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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Schuljunge.“ Er setzte sich an seinen Schreibtisch und schob das Buch mit seinem Handrücken beiseite.
    Dr. Floyd Ferris kam eine halbe Stunde zu spät. „Tut mir leid“, sagte er, „ich bin auf dem Weg von Washington hierher wieder mit meinem Wagen liegen geblieben, und es hat eine Ewigkeit gedauert, jemanden zu finden, der ihn repariert. Draußen auf den Straßen sind so verdammt wenige Wagen unterwegs, dass die Hälfte der Werkstätten geschlossen ist.“
    Seine Stimme klang eher verärgert als entschuldigend. Er setzte sich, ohne zu warten, dass er dazu aufgefordert würde.
    In keinem anderen Beruf hätte Dr. Floyd Ferris als besonders attraktiv gegolten, aber in dem, den er gewählt hatte, beschrieb man ihn immer als „diesen gutaussehenden Wissenschaftler“. Er war einsachtzig groß und fünfundvierzig Jahre alt, doch er schaffte es, größer und jünger zu wirken. Er hatte ein tadellos gepflegtes Auftreten und bewegte sich mit der Eleganz eines Tänzers, doch seine Garderobe war streng, seine Anzüge üblicherweise schwarz oder nachtblau. Er trug einen präzise geformten Schnurrbart, und wegen seines glatten schwarzen Haares sagten die Büroangestellten des Instituts, er verwende wohl oben wie unten die gleiche Schuhcreme. Auch wiederholte er gerne in selbstironischem Ton die Geschichte, wie ihn einst ein Filmproduzent für die Rolle eines adeligen Gigolos aus Europa engagieren wollte. Seine Karriere hatte er als Biologe begonnen, doch das war lange her; er war als der oberste Koordinator des State Science Institute bekannt.
    Dr. Stadler sah ihn erstaunt an – die fehlende Entschuldigung war etwas Neues – und sagte trocken: „Mir scheint, Sie verbringen einen großen Teil Ihrer Zeit in Washington.“
    „Aber, Dr. Stadler, haben nicht Sie mich einmal als Wachhund dieses Instituts gelobt?“, fragte Dr. Ferris freundlich. „Besteht nicht darin meine wichtigste Aufgabe?“
    „Meines Wissens haben Sie auch hier einige Pflichten. Ehe ich es vergesse – könnten Sie mir sagen, was für eine Stümperei zu dieser Ölknappheit hier geführt hat?“
    Er konnte nicht verstehen, warum Dr. Ferris’ Gesichtszüge sich beleidigt verhärteten. „Erlauben Sie mir zu sagen, dass ich das nicht erwartet habe und dass es mich völlig zu Unrecht trifft“, sagte Dr. Ferris in einem formellen Ton, der verriet, dass er gekränkt war und sich als Märtyrer fühlte. „Keine der beteiligten Behörden hat bisher Grund zur Kritik gefunden. Eben erst haben wir einen detaillierten Bericht über den Fortschritt der Arbeiten bis heute an das Büro für Wirtschaftsplanung und nationale Ressourcen übermittelt, und Mr. Wesley Mouch hat sich sehr zufrieden gezeigt. Wir haben für dieses Projekt unser Bestes gegeben. Niemand sonst hat es als Stümperei bezeichnet. In Anbetracht der schwierigen Bodenbeschaffenheit, der Gefahren durch das Feuer und der Tatsache, dass es erst sechs Monate her ist, seit wir …“
    „Wovon sprechen Sie?“, fragte Dr. Stadler.
    „Vom Wyatt-Wiedererschließungsprojekt. Hatten Sie nicht danach gefragt?“
    „Nein“, sagte Dr. Stadler, „nein, ich … Warten Sie einen Augenblick, lassen Sie mich nachdenken. Ich meine mich daran zu erinnern, dass das Institut einen Wiedererschließungsfall übernommen hat. Was erschließen sie?“
    „Öl“, sagte Dr. Ferris, „die Wyatt-Ölfelder.“
    „Es gab dort ein Feuer, oder? In Colorado? War das nicht … warten Sie … das war der Mann, der seine eigenen Ölfelder in Brand gesteckt hat.“
    „Ich bin eher geneigt zu glauben, dass es sich hierbei um ein Gerücht handelt, das der öffentlichen Hysterie entsprungen ist“, sagte Dr. Ferris trocken. „Ein Gerücht mit einigen unerfreulichen unpatriotischen Folgeerscheinungen. Ich würde nicht allzu viel darauf geben, was die Zeitungen schreiben. Persönlich glaube ich, dass es sich um einen Unfall handelte und dass Ellis Wyatt in dem Feuer umkam.“
    „Wem gehören die Ölfelder jetzt?“
    „Niemandem – im Augenblick. Da es weder ein Testament noch Erben gibt, hat die Regierung die Ölfelder für sieben Jahre übernommen – als notwendige Maßnahme von öffentlichem Interesse. Sollte Ellis Wyatt nicht innerhalb dieses Zeitraumes zurückkehren, wird er offiziell für tot erklärt.“
    „Verstehe. Aber warum hat man sich für eine so ungewöhnliche Aufgabe wie Erdölförderung an Sie, an uns gewandt?“
    „Weil es sich um eine technisch sehr schwierige Angelegenheit handelt, die den Einsatz der

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