Der Vampir, den ich liebte
wegen
dem, was er mit Faith gemacht hat. Frank hat sie alle angestachelt mit diesem
ganzen Vampir-Kram. Sie sind verrückt!«
Ich
umklammerte den Hörer. »Was genau hast du gehört?«
»Ein paar
Jungs wollen ... sie warten auf Lucius. Sie wollen ihn zu Jake Zinns Scheune
bringen und ›ihm eine Lektion erteilen‹.« Sie hielt inne. »Ich habe Angst um
ihn, Jess. Ich weiß nicht, was er mit dir gemacht hat –«
»Gar nichts
hat er gemacht!«
»– aber ich
habe Angst um ihn. Sie reden davon, dass du blutbeschmiert aus seinem
Appartement gekommen bist, und von Faiths Kratzern, und dass sein Bein so
schnell geheilt ist ... und all das, was sie auf dieser Website über Lucius'
Familie rausgefunden haben, Jess.« Sie hielt inne. »Und Faith hat gehört, dass
du ihn einen Vampir genannt hast. Im Stall.«
Damals
im Stall. Ich hab alles nur noch schlimmer gemacht. Ich ... ich bin die
Gefährliche ...
»Sie reden
ständig von Vampiren und Pflöcken«, rief Mindy.
»Pflöcke?«
Der Hörer entglitt mir beinahe.
»Ja, Jess.
Sie reden von Pflöcken, wie im Mittelalter oder so! Für den Fall, dass
er wirklich ein Vampir ist! Sie sind verrückt!«
Pflöcke.
Menschen außer Kontrolle. Mobs. Meine leiblichen Eltern wurden auf diese Weise
vernichtet ...
Ich zwang
mich, ruhig zu bleiben. »Haben sie gesagt, wann das alles passieren soll?«
»Heute
Abend. Später heute Abend. Sie wollen Lucius abpassen, wenn er aus dem
Polizeirevier kommt ... Alle haben gehört, dass er verhaftet wurde ...«
Natürlich.
Die Gerüchteküche kochte wahrscheinlich über. »Danke, Mindy.«
»Ich ...
ich weiß, dass wir in letzter Zeit keine Freundinnen waren ... aber das hier – das ist verrückt. Ich dachte, du solltest es wissen.«
»Ich muss
los.«
»Und Jess?«
»Was?«
»Alles Gute
zum Geburtstag.«
»Tschüss,
Mindy.« Ich legte den Hörer auf, stürzte zur Tür hinaus,
bevor meine Eltern mich aufhalten konnten, und rannte
zur Scheune, um Belle zu satteln.
Kapitel 56
Lieber Vasile,
entschuldige
den Briefkopf des Mount-Gretna-Polizeireviers auf dem zugegebenermaßen
billigen Schreibpapier. Ich kann von Glück sagen, wenigstens das zu haben.
Es
scheint, als würde ich angeklagt, ein Mädchen hier aus dem Ort »angegriffen« zu
haben. Faith Crosse. Ich soll sie in den Hals gebissen haben. Sie werden bald
mit mir »durch« sein (als wäre ich eine dieser Würste, für die die Gegend hier
berühmt ist). Das Wichtigste zuerst: Ich habe meine Reißzähne NICHT in dieses
unerträgliche Mädchen geschlagen. Sie hat sich die Verletzung eindeutig selbst
zugefügt. Die Polizeibeamten haben mir eine Reihe »schockierender« Fotos
unter die Nase gehalten und mein Gesicht beobachtet. Ich konnte nur lachen.
Bisswunden, ja. Aber von einem Vampir? Nein. Allerdings eine geschickte Täuschung.
Wenn Faith etwas ist, dann raffiniert. Und anscheinend bewundernswert
schmerzunempfindlich. Die Wunden sahen ziemlich tief aus. Sie hatte auch einige
beeindruckende Blutergüsse. Bravo. Herausragende Arbeit.
Während
einer besonders dunklen Zeit habe ich Faiths Verschlagenheit durchaus genossen.
Jetzt kommt mich diese kleine Spielerei teuer zu stehen. Welch feine Ironie
des Schicksals!
Wie dem
auch sei. Ich spüre, dass die Stimmung in diesem kleinen Dorf gegenwärtig
recht unversöhnlich ist. Obwohl ich
aufgrund meiner schriftlichen Verpflichtung, zu der Verhandlung zu erscheinen,
bis zur offiziellen Anklageerhebung freigelassen werden soll, habe ich den
starken Verdacht – die Intuition eines Vampirs –, dass »das Spiel aus ist«. (Du
musst dir einmal einige der alten amerikanischen Krimis zu Gemüte führen, die
auf DVD erhältlich sind. Sie haben einen gewissen, sehr düsteren Sinn für Humor,
der dem eines Vampir recht nahekommt.)
Oder, um
es auf eine Weise auszudrücken, die du wohl eher verstehen wirst: Der Mob
sammelt sich, wie ich es nun schon seit einiger Zeit vorausgesehen habe.
Ich
schreibe, weil ich weiß, dass du dich nach dem Vergnügen gesehnt hast, mich
eigenhändig zu vernichten, nachdem ich es gewagt habe, mich gegen dich zu
stellen. Weil ich den Pakt gebrochen und deinen Plan ruiniert habe. Oh, wie
sehr du zweifellos danach gelechzt hast, den Pflock tief in meine Brust zu
rammen. Aber jetzt wird diese von dir so heiß ersehnte Aufgabe einer Horde lächerlicher
amerikanischer Teenager zufallen. In gewisser Weise haben sie dich
übertrumpft, Vasile. Ist es grausam von mir, so glücklich darüber zu sein, dass
dir etwas genommen
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