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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Grenze lagen. Um die Topographie kümmerte sich ein verhutzelter alter Mann mit Silberblick, der mit einer enormen Summe dafür entschädigt wurde, daß er so lange von seiner großen Familie und seinen Geschäften in Ilama getrennt war. Doch mit Hilfe dieses Modells und einiger Fähnchen war Mara genau über die jeweiligen Positionen ihrer Soldaten informiert. »Sehen wir nach, wie es jetzt steht«, sagte sie einladend zu Lord Chipino. In der letzten Zeit war es zu ihrem abendlichen Ritual geworden.
    Doch anders als sonst begannen sie eine Unterredung, die sich bis spät in die Nacht hinzog. Der Wind zerrte an den Zeltbahnen, brachte die Wandvorhänge zum Zittern und wirbelte die Glut in den leichten Wandleuchtern auf; sein Stöhnen übertönte das Auf und Ab ihrer Stimmen, während sie Pläne schmiedeten. Der Lord und die Lady kamen ohne jeden Vorbehalt zu einer einstimmigen Meinung: Am nächsten Morgen würden sie jeweils eine weitere Kompanie ausschicken. Zwei Kompanien aus gemischten Truppen würden zum Schutz der Grenze zurückbleiben, während sie selbst mit dem Rest in die Wüste reisen und dort auf die Armee stoßen würden. Eine schnellere Patrouille würde ihnen mit dem Befehl vorauseilen, die neueste Spur zu verfolgen und das Hauptlager der Nomaden aufzuspüren.
    »Wenn wir mit den zwei Kompanien dort eintreffen«, schloß Lord Chipino, »haben wir für unseren Angriff eine Armee von tausend Mann zur Verfügung.«
    Er erhob sich, und das Licht der Cho-ja-Kugeln warf seinen Schatten vielgestaltig auf die Teppiche, die von den Fackeln in den Wandleuchtern mit einem unruhigen Muster aus Hell und Dunkel überzogen wurden. »Besser, wir greifen mit aller Macht an, als daß wir wie Dichter auf den Höhen sitzen bleiben. Wir würden den barbarischen Nomaden mehr Ehre erweisen, als ihnen zusteht, wenn wir auch noch dieses Jahr verstreichen lassen.«
    In dieser Nacht lag Kevin schlaflos im Dunkeln. Er lauschte auf Maras Atemzüge und das endlose Stöhnen des Windes, auf die quietschenden Stricke, mit denen das Zelt befestigt war. Es war ein Fehler, die Berge zu verlassen; er wußte es. Doch ein Sklave besaß im Kaiserreich keinerlei Ehre, und man würde ihm nicht glauben. Doch wohin die Lady auch ging, er würde ihr folgen. Er liebte sie zu sehr, als daß er hätte zurückbleiben können.

    Die gewaltige Mittelstange krachte herab, und unzählige Quadratmeter Zeltstoff sackten rauschend zu Boden. Kevin machte einen Satz, sprang über einen Stapel zusammengerollter Teppiche und wäre beinahe über Mara gestolpert.
    »Du nimmst das Kommando-Zelt mit?« fragte er, während er seine Unbeholfenheit als Ausrede nutzte, sie zu umarmen.
    Mara wölbte mißbilligend die Brauen. »Natürlich.« Sie klang, als hätte von vornherein festgestanden, daß sie die Truhen voller Wandbehänge, Teppiche, Wandleuchter und Kohlenpfannen in die feindliche, unfruchtbare Wüste mitschleppen wollte. »Die Acoma sind keine Barbaren. Wir schlafen nicht auf dem Boden wie Bauern, wenn wir uns nicht verbergen müssen.« Sie winkte den Dienern zu, die damit beschäftigt waren, ihr Domizil abzubauen. »Lord Chipinos Zelt ist noch viel größer. An der Größe unserer Zelte werden die Nomaden erkennen, daß sie es mit großen Familien zu tun haben.«
    Kevin runzelte die Stirn. »Und beim Anblick eurer ach so großen Zelte werden sie davonlaufen wie Jiga-Vögel?«
    Mara zog die Augenbrauen noch höher. »Sie sind nicht zivilisiert.«
    »Das heißt, wenn sie es wären, würden sie wie Jiga-Vögel davonlaufen«, erläuterte Kevin.
    »Du hast eine scheußliche Angewohnheit, immer wieder zu wiederholen, was offensichtlich ist.« Mara stieß ungeduldig seine Hände weg, die sie genüßlich durch die dünnen Roben streichelten. »Nicht jetzt, du zudringlicher Mann. Als ich darauf bestand, daß du an meiner Seite bleibst, hatte ich nicht vor, den Göttern und dem Himmel ein Schauspiel in Sachen Liebe zu geben.«
    Kevin trat zurück und lächelte. »Die Querdidra-Hüter haben ihre Herden zusammengetrieben.« Er blickte auf den immer weiter anwachsenden Haufen aus Kisten, Teppichen und Kissen. »Bist du sicher, daß du genug Satteltaschen für all den Kram hast?«
    Mara wirkte verzweifelt. »Noch eine Bemerkung, und ich sorge dafür, daß du wie ein ordentlicher Sklave deinen Beitrag leistest. Eigentlich gehörst du ohnehin zu ihnen, als Strafe für deine unentwegten Unverschämtheiten.«
    Kevin verbeugte sich mit gespielter Ehrerbietung und eilte davon, um

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