Der Traum des Satyrs
aller geregelt.
»Und wohin genau würdest du vorschlagen, dass sie gehen soll?«, fragte Vincent, streckte wieder den Arm nach ihr aus und drehte sie herum, so dass er endlich die Verschlüsse an ihrem Rücken schließen konnte. Obwohl Marcos Ehefrau eine tadellose Figur hatte, war das Kleid zu weit, besonders an der Taille, und das sogar ohne Korsett.
»Du weißt wirklich nicht, wie du sie zurückschicken kannst?« Das kam von Anthony.
»Nein, und sie selbst weiß es auch nicht. Soll ich sie vor die Tür setzen und sich selbst überlassen? Oder möchte vielleicht einer von euch mit ihr nach Florenz fahren und sie dort aus der Kutsche auf die Straße hinauswerfen? Ihr könnt euch wohl vorstellen, was dann aus ihr würde.«
»Du gehst doch heute zu der Ratsversammlung in der Anderwelt, nicht wahr? Warum nimmst du sie nicht mit durch das Portal und lässt sie dort?«, schlug Marco vor.
Zum ersten Mal ergriff Landon das Wort, und obwohl er seine Stimme kaum erhob, klang sie gebietend. »Das ist wohl kaum etwas anderes, als sie hier auf unserer Seite des Portals in einer fremden Stadt auszusetzen.«
»Marcos Idee klingt aber vernünftig«, erwiderte Anthony. »Die Magie, aus der sie entstanden ist, ist auf der anderen Seite des Portals sehr stark. Vielleicht wird sie dort irgendwie wieder absorbiert.«
»Und was, wenn es Komplikationen gibt? Ich muss mich auf die Verhandlungen konzentrieren. Nein, sie bleibt hier, zumindest vorerst. Und solange wir nicht wissen, was von ihr zu erwarten ist, kann sie auch nicht unbeaufsichtigt bleiben. Einer von euch muss sie für heute nehmen.«
»Definiere ›nehmen‹«, brummte Landon. In seinem Tonfall lag ein Hunger nach ihr, den zu unterdrücken ihm überraschend schwerzufallen schien.
Vincent hörte es, und seine eigene Begierde erwachte. Vor seinem geistigen Auge formte sich ein vollkommen unrealistisches Szenario, in dem er jetzt Marco und Anthony hinauskomplimentieren und die Nebelnymphe über seinen Schreibtisch beugen würde. Und dann würde er ihr diesen roten Rock, der ihr so gefiel, hochschieben und von hinten in sie stoßen, während sie gleichzeitig Landons Glied in ihren Mund nehmen würde.
Sein Blick begegnete ihrem, und in ihren sanften Augen las er, dass sie sich seiner erotischen Vorstellungen vollkommen bewusst war.
Langsam wandte sie den Kopf zu Landon und sah in das Feuer seiner geweiteten grauen Augen.
»Nun ja.« Vincent wusste, dass Landon leicht von der unbewussten Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, überwältigt werden konnte, sollte man ihn hier mit ihr allein lassen, doch er hatte nicht die Absicht, das zuzulassen. Noch nicht.
Stattdessen musterte er seine Brüder. »Normalerweise wäre Julius meine erste Wahl als ihr Betreuer, da er in Bezug auf das weibliche Geschlecht noch der Tugendhafteste ist. Unglücklicherweise wird er mich aber heute begleiten, womit nur ihr beide übrig bleibt. Und da du der Verheiratete von euch beiden bist, Marco, wird dir hiermit der zweifelhafte Titel verliehen, der vertrauenswürdigste Bruder zu sein, den ich habe.«
»Und wie, bitte schön, soll ich sie Millicent erklären?«, protestierte Marco.
Es gab nichts, wovon Marco sich einschüchtern ließ, mit Ausnahme seiner Frau – ein Umstand, den Vincent insgeheim immer erheiternd gefunden hatte, angesichts der Tatsache, dass sein Bruder fast doppelt so groß und stark war wie sie. Doch wie sie alle ganz genau wussten, war Marco seit zwei Jahren glücklich verheiratet und seiner Frau treu – selbst in den Vollmondnächten.
»Deine Frau ist doch bis morgen noch in Florenz, oder nicht?«
»Ja, und stell dir nur vor, wie entzückt sie sein wird, wenn sie zurückkommt und entdeckt, dass ich unter ihrem Dach eine nackte Nebelnymphe beherberge, um dir einen Gefallen zu tun.«
Vincent spürte, dass sein Bruder trotz des Protestes seinen Widerstand aufgegeben hatte. »Dann ist es also abgemacht. Und jetzt muss ich gehen.«
Damit wandte er sich zu der Nebelnymphe um und küsste sie auf die Stirn. »Ich muss jetzt gehen, und ich werde den ganzen Tag fort sein«, erklärte er ihr. »Mein Bruder Marco wird sich um dich kümmern. Bleib bei ihm, bis ich zurückkehre!«
Sie warf Marco einen zögerlichen Blick zu.
»Bleib!«, sagte er und erkannte im selben Augenblick, dass es genau dieses letzte Wort gewesen war, das er auch in der vergangenen Nacht zu ihr gesagt hatte.
Sie lächelte leicht, als würde auch sie sich daran erinnern, und neigte in
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