr im Rennen ist um seinen Posten. Damit diese Typen schön unter sich bleiben, denkt Christina. Aber ob ihr Mullers autoritärer Führungsstil lieber wäre als der patriarchale von Milosz, weiß sie auch nicht.
    »Gehen Sie zu Ihrem Sohn in die Klinik, Andersson«, hört sie Muller sagen, »er braucht Sie jetzt.«
    »Ich kümmere mich schon um meinen Sohn! Aber glauben Sie, dass ich tatenlos zusehen kann, wie …«
    »Sie können Ihren Kollegen vertrauen, Detective Andersson«, fällt Muller ihr ins Wort. »Nicht nur Sie sind eine fähige Polizistin.«
    »Sie haben auch einen Sohn«, probiert es Christina. Muller schweigt, und Christina fährt fort: »Sie würden auch nicht tatenlos zusehen und irgendwelchen unterbezahlten Polizisten die Sache überlassen!«
    Muller wirft ihr einen eisigen Blick zu, und Christina weiß, dass sie zu weit gegangen ist. Muller kann sich keine Fehler erlauben, keine falschen Entscheidungen, keine Leichen im Keller … aber sie braucht

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