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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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sah zur Decke, auf die Stuckornamente, die in der Dunkelheit kaum erkennbar waren, und wartete, wie gelähmt vor Furcht.
    Er stöhnte: „Es ist richtig, aber es ist so schwer! Mein Gott, es ist so schwer!“
    Nach einer Weile hob er seinen Kopf. Er setzte sich auf. Er hatte aufgehört zu zittern.
    „Was ist los, Francisco?“
    „Das kann ich dir nicht sagen.“ Seine Stimme war schlicht und offen, suchte nicht, sein Leiden zu verbergen, aber sie gehorchte ihm wieder. „Du bist noch nicht bereit, es zu erfahren.“
    „Ich möchte dir helfen.“
    „Das kannst du nicht.“
    „Du hast gesagt, ich soll dir helfen abzulehnen.“
    „Ich kann nicht ablehnen.“
    „Dann lass mich daran teilhaben.“
    Er schüttelte den Kopf.
    Er blickte auf sie hinunter, als müsste er eine Frage abwägen. Dann schüttelte er erneut den Kopf, als hätte er für sich eine Antwort gefunden.
    „Wenn ich nicht einmal sicher bin, ob ich es aushalten kann“, sagte er, und der seltsame neue Unterton in seiner Stimme war Zärtlichkeit, „wie könntest du es dann?“
    Sie sagte langsam, und es kostete sie viel Mühe, nicht herauszuschreien: „Francisco, ich muss es wissen!“
    „Wirst du mir verzeihen? Ich weiß, du hast Angst, und es ist grausam. Aber kannst du dies für mich tun – kannst du es ruhen lassen, einfach ruhen lassen und mir keine Fragen mehr stellen?“
    „Ich …“
    „Das ist das Einzige, womit du mir helfen kannst. Wirst du es tun?“
    „Ja, Francisco.“
    „Hab keine Angst um mich. Das war nur dieses eine Mal. Es wird mir nicht mehr passieren. Es wird viel leichter werden … später.“
    „Wenn ich nur …“
    „Nein. Schlaf jetzt, Liebste.“
    Es war das erste Mal, dass er dieses Wort gebrauchte.
    Am Morgen sah er ihr offen ins Gesicht, ohne ihrem angstvollen Blick auszuweichen, verlor aber kein Wort darüber. Sie sah sowohl Heiterkeit als auch Leiden in seiner ruhigen Miene, ein Ausdruck, der einem schmerzlichen Lächeln glich, obwohl er nicht lächelte. Seltsamerweise ließ ihn das jünger erscheinen. Er sah nun nicht mehr aus wie ein Mann, der Qualen litt, sondern wie jemand, der das erblickt, für das es sich lohnt, Qualen zu leiden.
    Sie stellte ihm keine Fragen. Bevor sie ging, fragte sie lediglich: „Wann werde ich dich wiedersehen?“
    Er erwiderte: „Ich weiß es nicht. Warte nicht auf mich, Dagny. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, wirst du mich nicht sehen wollen. Ich werde einen Grund haben für die Dinge, die ich tun werde. Doch ich kann dir den Grund nicht nennen, und du wirst mich zu Recht verurteilen. Ich werde nicht die Niedertracht begehen, dich zu bitten, mir zu vertrauen. Du wirst nach deinem eigenen Wissen und Urteilsvermögen leben müssen. Du wirst mich verdammen. Du wirst verletzt sein. Sieh zu, dass es dich nicht zu sehr verletzt. Erinnere dich an diese Worte und auch daran, dass sie alles waren, was ich dir sagen konnte.“
    Ein Jahr lang hörte sie weder etwas von ihm noch über ihn. Als sie das erste Gerede hörte und die Zeitungsberichte las, konnte sie anfangs nicht glauben, dass es darin um Francisco d’Anconia ging. Nach einiger Zeit blieb ihr nichts anderes mehr übrig, als es zu glauben.
    Sie las einen Artikel über eine Gesellschaft, die er auf seiner Yacht im Hafen von Valparaiso gab. Die Gäste trugen Badekleidung, und ein künstlicher Regen aus Champagner und Blütenblättern rieselte die ganze Nacht hindurch auf die Decks.
    Sie las einen Artikel über eine Gesellschaft, die er in einem algerischen Wüstenort gab. Er ließ einen Pavillon aus dünnen Eiswänden errichten und schenkte jeder der eingeladenen Damen einen Hermelinumhang, den sie zu diesem Anlass tragen sollte – unter der Bedingung, dass sie in demselben Tempo, in dem die Wände schmolzen, den Umhang, dann ihre Abendkleider und schließlich alles andere ablegte.
    Sie las die Berichte über seine geschäftlichen Unternehmungen, die er in sehr langen Zeitabständen unternahm. Diese Unternehmungen waren außerordentlich erfolgreich und ruinierten seine Mitbewerber, doch er widmete sich ihnen wie einem gelegentlichen Sport, indem er einen überraschenden Raubzug unternahm, dann für ein oder zwei Jahre von der Bildfläche verschwand und D’Anconia Copper der Führung seiner Mitarbeiter überließ.
    Sie las das Interview, in dem er sagte: „Warum sollte ich denn Geld machen wollen? Ich habe genug davon, um drei Generationen von Nachkommen zu erlauben, so viel Spaß zu haben wie ich.“
    Sie sah ihn einmal

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