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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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tat, begann sie zu weinen.”
    “Ich weiß … ich weiß.”
    Tränen rollten ihr über die Wangen. “Sie hat mir gesagt, du wärst an Leukämie gestorben.”
    Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. “Wir haben die Geschichte zusammen ausgeheckt.”
    “Aber du lebst!” Sie musste die Wahrheit jetzt erfahren, solange sie noch in der Lage war, sie zu ertragen. “Bitte, erzähl mir, was damals los war.”
    “Es begann in Vietnam”, fing er an, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. “In vielerlei Hinsicht starb der Mann, der ich einmal war, dort.”
    “Aber du warst doch ein hochdekorierter Kriegsheld! Mom sagte, was sie am meisten bedauere an dem Feuer, sei der Verlust deiner Orden gewesen, und …”
    Thomas hob ruckartig den Kopf. “Hat sie dir das gesagt?” Er verzog bedauernd die Miene. “Ich war alles andere als ein Held, Lorraine. Ich desertierte in der Hälfte meiner Dienstzeit. Ich ertrug das Töten nicht länger …”
    Lorraine mochte nicht glauben, was sie hörte. Das konnte nicht wahr sein. “Aber …”
    “Ich kehrte in die Staaten zurück und trat einer militanten Antikriegsgruppe bei. Sie halfen mir, mich zu verstecken. Von dem Moment an, als ich der Army den Rücken kehrte, machte ich es mir zum Lebensziel, andere junge Männer davor zu bewahren, sinnlos auf fremdem Boden zu sterben. Ich wollte es ihnen ersparen, mit ansehen zu müssen, wie ihre Freunde von Minen zerrissen werden, aus Gründen, die nichts mit uns oder unserem Land zu tun haben.”
    “Aber du hättest inzwischen doch sicher zurückkommen können. Auch wenn du ein Deserteur warst. Es gab doch eine Amnestie oder?” Ein Leben lang war ihr Vater für sie ein Held gewesen. Die Lüge, die ihre Eltern gelebt hatten, ergab für sie keinen Sinn, und sie fand Thomas’ Geschichte verwirrend.
    “Ich habe mehr getan, als zu desertieren.” Er unterbrach den Blickkontakt, senkte den Kopf und sah auf ihre einander umfassenden Hände. “Wie schon erwähnt, trat ich einer militanten Antikriegsgruppierung bei. Einige von uns beschlossen, das ROTC-Gebäude an der Universität von Kentucky in die Luft zu sprengen. Wir wollten nicht, dass jemand verletzt wird … Der Sicherheitsbeamte hätte gar nicht in der Nähe sein dürfen.”
    “Er kam bei der Explosion ums Leben?”
    Ihr Vater nickte. “Zwei aus unserer Gruppe wurden sofort festgenommen, als sie versuchten, die kanadische Grenze zu überqueren. José und ich wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war, wann sie uns auch einlochen würden.”
    “José?”
    “José Delgado, ein Freund, ein guter zur damaligen Zeit. Wir zwei schafften es bis nach Mexiko, ehe ein Haftbefehl für uns ausgestellt wurde.”
    “Was geschah mit ihm?”
    “José? Wir bummelten eine Weile durchs Land, dann fand er eine neue politische Widerstandsgruppe, in der er mitmachen wollte. Wir stritten und trennten uns. Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen. Das Letzte, was ich hörte, war, dass er zu einer Guerillagruppe irgendwo in Zentralamerika gehört.”
    “Aber könntest du nicht jetzt zurückkommen? Das alles passierte vor fast dreißig Jahren.”
    “Nein”, sagte Thomas mit nicht zu übersehender Traurigkeit. “Für Mord gibt es keine Verjährung. Sobald ich die Grenze überschreite, werde ich wegen Mordes angeklagt und bekomme die ganze Härte des Gesetzes zu spüren. Raine, ich möchte, dass du weißt, dass ich zwar in dieser Gruppe war, mich jedoch entschieden gegen den Sprengstoffanschlag ausgesprochen hatte. Es war nie meine Überzeugung, dass man mit Gewalt eine Botschaft unters Volk bringen sollte. Aber ich hatte nicht den Mut, mich gegen die anderen durchzusetzen. Das war meine größte Sünde, und ich habe in den folgenden Jahren schwer dafür gebüßt.”
    “Was passierte mit den beiden, die festgenommen wurden?”
    Ihr Vater senkte wieder den Kopf. “Rick und Dan? Rick beging Selbstmord im Gefängnis, und Ginny erzählte mir, dass Dan auf Bewährung freikam, nachdem er sechs Jahre einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe abgesessen hatte.”
    Lorraine gingen so viele Fragen durch den Kopf, dass sie nicht wusste, wo sie anfangen sollte. “Warum ist Mom nicht zu dir gekommen? Nach fünf oder zehn Jahren hätte sie das doch sicher tun können, ohne dass jemand Verdacht schöpfte.”
    “Das hatten wir auch am Anfang geplant. Deine Mutter zog nach Louisville und besuchte mich ungefähr alle sechs Monate. Wir konnten durch eine gemeinsame Freundin in Kontakt

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