Der Sklave von Midkemia
zurückgekehrt ist.«
Der Priester hielt jetzt inne, er war so still wie ein Fisch in den Tiefen eines von der Mittagssonne erwärmten Teiches. »Findet Eure Stärke«, murmelte er, und in seiner Stimme war etwas Einschmeichelndes, als würde er zu einem kleinen Kind sprechen.
Schließlich wurde es, wenn auch langsam, warm unter seinen Fingern. Die Wärme steigerte sich bis zu einem sanften gelben Glühen.
Der Priester nickte und legte seine Hände auf Keyokes Gesicht. »Alter Krieger«, sang er, »um der Gnade Hantukamas willen, ich bitte Euch, Eure Sinne – Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Berühren – aufzugeben. Eure Sinne sind nicht mehr Eure, sondern die meines Gottes, um die Herrlichkeit zu erfahren, die das Leben ist. Gebt Eure Sprache auf und wandelt in Freude und seht, daß Eure Sinne verfeinert und lebendig sind.«
Diesmal ließ das Glühen länger auf sich warten. Der Priester kämpfte gegen seine Schultern an, die immer schwerer wurden, während er fortfuhr und seine trockenen Hände jetzt auf Keyokes Herz legte. »Alter Krieger, beim Willen Hantukamas, ich bitte Euch, gebt Eure Begierden auf. Euer Geist ist nicht Eurer, sondern der meines Gottes, um die Perfektion wahrzunehmen, die in der Ganzheit hegt. Gebt Eure Wünsche auf und lebt im Mitgefühl und seht, daß Euer Sein in vollem Maße erfüllt ist.« Der Priester verharrte zusammengekauert wie eine alte Steinfigur. Der Gehilfe wartete mit gefalteten Händen und aufgerissenen Augen. Als dann das Glühen kam, knisterte und loderte es wie ein neues Feuer und hüllte den kranken Mann von Kopf bis Fuß in ein Licht aus unergründlichem Glanz.
Der Priester zog langsam seine Hände zurück, als würden sie etwas unschätzbar Kostbares umschließen. »Keyoke«, sagte er sanft.
Der Krieger öffnete die Augen; er fuhr kurz zusammen und schrie auf, als er das helle Licht sah, das ihn blendete und seinen Geist mit Furcht erfüllte.
»Keyoke«, wiederholte der Priester. Seine Stimme klang müde, aber freundlich. »Fürchtet Euch nicht. Ihr wandelt in der Wärme meines Gottes Hantukama, des Heilers. Eure Lady bat um Eure Gesundheit. Wenn mein Gott Euch das Leben wiedergibt und Eure Gesundheit erneuert – wie wollt Ihr ihr dienen?«
Keyokes Augen starrten geradeaus, direkt in das strahlende Netz, das der Heiler mit seinen Beschwörungen gewirkt hatte. »Ich werde ihr dienen wie ein Vater einer Tochter, denn in meinem Herzen ist sie das Kind, das ich niemals hatte. Sezu diente ich aus Ehre; seinen Kindern diente ich aus Liebe.«
Die Müdigkeit des Priesters löste sich auf. »Lebe, Keyoke, und werde gesund dank der Gnade meines Gottes.« Er öffnete die Hände, und unerträglich hell und blendend blitzte das Licht auf. Dann verschwand es wieder, und zurück blieben nur die sterbende Glut in dem Kohlenbecken und der sich langsam auflösende Rauch der verbrannten Kräuter.
Keyoke lag auf der Matte, immer noch reglos und mit geschlossenen Augen, und auch seine Hände waren so ruhig wie zuvor. Doch seine Haut zeigte einen Hauch von Röte, und seine Atemzüge waren jetzt lang und tief wie die eines Schlafenden.
Vorsichtig ließ der Priester sich auf dem Kissen nieder, auf dem zuvor Mara gekniet hatte. »Hol die Lady der Acoma«, befahl er seinem jungen Gehilfen. »Sag ihr mit Freude, daß ihr Krieger ein außergewöhnlicher Mann ist. Sag ihr, daß er überleben wird.«
Der Junge setzte sich in Bewegung und lief, um den Wunsch seines Herrn zu erfüllen. Als er mit der Lady zurückkehrte, hatte der Priester das Kohlenbecken bereits wieder zusammengepackt. Asche und Kohlen hatten sich auf geheimnisvolle Weise aufgelöst, und der kleine Mann, der ihnen dieses Wunder gebracht hatte, lag zusammengerollt auf dem Boden und schlief.
»Es war eine schwierige Heilung«, erklärte der Gehilfe. Dann, als sich Diener um die Bedürfnisse des Heilers kümmerten und dem Jungen etwas zu essen brachten, ging Mara zu Keyokes Schlafstelle und betrachtete ihn ruhig.
»Er wird vermutlich mehrere Tage schlafen«, erklärte der Junge. »Doch seine Wunden werden sich langsam schließen. Erwartet nicht, daß er allzubald wieder auf den Beinen ist.«
Mara verzog die Lippen zu einem Lächeln. Sie konnte bereits die Veränderungen sehen, die von der Rückkehr des Lebens zeugten, und ihr Herz jubilierte innerlich aus Dankbarkeit für das Geschenk des Priesters und seines Gottes. »Wir werden einen außerordentlich kräftigen und mutigen Krieger benötigen, um den alten Kämpfer
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