Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
ein.
»Ich riechen«, sagte Bashae.
Lautes Schnuppern war zu hören, dann sagte Bashae auf Trevini zu Jessan: »Das ist nur Bärenfett.«
Ein Schlurfen war zu hören, das Kratzen von Metall, und dann erklang Jessans kalte, zornige Stimme. »Du bist nichts weiter als ein Dieb. Ich sollte dir die Ohren abschneiden.«
Bruder Elias winselte, und dem Geräusch nach zu schließen sackte er gegen die Wand, die daraufhin auf höchst beunruhigende Weise wackelte.
»Nein, lass das, Jessan«, sagte Bashae zu seinem Freund. »Er hat tatsächlich ein paar Sachen, die ich haben will, und er braucht seine Ohren noch, damit er hören kann, was ich ihm sagen werde.« Dann fügte er streng hinzu: »Ich denke, du solltest draußen warten.«
Als er Schritte hörte, kam Wolfram rasch auf die Beine und machte sich schnell davon. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm, dass der Trevinici sich grimmig dreinschauend vor dem Tempel aufgebaut hatte, und seine Miene wirkte so finster entschlossen, als hätte man ihn dazu bestimmt, den Schatz des Königs zu bewachen.
Wolfram schlenderte vorbei, den Kopf gesenkt, offenbar tief in seine eigenen Gedanken versunken. Als er zur Kreuzung kam, warf er noch einen Blick zurück und sah, dass der Trevinici immer noch vor dem Tempel stand. Wolfram suchte rasch Schutz im Gebüsch.
Er duckte sich in hohes, buschiges Gras und süß duftenden Salbei und wartete darauf, dass die beiden auf ihrem Weg aus der Stadt an ihm vorbeikommen würden.
Etwa eine Stunde später kamen die beiden jungen Männer an dem Versteck des Zwergs vorbei. Der Pecwae schnatterte aufgeregt auf seinen Freund ein und beschrieb, was er alles von dem Priester erworben hatte.
»Das war sehr vernünftig, Bashae«, sagte Wolfram. Er erhob sich aus dem Gras und wischte sich Staub und Grassamen von der Hose. »Ich meine, dass du die Rohmaterialien gekauft hast und nicht das Endprodukt. Dieser Mann ist kein echter Heiler.«
Der Trevinici warf dem aufdringlichen Zwerg einen finsteren Blick zu.
»Geh weiter, Bashae«, sagte Jessan zu seinem Freund.
»Er war kein Heiler?«, fragte Bashae. Er ging weiter, wie man ihm befohlen hatte, aber er drehte sich um und ging rückwärts, damit er besser mit Wolfram sprechen konnte. »Wieso sollte er uns belügen?«
»Es gibt Leute, die für eine Heilung viel Geld bezahlen«, erklärte Wolfram und folgte den beiden weiter. »Er mischt ein paar Arzneien, dann verbringt er den Tag damit, auf der Schwelle unter diesem lügenhaften Schild zu hocken. Leute kommen zu ihm und erzählen ihm, was ihnen fehlt. Er gibt ihnen eine Medizin, nimmt ihr Geld und setzt sich wieder auf die Schwelle.«
»Und was passiert, wenn sie nicht gesund werden?«, wollte Bashae wissen.
»Oh, manchmal werden sie das ja«, erwiderte Wolfram. Inzwischen hatte er die beiden eingeholt. »Manchmal werden sie von selbst wieder gesund. Manchmal wirken seine Arzneien zufällig. Und manchmal sterben die Patienten. Aber dann können sie wohl kaum zurückkommen und sich beschweren.«
»Meine Großmutter würde nie etwas dafür verlangen, eine Person zu heilen«, sagte Bashae und kratzte nachdenklich mit seinen bloßen Füßen im Dreck herum. »Sie sagt, die Heilkraft steckt in ihren Knochen wie die Magie in den Knochen der Erde, und da die Erde uns ihren Reichtum gibt, gibt meine Großmutter von dem, was ihr geschenkt wurde.«
»Eine ehrenwerte Frau«, erklärte Wolfram. »Ich möchte sie sehr gern kennen lernen.« Der Zwerg passte seine Schritte dem Tempo der beiden an. »Ich gehe in die gleiche Richtung. Stört es euch, wenn ich mitkomme?«
»Woher weißt du, wohin wir gehen, Zwerg?«, entgegnete Jessan barsch.
»Euer Weg ist mein Weg«, erwiderte Wolfram. »Mein Weg ist jeder Weg. Am Ende sind alle Wege gleich«, fügte er nachdenklich hinzu.
Jessan bewahrte würdevolles Schweigen. Die Trevinici sprechen nicht mit Fremden über das Leben nach dem Tod, denn sie halten das Thema für zu heilig.
Bashae allerdings war interessiert. »Ich habe schon öfter Seelen gesehen«, verkündete er.
»Tatsächlich?«, fragte Wolfram. Er fing Jessans Blick auf, der eindeutig sowohl den Zwerg als auch das Gesprächsthema ablehnte. Der Trevinici schwieg weiterhin hochnäsig, vielleicht in der Hoffnung, dass Wolfram verschwinden würde, wenn er ihn weiter ignorierte.
Bashae erzählte von den Seelen. »Es passiert, wenn man manchmal sehr reglos auf einem Felsen oder einem Baumstamm sitzt und plötzlich ein Sonnenstrahl durch die Blätter oder
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