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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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schielte neugierig am Türpfosten vorbei und machte es sich unter dem Wohnzimmertisch bequem.
    »Na, dann bleib eben hier«, meinte Rath, »hat sowieso keinen Zweck dich zu erziehen, das soll mal dein Frauchen übernehmen. Wenn wir sie denn finden.«
    Der Hund rollte sich ein, und es dauerte nicht lang, da war er eingeschlafen.
    Als die Platte zu Ende war, nahm Rath das Telefon mit an den
    Sessel. Am anderen Ende nahm seine Mutter ab. »Junge! Dass du dich mal meldest! Wie geht's dir?« »Gut. Ist Vater da?«
    »Schön, deine Stimme mal wieder zu hören! Vater erzählt, du hättest ... da wäre eine Dame ... Willst du sie uns nicht einmal vorstellen? Kocht sie denn auch für dich?«
    »Da ist keine Dame mehr.«
    Kurzes Schweigen am anderen Ende. »Oh«, sagte sie dann, »das tut mir aber leid.«
    »Das muss dir nicht leid tun.«
    »Ich hatte schon gehofft, du würdest dich wieder verloben. Du wirst auch nicht jünger, Gereon! Und eine Familie ist ... «
    »Ich weiß, Mama.«
    »Ich meine ja nur. Isst du denn auch anständig?«
    »Mama, auch in Berlin hat das Polizeipräsidium eine Kantine.
    Außerdem gibt es hier genügend Restaurants.«
    »Trotzdem: Nichts geht über die Küche einer guten Hausfrau.« »Ich komme schon klar. Kann ich jetzt bitte Vater haben? Das hier ist ein Ferngespräch!«
    Er hörte, wie der Hörer beiseitegelegt wurde. Es dauerte einige Zeit, bis Engelbert Rath endlich am Telefon war.
    »Junge! Das ist aber nett, dass du deine Mutter mal anrufst. Du glaubst gar nicht, welche Freude du ihr damit machst.«
    »Gern geschehen. Ich habe eine Bitte. Es geht um Adenauers Namensliste. Darauf stehen nur Männernamen.«
    »Ja und?«
    »Kannst du Adenauer bitten, zusammen mit seinen Vertrauten von der Bank zu überprüfen, ob ihnen ein Fräulein oder eine Frau Hagedorn bekannt ist? Der Vorname lautet wahrscheinlich Gertrud.«
    »Hast du eine Spur?«
    »Sollte Adenauer oder seinen Freunden bei der Bank dieser Name etwas sagen«, meinte Rath, »dann habe ich eine.«
    »Werde mich gleich darum kümmern, Junge. Und wie geht's dir sonst so?«
    »Viel zu tun.«
    »Deine Ver... deine Freundin ... Mutter meinte, sie hat dich ... «
    »Ich habe sie verlassen. So herum kann es ja auch mal gehen.« »Die wievielte Frau ist das nun schon? Pass nur auf, dass du kein alter Junggeselle wirst! Du solltest dir bald überlegen zu heiraten, wenn du Karriere machen willst.«
    »Gennat ist auch eingefleischter Junggeselle. Und Preußens bester Kriminalist.«
    »Na, in Düsseldorf soll er gerade nicht so erfolgreich gewesen sein, der Unfehlbare. Und weiter als bis zum Kriminalrat hat er es auch noch nicht gebracht.«
    » Jawohl, Herr Kriminaldirektor !«
    »Junge, ich weiß ja, wie sehr du Gennat schätzt. Nichts gegen den Kriminalrat, aber ich weiß nicht, ob der Mann das richtige Vorbild für dich ist. Bei deinen Fähigkeiten solltest du eher den Posten von Scholz anstreben.«
    Kriminaldirektor Hans Scholz war Chef der Berliner Kripo. »Solche Posten bekommt man doch nicht ohne das richtige Parteibuch.«
    »Mein Reden, Junge.«
    »Papa, lass gut sein. Du kriegst mich nicht in dein geliebtes Zentrum. Und zu den Sozen gehe ich erst recht nicht. Ich bin kein Politiker. Im Gegenteil, ich finde Politik abstoßend.«
    »Politik bewegt unser Land, mein Junge.«
    »Politik lässt Nachbarn einander totschlagen. Politik macht die Straße zu einem Schlachtfeld.«
    »Ach, das sind doch Auswüchse. Nazis und Kommunisten, die schimpfen sich Politiker, aber das sind doch keine.« »Aber Politik machen wollen sie trotzdem,« »Dazu wird es nicht kommen.«
    »Lass uns aufhören, Papa. Du weißt, dass solche Gespräche zu nichts führen. Meld' dich, wenn du etwas über Gertrud Hagedorn weißt.«
    Rath legte auf. Er drehte die Platte um und schenkte sich einen Cognac ein. Er versuchte nachzudenken: über Jeanette Fastré, deren Verschwinden ihn fatal an das von Vivian Franck erinnerte, auch wenn Böhm das nicht wahrhaben wollte; über Felix Krempin und dessen unglücklichen Tod, aber seine Gedanken kreisten immer wieder um Charly. Ob er sie anrufen sollte? Beherrsch dich, dachte er. Schlimm genug, dass du sie heute um ein Haar zu Hause überfallen hättest. Ihr seid für morgen verabredet, das muss reichen!
    Bloß keine Schwäche zeigen, sich keine Blöße geben - ob er das von seinem Vater hatte? Kriminaldirektor Engelbert Rath, der Mann, der stets die Fassade zu wahren wusste. Seinen Vater als Liebhaber, das konnte er sich irgendwie

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